So langsam wird es ernst. Die Geburt Jesu rückt immer näher. In diesem Jahr fallen der vierte Advent und Heiligabend auf einen Tag. Deshalb dürfte bei vielen der letzte Adventssonntag untergehen. Schade, denn seine Botschaft ist wichtig, um Weihnachten verstehen zu können, erklärt unser Autor Benedikt Bögle.
Weihnachten steht direkt vor der Tür. Da in diesem Jahr der vierte Adventssonntag auf den Tag des Heiligen Abends fällt, wird das umso deutlicher. Doch nicht nur das Datum, auch die Texte des vierten Adventssonntags zielen auf die Geburt Jesu ab. Das Evangelium (Lukas 1,26-38) berichtet von der Verkündigung des Engels Gabriel an Maria, sie werde einen Sohn vom Heiligen Geist empfangen.
Stellt man sich die Situation bildlich vor, bekommt man es beinahe mit der Angst zu tun: Der Engel tritt ganz unvermittelt in das Haus der Maria ein und spricht sie an: „Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir.“ (Lukas 1,28) Maria reagiert ein klein wenig unverständlich. Sie erschrickt zwar, nicht aber davor, dass plötzlich ein Engel in ihrer Wohnung steht, vielmehr erschrickt sie über die Anrede. Erschreckender noch ist die Botschaft des Engels: „Du wirst ein Kind empfangen, einen Sohn wirst du gebären: dem sollst du den Namen Jesus geben.“ (Lukas 1,31)
Eine Jungfrauengeburt?
Da nun gerät Maria ernsthaft ins Stocken. Denn sie ist noch Jungfrau – wie soll sie da einen Sohn auf die Welt bringen? Der Beginn dieses Evangelien-Abschnitts schärft sehr deutlich ein, dass Maria noch eine Jungfrau war, dieser Begriff fällt in den ersten beiden Versen zweimal. Zugleich stellt Lukas fest, Maria sei „mit einem Mann namens Josef verlobt“ (Lukas 1,27). Diese Übersetzung trifft die Lebenswelt im Israel vor 2.000 Jahren nicht ganz. Mit einer Verlobung verbinden wir heute den festen Willen und die Zusage, dass Mann und Frau sich heiraten wollen. In Israel scheint es dagegen üblich gewesen zu sein, dass das Ehepaar den Ehevertrag zwar schon unterzeichnet hat, dann aber noch ein ganzes Jahr wartet, bis es zusammenzieht und zum ersten Mal miteinander schläft. Genau diese Phase von einem Jahr wird hier im Deutschen mit „Verlobung“ wiedergegeben.
Maria also sieht keine Chance, wie sie nun plötzlich zu einem Kind kommen sollte. Der Engel klärt auf: Nicht durch das Zusammensein mit einem Mann, sondern durch das Wirken des Heiligen Geistes solle sie schwanger werden. Und das ist auch der Grund, warum dieses Kind „Sohn Gottes“ sein wird. Die Kirche bekennt seit ihren frühesten Jahrhunderten: Jesus Christus ist ganz Mensch, aber auch ganz Gott. Diese beiden Größen – sonst so streng getrennt – lassen sich in Jesus nicht voneinander abgrenzen. Als Sohn von Maria ist er ganz Mensch, aber er ist eben nicht wirklich Kind von Josef. Daher ist er auch ganz Gott.
Gott hat keine Grenzen
Wie das im Einzelnen funktionieren kann, bleibt dem Menschen unbegreiflich. Doch der Engel stellt fest: „Für Gott ist nichts unmöglich.“ (Lukas 1,37) Beweis ist Elisabeth, eine Verwandte von Maria. Auch sie wurde Mutter eines Sohnes, der später als Johannes der Täufer bekannt werden sollte. Obwohl sie unfruchtbar war und ihr Mann Zacharias schon sehr alt, bekamen die beiden noch einen Sohn. Der Gott von Judentum und Christentum kann scheinbar uneingeschränkt handeln. Für ihn gibt es keine Grenzen.
Heil für die Heiden
Die zweite Lesung (Römerbrief 16,25-27) bringt einen weiteren Aspekt, der wichtig ist, um zu verstehen, was an Weihnachten geschieht. Der Apostel Paulus bricht am Schluss seines Briefes an die Gemeinde in Rom in ein Loblied auf Gott aus und bemerkt, scheinbar am Rande, dass „alle Heiden zum Gehorsam des Glaubens“ geführt werden sollen (Römerbrief 16,26). Durch Jesus kommt das Heil zu allen Menschen, auch die Heiden werden nun von Gott angesprochen. Er durchbricht selbst die Grenzen seines Volkes. Deswegen brechen die ersten Christen früh in alle Welt auf, um die frohe Botschaft allen Völkern zu verkünden. Das war am Anfang sicherlich nicht leicht. Das Christentum entstand aus dem Judentum heraus. Damit war auch klar, dass alle Sprachbilder, theologischen Vorstellungen und auch die Person Jesu nicht ohne weiteres verstanden werden konnten, wenn man vom Judentum nichts wusste.
Und genau vor dieser Situation standen die ersten Christen aus der griechischen und römischen Welt. Sie kannten sich nur in heidnischen Kulten und Mythologien aus, nicht aber im Judentum. Trotzdem taten die ersten Missionare alles, um den Glauben an Jesus möglichst verständlich zu machen. Denn von ihrer guten Nachricht konnten sie nicht schweigen. Auch das gehört zu Weihnachten und zur Vorbereitung auf dieses Fest: Mit Jesus ist Gottes Heil zu allen Menschen gekommen.
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