Die Inflation im europäischen Währungsraum befindet sich derzeit auf einem historisch niedrigen Niveau. Ähnlich verhält es sich auf den Sparkonten. Doch ewige Gültigkeit hat dieser Zustand nicht. Zieht die Inflation an und übersteigt so das Zinsniveau, dann findet real eine Entwertung des Geldes statt. Das gemeinsame Allheilmittel gegen diese Verluste der Finanzexperten lautet: Aktien. Doch was hat es damit auf sich?
Deutsche Bahn AG, Lufthansa AG, Volkswagen AG und Merck AG. So verschieden die Branchen auch sind, eines haben die Unternehmen gemeinsam: Die AG im Namen. Das AG steht dabei für Aktiengesellschaft und zeigt an, wo sich das Unternehmen finanziert: An der Börse. Das funktioniert, indem es Aktien ausgibt und so zum Emittent wird. Dabei lässt die genaue Bedeutung des Wortes Aktie schon einen direkten Rückschluss auf ihre Funktion zu. „Actio“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet übersetzt so viel wie „klagbarer Anspruch“. Schon der Name verdeutlicht, dass mit dem Besitz einer Aktie ganz besondere Rechte einhergehen.
Nicht umsonst wird die Aktie auch als Anteilsschein bezeichnet. Denn der Besitzer – auch Aktionär genannt – offeriert mit dem Besitz einer Aktie einen klar definierten Teil des Unternehmenskapitals – dem Geld, mit dem sich der Emittent finanziert. Großen Unternehmen ist es aufgrund ihres Volumens oft nicht möglich, sich komplett über Eigenkapital zu finanzieren. Um trotzdem Investitionen tätigen zu können, ist dieses Geld jedoch nötig. Mit einem Gang an die Börse gibt das Unternehmen Aktionären die Möglichkeit, Unternehmensanteile zu erwerben. Den Preis für diesen Anteil erhält das Unternehmen als zufließendes Kapital. Der Aktionär wird im Gegenzug zum Miteigentümer und profitiert vom Unternehmenserfolg.
An Attraktivität gewinnt die Aktie durch die Dividende. Sofern das emittierende Unternehmen Gewinne erzielt, wird üblicherweise ein Teil dieses Betrages für nötige Investitionen umgesetzt. Diese spielen eine wichtige Rolle im weiteren Wachstum, der Effektivität und damit der Wettbewerbsfähigkeit. In der Regel wird ein anderer Teil des Gewinns an die Finanziers des Unternehmens – die Aktionäre – ausbezahlt. Mit der sogenannten Dividende werden sie also direkt am Unternehmensgewinn beteiligt.
Aktie nicht gleich Aktie
Nur wenn ein Unternehmen sich dazu entscheidet, Einheitsaktien anzubieten, gewährt es allen Aktionären die gleichen Rechte. Wenn aber verschiedene Gattungen ausgegeben werden, ist Aktie nicht gleich Aktie! Verlangt der Aktionär nach einem Stimmrecht auf der Aktionärsversammlung, so ist der Erwerb einer Stammaktie sinnvoll. Die Anzahl der Stimmrechte entspricht genau der Anzahl der gekauften Aktien. So geht mit steigender Anzahl an Stammaktien ein steigender Einfluss im Unternehmen einher. Besonders bei Wahlen zum Aufsichtsrat oder Unternehmenübernahmen spielt die Stimme des Aktionärs eine wichtige Rolle.
Das Gegenstück zur Stammaktie bildet die Vorzugsaktie. Auch wenn der Aktionär kein Stimmrecht erhält, sind damit andere Ansprüche verbrieft. So richtet sich die Vorzugsaktie vorrangig an Aktionäre, bei denen finanzielle Interessen im Vordergrund stehen. Denn eine Priorität wird dem Halter der Vorzugsaktie bei der Dividendenausschüttung eingeräumt. Auch der Stammaktie wird in der Regel eine Dividende gewährt. Der Aktionär der Vorzugsaktie wird dabei jedoch bevorzugt behandelt und erhält zudem die höhere Dividende. Auch bei einem Unternehmenskonkurs – im Volksmund auch Pleite genannt – wird die Vorzugsaktie bevorzugt.
In Sachen Transparenz kann eine Unterscheidung der Aktien in Inhaber- oder Namensaktien erfolgen. Bei der sogenannten Namensaktie wird der Aktionär im Unternehmensregister eingetragen. Er ist also an die Aktie gebunden und eine Übertragung der Rechte ist nur schwer möglich. Während der Aktionär mit einer höheren Dividende entschädigt wird, ist die Namensaktie besonders für das emittierende Unternehmen interessant. Denn durch die Bindung des Aktionärs an die Aktie sind Rückschlüsse auf die Aktionärsstruktur gut möglich. Interessant ist das vor allem für die Unternehmen. Denn sie haben die Möglichkeit, genaueres über ihre Eigentümer zu erfahren. In der Regel werden die Aktien jedoch als Namensaktien ausgegeben. Diese können ohne großen Aufwand übertragen werden, da der Aktionär gegenüber dem Unternehmen anonym auftritt. Eine genaue Bindung an den Aktionär entfällt dann.
Ob eine Aktie einen bestimmten Wert besitzt oder einen prozentualen Anteil des Unternehmens beschreibt, kann mittels Nennwert- oder Stückaktie reguliert werden. Erstere besitzt einen festen Wert von mindestens einem Euro je Aktie. Vor dem Börsengang muss das emittierende Unternehmen festlegen, auf welche Variante es sich beschränkt. Der Unterschied zwischen beiden Typen liegt in der Art der Ausgabe. Bei der Nennwertaktie wird der Preis einer Aktie festgelegt. Hat eine Aktie etwa einen Preis von zehn Euro, so beträgt das Kapital des Unternehmens bei zehn ausgegebenen Aktien 100 Euro. Die Aufteilung kann das Unternehmen wählen. Bei der Stückaktie ist es andersherum. Hier wird nur die Anzahl der Aktien festgelegt, der Wert der einzelnen Aktie kann sich jedoch ändern.
