Ehrlichkeit bringt oft wenig. Trotzdem ist sie wichtig. Was Ehrlichkeit und Offenheit mit dem Advent zu tun haben, erklärt unser Autor Benedikt Bögle.
Dieser Johannes muss einfach unangenehm auffallen. Mal ehrlich: Wie wirkt jemand, der in der Wüste unterwegs ist, ein Fell aus Kamelhaaren trägt und sich von wildem Honig und – tatsächlich – Heuschrecken ernährt? Seltsam, um es einmal vorsichtig auszudrücken. Aber: Dieser Johannes kommt an. Das Evangelium des zweiten Adventssonntags (Lukas 3,1-6) erzählt davon. Die Leute kommen und hören seine Predigt. Seine Worte aber waren nicht unbedingt angenehm. Im Gegenteil: Johannes verkündet die „Umkehr“. Das griechische Original spricht hier von „metanoia“. Das ist nicht unbedingt einfach zu übersetzen. Es meint so etwas wie „umdenken“. Wo wir im Deutschen von der Umkehr sprechen, haben wir eher eine körperliche Bewegung im Kopf. Man kehrt um, wenn man einen falschen Weg genommen hat. „Bitte wenden“, würde das Navi sagen.
Leben auf dem Prüfstand
„Metanoia“ heißt: Das eigene Denken auf den Kopf stellen. Prüfen, wie das eigene Leben eigentlich so läuft. Kritisch prüfen. Einfach ist das nicht. Mit anderen kann man ja ganz einfach kritisch sein: Man kann die Fehler anderer finden, benennen und kann sich sicher sein, dass man nicht selbst die Konsequenzen ziehen muss. Aber bei sich selbst wird das schon schwerer. Eigene Fehler einzugestehen, ist schwierig; das kann sogar schmerzhaft werden. Zu nichts weniger aber fordert dieser Mann in der Wüste auf. Umdenken. Das Leben auf den Prüfstand stellen.
Wer so etwas fordert, macht sich zwangsläufig unbeliebt. Das musste auch der Täufer Johannes erleben. Seine etwas unverblümte Art brachte ihn in erhebliche Schwierigkeiten. Den Herrscher Herodes hatte Johannes getadelt, da dieser die Frau seines Bruders geheiratet hatte. Der Frau gefiel das gar nicht. Sie stachelte deswegen ihre hübsche Tochter, die betörend tanzen konnte, an, für einen besonders schönen Tanz den Kopf des Täufers zu fordern. Johannes wurde enthauptet.
Konkrete Ansagen!
Ehrlich zu sein und die Wahrheit zu sagen, bringt selten Begeisterungsstürme ein. Meist ist es unangenehm. Aber trotzdem wichtig! Die Menschen wollen ja konkrete Ansagen haben. Ein Gespräch, das immer vage und im Dunkeln bleibt, verläuft rasch im Sand. Gutes Beispiel: die vergangenen Wahlkämpfe in Deutschland. „Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben“ – ja, wer will das denn nicht? „Mehr Gerechtigkeit wagen“ – klar, wer wäre dann gegen Gerechtigkeit? Oder auch im bayerischen Landtagswahlkampf: „Ja zu Bayern“. Wer würde denn „nein“ zu Bayern sagen?
Wer sich nicht positioniert, muss auch keinen allzu starken Gegenwind fürchten. Klar. Wirklich ehrlich ist das aber auch nicht. Die Wahrheit ist oft unangenehm. Aber wichtig. Der Prophet und Täufer Johannes macht das sehr klar. Die Umkehr ist in seiner Predigt die Voraussetzung für die Vergebung. „Ein weiter so“ – verzeiht die vielgehörte Formulierung – „kann es nicht geben.“ Johannes zitiert den Propheten Jesaja: „Was krumm ist, soll gerade werden, was uneben ist, soll zum ebenen Weg werden.“
Nicht einfach, aber wichtig
Diese Predigt ist unangenehm. Johannes nimmt einen klaren Standpunkt ein, der abschreckt, der ihn sogar auf das Schafott führt. Aber ohne einen klaren Standpunkt wäre seine Predigt leer und sinnlos. Worte ohne Inhalt. Sein Standpunkt hat Vorbildcharakter: umdenken, umkehren, neue Wege gehen! Das ist auch der Sinn des Advents. Er soll zum Innehalten einladen. Mal nachdenken, was eigentlich das eigene Leben ausmacht. Wofür man einsteht, was wichtig ist. Einfach ist das nicht. Aber wichtig.
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