Ist mehr wirklich mehr?
Ob Mann oder Frau – Jeder kennt sie und jeder hat sie im Schrank: Die Fehlkäufe. Teile, die einfach nicht getragen werden und bloß aus einer Laune heraus gekauft wurden. Da die Bluse ein Schnäppchen war und die Hose im Licht in der Umkleidekabine doch noch total gut aussah. Klar, manchmal kaufen wir etwas auch einfach, weil wir frustriert sind (häufiges Symptom bei Frauen) und versuchen durch die neue Kleidung den Frust zu kompensieren. Wenn es um die Frage geht, ob Mann oder Frau zu viel im Kleiderschrank hat, wird wahrscheinlich niemand direkt zugeben, dass das auf ihn zutrifft. Vor allem wir Frauen beteuern doch häufig, dass wir das alles brauchen, was im Schrank hängt.
Günstige Modeketten, die sich mit ihren Kampfpreisen unterbieten, haben das wachsende Konsumverhalten gegenüber Klamotten über die Jahre gefördert. Doch unser persönlicher Profit hält sich bei genauerem Hinschauen in Grenzen. Früher, als die Preise für Kleidung noch über Primark-Niveau lagen, haben wir uns zweimal überlegt, ob wir ein Kleidungsstück kaufen. Ein etwas höherer Preis hält nicht unbedingt vom Kaufen ab, vor allem junge Menschen entscheiden aber nicht so schnell, ob sie das Teil wirklich mitnehmen. Das ist heute oftmals anders. Eine Bluse für fünf Euro, die vielleicht nicht ganz optimal sitzt, wird trotzdem mitgenommen. Sind ja nur fünf Euro! Und über diesen Preis kann man wirklich nicht meckern. Dafür tun es umso mehr die Näherinnen in China, Bangladesch und Co. Moralische Verpflichtung gegenüber Mitmenschen? Beim Kleiderkauf häufig Fehlanzeige!
Quantität über Qualität?
Ich erinnere mich noch an die gemeinsamen Schuhkäufe mit meiner Mutter, als ich noch klein war. Sie hat immer darauf geachtet, dass die Schuhe eine gute Qualität haben und einen soliden Eindruck machen, damit sie auch mehr als eine Saison überstehen. Natürlich hat auch nicht alles in meinem Kleiderschrank die beste Qualität, trotzdem achte ich immer bewusster darauf, wo ich ein Kleidungsstück kaufe, wo es produziert wurde und bin auch gerne bereit, etwas mehr zu zahlen.
Umso frustrierender empfinde ich es, dass Qualität für viele junge Menschen scheinbar kein ernsthaftes Kriterium beim Kauf von Jeans, Hemd oder Sneakers ist. Vor einiger Zeit war ich mit einer Bekannten auf einem Shopping-Trip in der Stadt. Nach kurzer Zeit hatte sie eine Jeans entdeckt, die ihr zu gefallen schien. Den Preis von knapp 14 Euro fand sie jedoch viel zu hoch. In solchen Momenten macht sich in mir Unverständnis breit. Denn in diesem Preis stecken Transport-, Material- und Arbeitskosten. Und natürlich auch der Gewinn, den die Modekonzerne für sich berechnen. Letztendlich hat nicht jeder das Geld, sich eine teure Designerjeans zu leisten oder eine mittel- bis hochpreisige Fairtrade-Hose. Ich persönlich verfahre aber häufiger so, dass ich die Quantität zurückstelle und mir anstatt drei schlecht produzierter Billighosen lieber eine gute kaufe, von der ich jahrelang etwas haben werde. Denn wo ist unser persönlicher Profit bei Waren, die kaum einen Monat im Kleiderschrank überleben, bevor sie aus Qualitätsmängeln entsorgt werden?
Ein Jahr ohne Shoppen – Das Selbstexperiment
Wer nun denkt, dass nachhaltiges Shoppen viel zu anstrengend oder gar unmöglich ist, irrt. Ein einfaches Prinzip ist es zum Beispiel, in Basic-Teile zu investieren. Denn mit den Klassikern macht man wenig falsch und sie hängen meist länger im Schrank als alles andere. Was Minimalismus bei Kleidung angeht ist Nunu Kaller eine echte Vorreiterin. Die 32-Jährige entschloss sich kurzerhand dazu, ein Selbstexperiment zu starten und verzichtete ein ganzes Jahr aufs Shoppen. Vorher konnte die Wienerin kaum an einem Klamottenladen vorbeigehen, ohne an der Kasse zu landen. Über ihren „Entzug“ hat sie einen Blog verfasst. Unter dem Titel „Ich kauf nix!“ hielt sie Bewunderer und Interessierte das ganze Jahr über auf dem neusten Stand, ließ die Community an Höhen und Tiefen teilhaben. Denn zu Beginn ihres Versuches besaß sie u.a. 33 Jacken und 34 Röcke. „Ein echter Schock für mich“, gestand sie damals.
Doch wider Erwarten machte sich während dieser Zeit kein Gefühl der inneren Leere in ihr breit und auch der Satz „Ich habe nichts anzuziehen“ galt für Nunu nicht mehr. Stattdessen entdeckte sie ihre Kleidungsstücke neu, und begann sie anders zu kombinieren als vorher. „Ich bin definitiv kreativer geworden“, sagte sie nach ihrem Experiment dem SPIEGEL. Weiter berichtete sie im Interview: „Die Sachen werden immer billiger, und dauernd kommt neue Ware dazu – in anderen Farben und Schnitten , sodass man ständig den Eindruck hat, einkaufen gehen zu müssen.“
Die Zeit des Verzichts empfindet sie rückblickend als befreiend.
Wie Nunu ein ganzes Jahr auf Zuwachs im Schrank zu verzichten, mag eine echte Horrorvorstellung für viele Mädels und Jungs sein. Doch um selbst etwas minimalistischer zu werden, müssen die Malls und Einkaufsstraßen ja kein ganzes Jahr lang gemieden werden. Schon eine Shopping-Pause für einen Monat ist ein guter Start und schont nebenbei noch das Portemonnaie. Häufig findet man auch beim Entrümpeln des Kleiderschranks einige ältere Teile, die in Vergessenheit geraten sind.
Effizientes Shoppen leicht gemacht!
Wer selbst etwas an seinem Kaufverhalten ändern möchte, kann dies ganz einfach tun, indem er sich informiert. Seiten wie http://www.fair4you-online.de/ und www.fair-zieht-an.de bieten eine Fülle an Shop-Listen, die fair produzieren. Ist man sich bei einer Marke unsicher, was die Produktionsbedingungen betrifft, hilft Google weiter. Nicht zuletzt bieten Secondhandshops eine tolle Möglichkeit, Schnäppchen zu angeln und überflüssigen Konsum zu vermeiden. Gefällt ein gut erhaltenes Kleidungsstück nach einiger Zeit nicht mehr, sollte die Mülltonne der letzte Ausweg sein. Plattformen wie Ebay, Kleiderkreisel und Mädchenflohmarkt helfen dir, einen neuen Besitzer zu finden.
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