Alt und jung gibt’s auch an der Börse!
Braucht ein Unternehmen mehr Kapital – etwa für nötige Investitionen – so wird in der Regel eine Kapitalerhöhung durchgeführt. Das funktioniert durch die Ausgabe neuer Aktien. Innerhalb dieses Prozesses ändern sich die prozentualen Anteile der einzelnen Aktie am Gesamtkapital. Die vor der Kapitalerhöhung ausgegeben Aktien werden dann alte Aktien genannt. Um eine Umwandlung der alten Aktie zu ermöglichen, werden vom Unternehmen Rabatte zum Kauf neuer Aktien gewährt.
Spekulieren geht nicht im Supermarkt
Aktien kaufen kann jeder. Dazu ist kein Platz an der Wall Street oder Frankfurter Börse nötig. Einzig ein Girokonto und eine Bank mit Depotangebot ebnen den Weg zum Aktienmarkt. Das sogenannte Wertpapierdepot ist das Konto, über das jegliche Wertpapiergeschäfte – also auch Aktienkäufe und -verkäufe – stattfinden. Heute findet dieser Handel meist in elektronischer Form statt. Dies hat Tore für viele Onlineanbieter geöffnet, deren Geschäftsmodell einzig die Bereitstellung eines Wertpapierdepots ist. Bei diesen Discountmodellen wird – anders als in der Filiale – meist auf den klassischen Berater verzichtet. Das verminderte Leistungsspektrum schlägt sich in günstigen Angeboten nieder. Die Depots selbst sind dann meist kostenlos. Allerdings ist der Verzicht auf Beratung vor allem für Anfänger nicht zu empfehlen.
Kostenlose Depots bieten Banken wie Ing-Diba, Deutsche Bank oder Targobank an. Vorsicht ist jedoch bei den Orderprovisionen geboten. Diese unterscheiden sich von Bank zu Bank und fallen beim Verkauf der Aktie an. Online-Vergleichsportale geben über die Kosten tagesaktuell Auskunft.
Warum Aktie?
Klar ist, dass man mit dem Kauf einer Aktie Inhaber eines Unternehmens wird. Während man vom Aufschwung eines Unternehmens finanziell profitiert, sind auch Risiken allgegenwärtig. Läuft es im Unternehmen nämlich nicht so rund, dann können finanzielle Verluste entstehen. Im schlimmsten Fall – der Unternehmensinsolvenz – reichen diese bis zum Verlust des investierten Geldes.
Das Prinzip der Aktie regelt sich nach dem Angebot und der Nachfrage. Je gefragter die Aktie ist, desto höher ist der zugrunde liegende Kurs. Daher kann die Aktie auch als Wette auf die Zukunft verstanden werden. Je mehr Menschen die Aktie kaufen, je mehr Menschen also an einen Aufschwung des Unternehmens glauben, desto höher steigt der Preis. Genauso gilt dieses Prinzip auch in die andere Richtung. Ist die Zukunftsperspektive für ein Unternehmen schlecht, so wird die Aktie von vielen Anlegern verkauft und ihr Wert sinkt. Solange man eine Aktie nicht verkauft – man spricht vom“halten“ – passiert nicht viel. Erst beim Verkauf realisieren sich Gewinn oder Verlust als Differenz zum gekauften Kurs.
Vom Berg ins Tal und zurück
Viele Faktoren üben Einfluss auf den Wert einer Aktie aus. Dabei stehen besonders politische und wirtschaftliche Entwicklungen im Vordergrund. Wenn ein Unternehmen etwa unter geopolitischen Krisen leidet, so ist auch ein sinkender Kurs wahrscheinlich. Die Anleger stehen dem wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens dann nämlich kritisch gegenüber. Wenn die Politik eingreift, kann auch das Folgen haben. Ein gutes Beispiel dafür ist RWE. Während das Unternehmen verzweifelte Versuche unternimmt, rechtlich gegen die Bundesregierung vorzugehen, erlebt die Aktie des ehemaligen Energieriesen seit geraumer Zeit eine Talfahrt. Der Grund: Die Stilllegung von Atomkraftwerken als Antwort auf die Kernschmelze in Fukushima. Von einem Tag auf den anderen wurde dem Unternehmen eine Grundlage des wirtschaftlichen Erfolges entzogen – auch das ein seltenes, aber vorhandenes Risiko. Andererseits ist besonders in Zeiten eines Wirtschaftsbooms von steigenden Kursen auszugehen. Auch die Aufhebung von Handelsschranken oder die Erfindung eine innovativen Produkts sorgt in der Regel für steigende Kurse.
Die Aktie ist eine von vielen Anlegevarianten. In Zeiten von niedrigen Zinsen und boomenden Unternehmen erleben sie jedoch eine Renaissance. Trotzdem sind Aktien kein risikoloses Geschäft. Im Gegenteil. Sie sind eine Wette auf die Zukunft – und wer kann schon in die Zukunft blicken? Wer von Unternehmensgewinnen profitieren möchte, muss also auch das Risiko von fallenden Aktienkursen in Kauf nehmen. Auch deswegen spricht längst noch kein Großteil der Deutschen der Aktie ihr Vertrauen aus. Trotzdem: Ein breit gestreutes Portfolio kann ein gute Möglichkeit sein, vom derzeitigen Wirtschaftswachstum auch als Kleinanleger zu profitieren.
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