Der christliche Glaube versteht alles, was existiert, als Gottes gute Schöpfung. Der Mensch soll deshalb mit seinen Mitgeschöpfen und der Natur verantwortungsvoll umgehen. Darum ist Nachhaltigkeit auch für Christinnen und Christen wichtig. Besonders Papst Franziskus ermutigt immer wieder dazu, sich für ökologische Gerechtigkeit zu engagieren.
Der Mensch als „Krone der Schöpfung“: So wird er im Buch Genesis, dem ersten Buch der Bibel, vorgestellt. In Zeiten des Klimawandels und der ökologischen Krise verkörpert der Mensch bildlich gesprochen allerdings nicht mehr die Hauptrolle auf der großen Bühne der Erde. Er ist vielmehr längst zum Regisseur geworden. Ein Regisseur, der auf den Brettern, die im wahrsten Sinne die Welt bedeuten, ein endzeitliches Drama mit offenem Ende inszeniert. Dieses Stück heißt „Anthropozän“: Damit ist das Zeitalter menschlicher Dominanz über die Natur gemeint. In diesem Zeitalter leben wir nach Ansicht der Naturwissenschaft heute.
Was Christinnen und Christen mit „Schöpfung“ meinen
Unter „Schöpfung“ verstehen Christinnen und Christen keine naturwissenschaftliche Erklärung darüber, wie die Welt entstanden ist. Schöpfung bezeichnet dagegen eine Deutung der Welt als von Gott geschaffen. Gott ist der, ohne den nichts ist, was ist – so könnte man sagen. „Für den gläubigen Menschen steht Gott am Anfang, für den Wissenschaftler am Ende aller Überlegungen“, mit diesem Satz brachte der berühmte Physiker Max Planck treffend auf den Punkt, dass Glaube und Naturwissenschaft keine Gegensätze sind.
In der biblischen Erzählung vertraut Gott dem Menschen seine Schöpfung an. Der Mensch soll sich die Erde unterwerfen, heißt es in Genesis 1,28. Nie war der Mensch so sehr in der Lage, diesen biblischen Herrschaftsauftrag über Gottes Schöpfung so schonungslos umzusetzen, wie seit dem Siegeszug der modernen Wissenschaft und Technik. Mit dem biblischen Herrschaftsauftrag ist das Christentum an den Umweltproblemen der heutigen Zeit nicht unschuldig.
Papst Franziskus bestärkt das Engagement für Mensch und Umwelt
Doch es gibt auch eine andere Seite: Dem aktuellen Oberhaupt der katholischen Kirche, Papst Franziskus, liegt das ökologische Engagement der Christinnen und Christen besonders am Herzen. Dies macht er immer wieder mit starken Worten und Bildern deutlich. Besonders klar formuliert Franziskus das in seinem Rundschreiben Laudato si‘ von 2015. Wir sollen den Schrei der verletzten „Schwester Erde“ hören. Wir sollen sie gerecht und barmherzig behandeln.
Dabei hat der Papst eine besonders bedrohliche globale Entwicklung stärker ins Bewusstsein der Kirche gebracht: den Klimawandel. Umwelt- und Klimaschutz ist nach Papst Franziskus gelebte Glaubenspraxis. Er ermahnt jedoch zugleich deutlich dazu, „die Klage der Armen ebenso zu hören wie die Klage der Erde“ (Laudato si‘ Nr. 49). Umweltengagement und Sozialengagement gehören für Christinnen und Christen also zusammen. Die Natur ist unser „gemeinsames Haus“. Es hat als „Hausordnung“ den solidarischen Umgang mit den globalen Ressourcen zum Schutz von Mensch und Umwelt, so der Papst.
Das dahinterstehende ethische Prinzip heißt „Nachhaltigkeit“. Es meint zunächst, dass nicht mehr von etwas verbraucht werden darf, als vorhanden ist. Bei der nachhaltigen Entwicklung geht es dem Ideal nach darum, soziale und ökologische Gerechtigkeit mit wirtschaftlichem Wachstum in Einklang zu bringen. Nachhaltigkeit ist heute ein globales Leitbild. Papst Franziskus verpflichtet auch die Christinnen und Christen auf den Einsatz für Nachhaltigkeit. Vor Ort bringen viele Christinnen und Christen in diesem Sinne bereits vielfältige Projekte auf den Weg. In Deutschland wird zum Beispiel jedes Jahr am ersten September der „Tag der Schöpfung“ begangen. Es wird deutlich, dass nicht nur Greenpeace, Grüne und Co. Umweltschutz können. Bei der ökologischen Jugendbewegung „Fridays for Future“ machen schließlich auch „Christians for Future“ mit.
Die Liebe zu Gottes guter Schöpfung als Motivation
Der Namenspatron des Papstes, der heilige Franziskus von Assisi (1182-1226 n. Chr.), steht ganz besonders für eine christliche Liebe zur Natur. In seinem Sonnengesang spricht der Bettelmönch liebevoll etwa von „Bruder Wind“ und „Schwester Wasser“. Dies zeigt, Franziskus von Assisi war von einem familiären Verhältnis zur Schöpfung geprägt. Der Papst sieht in dem mittelalterlichen Ordensmann daher ein Vorbild für eine froh und authentisch gelebte Ökologie.
Die Mitgeschöpfe werden bereits seit biblischen Zeiten mit ins Gebet genommen. Es sind besonders die Psalmen des Alten Testaments, die einen Gebetsschatz bieten, in dem Naturmotive eine wichtige Rolle spielen. Psalm 104 zum Beispiel lädt zu einem gebeteten Spaziergang durch Gottes Schöpfung ein; mit Himmel und Wassern, Bergen und Tälern, Bäumen und Tieren, die allesamt dazu einladen, Gott zu loben: „Herr! Alles hast du geschaffen in Weisheit, erfüllt ist die Erde von deinen Geschöpfen.“ Hierin drückt sich aus: Alle Geschöpfe haben vor Gott ihren eigenen Wert und ihre eigene Schönheit.
Es geht dabei auch um ein Gespür für die Heiligkeit allen Lebens. So verstanden dient der christliche Schöpfungsglaube als eine Quelle, aus der die Grundhaltungen der Ehrfurcht, der Freude, der Dankbarkeit und der Achtung gegenüber allen Lebewesen erwachsen können. Diese Haltungen sensibilisieren für das Stöhnen der Erde. Sie bestärkt das so dringend notwendige Engagement für die Bewahrung der Schöpfung im Anthropozän. Beim Umwelt- und Klimaschutz können und sollen christlich Glaubende dabei mit Menschen anderer Religionen und Weltanschauungen zusammenarbeiten.
[…] Ein Beitrag im Online-Magazin f1rstlife vom 13.04.2021. […]