Marie Curie. Ada Lovelace. Rosalind Franklin. Ann Tsuakamoto. Grace Hopper. Sie alle stehen für bahnbrechende Erfindungen des 20. Jahrhunderts. Von ihnen entdeckt wurden die Radioaktivität, der erste Algorithmus, die DNA-Doppelhelix Struktur, die Stammzellenisolation und die erste benutzerfreundliche Programmiersprache. Leider kennen nur die wenigsten ihre Namen. Dabei kämpfen Frauen schon lange für Gleichberechtigung. Ein Kommentar.
Als 1911 der erste Weltfrauentag gefeiert wurde, forderten die Frauen die Einführung des Wahlrechts. Mittlerweile kämpfen sie für die sexuelle Selbstbestimmung, für den gleichen Lohn bei gleicher Arbeit und für faire Arbeitsteilung. Sicher, seit 1911 hat sich einiges verändert. Das Frauenwahlrecht wurde in Deutschland 1918 eingeführt, seit 1958 dürfen Männer nicht mehr entscheiden, ob ihre Ehefrauen einer Arbeit nachgehen und sind auch nicht Alleinentscheider in allen Eheangelegenheiten. Auch wenn Frauen bis in das Jahr 1977 nur dann berufstätig sein durften, wenn dies mit ihren „Pflichten in der Ehe und Familie“ vereinbar war. Zehn Jahre später wurde das Mutterschutzgesetz erweitert und seit 1980 besteht ein Rechtsanspruch auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Die Zeiten haben sich also geändert. Aber ist das genug?
Betrachtet man die Zahlen und Fakten lassen sich vor allem bei der Gleichberechtigung am Arbeitsplatz einige Defizite erkennen. Die Gender-Pay Gap beträgt branchenübergreifend 21 Prozent, wobei der bereinigte Wert ausgehend von gleicher Qualifikation und der gleichen Tätigkeit noch circa sechs Prozent beträgt. Frauen sind darüber hinaus in Vorständen und politischen Parteien unterrepräsentiert, was nicht an mangelnder Qualifikation liegt. Trotzdem haben noch immer 105 von 160 deutschen Börsenunternehmen keine einzige Frau im Vorstand. Anders als in Schweden, wo rein männliche Führungsteams weitaus weniger angesehen sind, erwägen es viele deutsche Unternehmen nicht, die Vorstände mit mehr Frauen zu besetzen. Die Begründungen der Unternehmen sind einerseits, dass Gleichstellung keine betriebswirtschaftlichen Vorteile bringe, dass Wirtschaft nichts für Frauen sei, dass sich die Frauen falsch verhielten oder gar, dass es doch eigentlich gar kein Problem gäbe. Jedes dieser Argumente lässt sich widerlegen.
Rollenbilder im Alltag
Eine Ursache für dieses Dilemma liegt in der Gesellschaft selbst begründet. Man kann den Unternehmen jetzt pure Bösartigkeit und Ignoranz unterstellen oder man sucht die Ursache in unserer patriarchalisch geprägten Gesellschaft. Die maßgebenden Werte, Normen und Verhaltensmuster wurden schon immer von Männern bestimmt und auch repräsentiert. Das hinkt uns auch im Jahr 2020 noch hinterher. Im Alltag erlebt man eine Welt voller Stereotypen. Besonders auffällig ist dies jedes Jahr am Weltfrauentag. An dem Tag, der ins Leben gerufen wurde, um auf die Forderungen der Frauen aufmerksam zu machen und der an die bisherigen Errungenschaften erinnern soll.
Stattdessen bewirkt er manches Mal genau das Gegenteil. Es gibt eine Flut an Rabatt- oder Sonderaktionen – gemacht für die stereotype Frau. Bei Gymondo, einem Online-Fitness Anbieter, bekam man 2016 eine Rose gratis zu jeder Anmeldung. Woanders gibt es Putzmittel oder Kochutensilien im Doppelpack zum Preis von einem. Das ist nicht nur sexistisch, sondern auch beleidigend. Es zeigt wie sehr die Gesellschaft von klassischer Rollenverteilung geprägt ist. Nicht nur bei Männern, sondern sogar bei Frauen haben sich diese Denkmuster verfestigt. Eine Studie von Plan International zeigte, dass unter den 14 bis 32-Jährigen, die täglich Social Media nutzen, 57 Prozent der Männer und 35 Prozent der Frauen der Meinung sind, Hausarbeit sei noch immer Frauensache. Es sind demnach nicht nur alte weiße Männer in Führungspositionen, die in veralteten Rollenbildern denken, sondern auch junge Menschen.
„We should all be Feminists“
Doch wer hat die Macht etwas zu verändern? Natürlich ist jeder einzelne gefragt, klischeehaftes Denken zu vermeiden, aufmerksam durch die Welt zu gehen und Dinge zu hinterfragen. Wer aber auch Bewusstsein in der Gesellschaft schaffen kann, sind Unternehmen. Sie können eine Firmenpolitik schaffen, die Frauen nicht ausschließt, sondern sie motiviert eine Führungsposition einzunehmen. Wenn das nicht aus eigenem Antrieb passiert, ist eine Quote ein wirksames Mittel. Sie bevorzugt nämlich, wie Caroline Criado-Perez sagt, keine unqualifizierten Frauen, sondern sorgt dafür, dass unterqualifizierte Männer eben nicht präferiert werden.
Hier kann die Politik die Weichen stellen. Bei Sexismus im Alltag sind wir als Gesellschaft gefragt. Zum einen sollten Männer auch Feministen sein. Sie dürfen sich nicht mehr aus der Verantwortung stehlen, denn Frauenrechte sind Menschenrechte und jeder kann einen Beitrag leisten. Zum anderen sollte man sich bewusst werden, dass entlohnte Arbeit nicht mehr wert ist, als die Care-Arbeit, die unbezahlt geleistet wird. Dazu gehört die Kindererziehung, die Arbeit im Haushalt und die Betreuung von pflegebedürftigen Angehörigen. Diese Arbeit erledigen zu 90 Prozent Frauen und es wird nicht mal als Arbeit gesehen. Auch dahingehend wird sich in der Zukunft vieles ändern müssen. Wir sind auf dem Weg in eine Welt, in der Frauen von der Geschichte nicht mehr übersehen werden wollen, wo die Namen und Werke berühmter Frauen gleichsam bekannt sein werden, wie die, berühmter Männer. Diese Entwicklung lässt sich nicht mehr aufhalten, es kommt nur noch drauf an, wie entschlossen wir dieses Ziel verfolgen.
Grace Hopper sagte einst: „Der schädlichste Satz in jeder Sprache ist: ‘So haben wir das immer gemacht“. Das sollten wir uns vor Augen halten – gesellschaftliche Normen und Maßstäbe sind veränderlich, sie haben keine ewige Gültigkeit, nur weil sie schon ewig gelten.
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