Seit 2014 ist Lutz Stroppe Staatssekretär des Bundesministeriums für Gesundheit. An seiner Rolle gefällt ihm vor allem, dass er viel Gestaltungskraft hat. Beim Jugendpressetag der Gesundheitspolitik in Berlin vertrat er Gesundheitsminister Jens Spahn, der kurzfristig wegen wichtiger Debatten im Bundestag absagen musste, und stellte sich den Fragen und Antworten junger Journalisten.
Was ist eigentlich gesund? Im Duden lautet die Definition: „Keine Störung im körperlichen, psychischen und geistigen Wohlbefinden aufweisend; durch Krankheit nicht beeinträchtigt, keine Schäden durch Krankheit aufweisend.“ Es geht einem dann also rundum gut, körperlich und geistig. Um das zu gewährleisten, ist es Aufgabe der Regierung, die Infrastruktur zu schaffen: Ärzte, Krankenhäuser, Pfleger, Therapeuten. Grundsätzlich funktioniert das in der Bundesrepublik und der allgemeine Gesundheitsstandard ist – gerade im Vergleich zu ärmeren Ländern – sehr hoch. Und doch steht die Gesundheitspolitik vor einigen Herausforderungen, um die Funktionalität des Systems zu gewährleisten: Fachkräftemangel, der demographische Wandel, Ärzteabwanderung, gesetzliche und private Krankenkassen.
Ist Gesundheit eine Frage des Geldbeutels?
Die Diskussion über gesetzliche und private Krankenversicherung ist sicher nicht neu, aber immer wieder ein Streitthema im Gesundheitsministerium. Oft wird von einem Zwei-Klassen-System gesprochen. Stroppe gab auf diese Frage zunächst zu bedenken, dass man sich zunächst einmal das gesamte System anschauen müsse. Zum einen würden private Krankenversicherungen die gesetzlichen Kassen mit Millionenbeträgen mitfinanzieren, zum anderen würden sie auch den wissenschaftlichen Fortschritt vorantreiben und finanzieren, was wiederum auch den gesetzlich Versicherten zugute kommen würde.
Stroppe gibt aber auch zu, dass es zum Beispiel hinsichtlich der Unterschiede bei Terminvergabe beim Arzt, anders aussähe. Dazu sollen folgende Maßnahmen ergriffen werden: „Praxen sollen die Öffnungszeiten für gesetzlich Versicherte von 20 auf 25 Stunden erhöhen. Wenn Ärzte zusätzlich offene Sprechstunden für alle ohne Termine anbieten, muss es dafür eine Zusatzvergütung geben. Außerdem sollen bestimme Leistungen in der Grundversorgung sonderbezahlt werden.“ Bis Ende 2019 soll durch eine Kommission die Frage geklärt werden, ob dafür ein einheitliches Honorarsystem in Frage kommt. Stroppe selbst ist übrigens privatversichert.
Was wird gegen den Mangel an Pflegekräften unternommen?
Der Fachkräftemangel ist und bleibt ein großes Problem in der Gesundheitspolitik. Das ist natürlich auch den Politikern bewusst und Maßnahmen sind viele geplant: „Wir diskutieren hier zurzeit ein großes Maßnahmenbündel, um die Versorgung bereits an der Basis zu verbessern, weil wir schon sehen, dass es einen Mangel an Pflegekräften gibt und eine große Arbeitsbelastung für die Pflegerinnen und Pfleger.“ Der Plan ist, mehr Personal einzustellen und auch die Pfleger in Teilzeitarbeit (laut Stroppe über 70 Prozent) dazu zu motivieren Vollzeit zu arbeiten.
Wie das genau gehen soll, sagte Stroppe nicht konkret. Auf jeden Fall solle ein angemessener Lohn gezahlt werden. „Da wird es die Aufgabe sein, entweder über einen Mindestlohn oder über einen allgemeingültigen Tariflohn die Gehälter insgesamt zu regeln“, sagt Stroppe. Außerdem könne er sich auch finanzielle Anreizsysteme vorstellen. „Das wird alles im Moment geprüft und in den großen Zusammenhang gestellt.“
Problem: Demographischer Wandel?
Die Gesellschaft wird immer älter, nachwachsende Generationen sind nicht mehr so stark. Das bringt unterschiedliche Herausforderungen. Für das Gesundheitssystem sieht Stroppe diese in der Finanzierung, der Abwanderung der jungen Leute in die Städte und dass die Versorgung im hohen Alter sehr teuer ist. Stroppe stellt sich folgende Frage: „Wie können wir Strukturen so verändern, damit sie für die nächsten Generationen bezahlbar bleiben? Da müssen wir zum Beispiel an den Strukturen von Krankenhäusern ansetzen. Dass kleine Krankenhäuser nur noch in speziellen Gebieten vorhanden sind, aber die größeren Krankenhäuser eine bessere Auslastung haben und auch mit einem besseren Angebot finanziert werden.“
Für die Vorsorge, wenn die zahlenschwächeren Generationen nachrücken und die „Babyboomer“ in etwa 20 Jahren ins Rentenalter kommen, müsse ein Ausgleich gefunden werden. Dazu könnte es zum Beispiel einen Fonds geben, in den Prozentpunkte aus einem fälligen Betrag eingezahlt werden. Der solle dann in 20 Jahren an die dann zu Pflegenden ausgezahlt werden. Trotzdem wird der demographische Wandel die deutsche Gesellschaft noch vor einige Herausforderungen stellen.
„Ich bin dann mal weg“ – Stichwort Ärzteabwanderung
Dieses Problem lässt sich noch einmal in zwei Unterkategorien aufteilen. Erstens: Immer mehr Ärzte ziehen vom Land in die Stadt. Stroppe zählt hierzu gleich mehrere Möglichkeiten auf, wie man dem entgegenwirken kann: „Wir wollen für die Gebiete, die in Unterversorgung stehen, einen Finanzierungsanreiz schaffen, ebenso wie ein Netzwerk aus Ärzten und medizinischen Versorgungsstellen. So müssen dort nicht nur niedergelassene Ärzte sein, sondern auch Teilzeitkräfte sind denkbar.“ Eine weitere Möglichkeit wäre ein spezieller Studiengang „Landarzt“, der ohne Numerus Clausus zulässig wäre. Zweites Problem: Die Ärzte gehen ins Ausland. Diese Problem scheint für Stroppe nicht so gravierend: „Da hat jeder unterschiedliche Gründe, auch wenn einer der finanzielle Anreiz sein dürfte. Ich denke aber, die Spanne der Gehälter ist hier ein gutes Angebot. Das muss auch finanzierbar bleiben.“
Für Stroppe ist klar, dass auf das Bundesministerium für Gesundheit in dieser Legislaturperiode einiges an Arbeit zukommen wird: „Wir werden in den nächsten Jahren viel zu tun haben.“ Ob am Ende alle Probleme gelöst sein werden, ist sicher eine andere Frage. Es bleibt jedoch zu hoffen, dass die ersten Maßnahmen bald Erfolg zeigen werden und die Gesundheitspolitik in Deutschland weiter einen hohen Standard erhalten kann.
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