Uns wird gesagt, wir können alles erreichen, was wir uns vornehmen. Dass wir unsere Träume wahr werden lassen können, wenn wir nur hart genug dafür arbeiten. Vielleicht können wir das. Vielleicht werden wir dann glücklich, wenn der Traum die Realität geworden ist.
Aber ich bin mir da nicht so sicher. Ich habe Menschen getroffen, die genau da sind, sich durchgeboxt haben, um ihren Traum zu leben. Menschen, die schließlich erfolgreich waren und da angekommen sind, wo sie hinwollten. In ihrem Traum, der nun kein Traum mehr ist, sondern Realität. Und damit scheint der Traum ausgeträumt, an Wert verloren zu haben. Weil in der Realität eben nicht alles perfekt ist. Weil da trotzdem Sorgen und Probleme sind.
Und dann habe ich Menschen getroffen, die kaum Ambitionen zu haben scheinen. Menschen, ohne besonderes Karrierestreben. Menschen, die einige heftige Schicksalsschläge erlebt haben und die vom Leben auf ihrem Weg ein paar Mal ordentlich durchgeschüttelt worden sind. Und die trotzdem zufrieden wirken. Mehr als zufrieden. Sie wirken glücklich mit dem, was sie haben und so ruhig und voller Liebe.
Wenn ich mir alle diese Menschen anschaue, dann habe ich weniger Angst vor den vielleicht ungewollten Wendungen, die das Leben nehmen kann. Ich habe dann weniger Angst vor den Herausforderungen, die es an mich stellen mag. Viel mehr fürchte ich, schließlich am Ziel meiner Träume angelangt zu sein und vergessen zu haben, dass ich einst von genau dem Leben geträumt habe: Ehrlich geliebt zu werden, nur diese Liebe nicht mehr spüren zu können, weil ich zu sehr von mir selbst eingenommen bin, um zu sehen, dass andere Menschen auf andere Weise lieben. Von Schönheit umgeben zu sein, aber diese nicht wahrnehmen zu können, weil ich den Blick dafür verloren habe. Im Guten gelandet zu sein und es noch nicht mal zu merken, nicht empfinden zu können.
Was, wenn unsere Umgebung gar nicht das Wichtigste für unser Wohlbefinden, unser Glück ist, sondern die Weise, in der wir die Welt betrachten? Wenn die wirkliche Herausforderung nicht die Karriere, die Familie, das Leben sind, sondern, auf dem Weg nicht seine Zufriedenheit, seine Freude am Leben zu verlieren. Die Herausforderung, alltägliche kleine Dinge immer wieder neu wahrzunehmen und sich darüber zu freuen. Sich jeden Tag erneut dessen bewusst zu werden, wie sehr man die Menschen um sich herum liebt und ihnen genau das zu zeigen. Sich ehrlich glücklich zu schätzen, sie um sich herum haben zu dürfen.
Vielleicht sind Träume irgendwo unsere falschen Freunde, ja, die versteckten Feinde, weil sie uns dazu verleiten, nur auf die Zukunft zu schauen, und die realen Momente zu verpassen. Vielleicht haben diese Menschen, die am Ziel ihrer Träume angekommen sind, für eine zu lange Zeit zu hart gearbeitet. Und schließlich haben sie dann vielleicht verlernt, zu genießen was sie haben. Sodass sie, im Traumland angekommen, nicht nur dieses nicht mehr wahrnehmen können, sondern auch ihres Traumes beraubt zurückgelassen werden.
Ich werde das Gefühl nicht los, dass allein der Begriff Realität schon die Hälfte aller Freude vertreibt. Als wenn, nur weil etwas real ist, es nicht mehr schön ist. Als wenn etwas im Traum in seiner perfektionierten Version bleiben muss, um seinen Wert zu behalten. Vielleicht sollten wir erstmal damit anfangen, uns mit der Realität anzufreunden, bevor wir unseren Träumen hinterherjagen.
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