Michael Konken ist gerade mit der Bahn angereist. Er hält seinen Aktenkoffer fest in der Hand. Der ehemalige Bundesvorsitzende des DJV (Deutscher Journalisten-Verband) geht mit mir für das Interview in ein Bahnhofscafé. Er ist höflich und lädt mich zu einer Tasse Kaffee ein. Wir setzen uns an einen Tisch auf Lederstühle. Wir reden darüber, wie die Zukunft der Journalistik-Studierenden aussehen könnte.
Herr Konken, wie wirkt sich der journalistische Wandel auf die Ausbildung von Journalistik-Studierenden aus?
Der Wandel, der sich schon seit fast zwei Jahrzehnten vollzieht, geht von der klassischen Einteilung weg. Wir hatten Printmedien, Hörfunk und Fernsehen. Dann kam noch der Online-Journalismus dazu. Heute muss jeder Journalist trimedial ausgebildet sein. Er muss schreiben, fotografieren, filmen und aufnehmen können. Er muss Online-Seiten bedienen können. Wir sehen also, dass diese starren Gebilde Print, Hörfunk und Fernsehen immer mehr aufweichen.
Sie sagten gerade, dass der Online-Journalismus dazugekommen sei. Müssen wir damit rechnen, dass dieser die Printmedien verdrängt?
Zumindest nicht im Moment. Der seriöse Online-Journalismus finanziert sich derzeit noch über die Printseiten. Wenn es keine Printausgabe mehr gäbe, könnte es auch keinen Online-Journalismus mehr geben, weil die Werbeeinnahmen auf den Online-Portalen noch nicht ausreichen.
Was wird sich in Zukunft auf dem Arbeitsmarkt verändern?
Die Zahl der freien Journalisten wird zunehmen. Studenten müssen nach Möglichkeit nach dem Studium versuchen, ein Volontariat zu bekommen. Das wäre nach wie vor der ideale Sprung in den Journalismus.
Ist es denn später überhaupt noch möglich, ein Volontariat zu absolvieren?
Allgemein gesagt, ja. Aber beispielsweise die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten werden in Zukunft nicht mehr in dem Umfang Stellen zur Verfügung haben, wie bisher. Sie müssen sparen. Sie haben vor Kurzem von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) strenge Auflagen bekommen, sodass Volontariatsstellen zusammengestrichen werden. Aktuell bietet das ZDF nur noch acht Volontariate an. Das ist für Europas größten Fernsehsender natürlich ein Witz.
Wird es auch in Zukunft so sein, dass man eine Vergütung für ein Volontariat bekommt?
Die Tarifverträge beinhalten das. Zum Beispiel haben die Öffentlich-Rechtlichen klare Verträge, genau wie die Zeitungen, die im Flächentarif sind. Sie bekommen ein entsprechendes Volontariatsgehalt und das ist festgelegt. Das liegt im Schnitt bei ungefähr 1.800 Euro brutto im Monat.
Sehen Sie einen Vorteil darin, als freier Journalist arbeiten zu können?
Eher nicht. Als freier Journalist muss ich mich ganz schön abstrampeln, um Geld zu verdienen. Das Durchschnittseinkommen liegt derzeit bei 2.100 Euro brutto.
Wie können wir uns auf den späteren Arbeitsmarkt vorbereiten?
Man muss heute in allen Bereichen fit sein. Man muss flexibel sein und ein breites Themenspektrum abdecken. Ich glaube, dass ein reines Journalismus-Studium nicht mehr ausreicht. Ich denke, es ist besser, zusätzlich ein Fachstudium zu absolvieren. Sie sollten sich auf jeden Fall neben dem Studium mit den Selbstständigkeitskriterien auseinander setzen: Selbstvermarktung, Steuerrecht und Buchführung.
Wie kann uns der DJV dabei unterstützen?
Wir als Deutscher Journalisten-Verband bieten jede Art von Fortbildung an. Wir haben vor allem für freie Journalisten ein breites Angebot. Wir bieten Workshops und Web-Seminare an, auch juristische Beratungen. Natürlich sind Studenten in diesem Programm auch herzlich willkommen.
Ist es für einen Journalistik-Studierenden besser, sich mit PR-Arbeit über Wasser zu halten?
2/3 der Journalismus-Studierenden sagen, sie gehen in den PR-Bereich. Viele freie Journalisten arbeiten heute sowohl für den Journalismus als auch für die PR, um überhaupt überleben zu können. Für die journalistische Glaubwürdigkeit ist unverzichtbar, dass die Kollegen ihre PR-Aufträge glasklar von ihren Berichten von ihren Berichten etwa für Zeitungen trennen.
Worin liegt das Problem bei einer Vermischung der beiden Bereiche?
Es gibt ein Glaubwürdigkeitsproblem – zunächst für die Kollegen, die PR und Journalismus nicht auseinanderhalten können, und in der Folge für das Ansehen des Journalistenberufs insgesamt. Ein Beispiel: Der Journalist, der für das örtliche Autohaus die Jubiläumsseite auf der Homepage schreibt, kann nicht in der Tageszeitung über die Jubiläumssause berichten. Das merken die Leser über kurz oder lang und ziehen die Konsequenz mit der Kündigung des Zeitungs-Abos.
Zusammenfassend: Besteht nach wie vor eine gute Chance, als junger Journalist Fuß fassen zu können?
Ja, durchaus. Wer die Berufung in sich spürt, Journalist werden zu wollen, wer im Blut hat, unbedingt kritisieren, berichten, kontrollieren, schreiben, moderieren oder Hörfunk machen zu wollen, der wird sich auch durchbeißen. Wenn derjenige den Medienhäusern die Türen einläuft und diesen Weg gehen will, dann bekommt er eine Chance, sie ist nur nicht mehr so einfach zu haben, wie früher. Derjenige muss dann wirklich Durchsetzungs- und Durchhaltevermögen haben. Anders wird es nicht mehr.
Herr Konken, vielen Dank für das Gespräch!
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