„Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah?“, fragte sich bereits Goethe. Angesichts der steigenden Energiekosten und der allgegenwärtigen Klimakrise ergibt Urlaub in Deutschland durchaus Sinn. Warum also nicht in diesem Sommer das Emsland erkunden?
Direkt an der niederländischen Grenze, südlich von Ostfriesland und damit unweit der Nordsee, liegt das wunderschöne Emsland. Die Landschaft ist geprägt von Heide und Mooren und besticht dadurch mit charmanter Kargheit. Das Emsland ist dünn besiedelt, wenngleich es bis zur Wiedervereinigung der größte Landkreis Deutschlands war. Da bleibt viel Raum für unberührte Natur.
Geboren aus dem Torf der Moore
Wer sich für die Geschichte des Emslandes interessiert, für den ist das Moormuseum bei Groß Hesepe die richtige Adresse. Es erzählt vom Torfabbau und der Urbarmachung des Emslandes in der Nachkriegszeit. Daher beherbergt das Museum in seiner Ausstellungshalle II den weltweit größten Tiefpflug mit dem Namen „Mammut“. Die Pflüge der Firma Ottomeyer wurden zur Kultivierung der emsländischen Hochmoorflächen eingesetzt. Auf die Frage, was solch ein Pflug koste, soll Wilhelm Ottomeyer pathetisch geantwortet haben: „30 Jahre.“
Das Meer des Emslandes ist das Speicherbecken in Geeste. Der Ort liegt direkt in der Mitte des Landkreises. Daher ist von dort jede Sehenswürdigkeit gut erreichbar. Der See wurde als Kühlwasserbecken für das Kernkraftwerk Emsland in Lingen erbaut. Während seines Baus in den 1980er Jahren war das Speicherbecken die größte Baustelle Europas. Dies lässt erkennen, welch enorme Ausmaße der See annimmt.
Karibikfeeling im hohen Norden
Mittlerweile hat sich das Speicherbecken zu einem beliebten Erholungsgebiet entwickelt. Durch einen schönen Badestrand und eine große Liegewiese kommt jeder Sonnenanbeter auf seine Kosten. Breite Wege führen unterhalb und auf den Deich, der das Becken umschließt, rund um das gesamte Gewässer. Damit eignet sich das Geester Speicherbecken bestens für eine Rad- oder Inlinertour. Eine einfache Wanderung ist freilich auch möglich. Für Surfer und Segler sind die Windverhältnisse auf dem 34 Meter über Normalnull aufgestauten See ideal. Hier werden sogar deutsche Meisterschaften ausgetragen.
Der eine oder andere fragt sich nun vielleicht, ob für einen Badesee das Wetter im Emsland überhaupt mitspielt? Schließlich ist die Rede von einer Region in Norddeutschland. Der 2019 in Lingen gemessene deutschlandweite Temperaturrekord von 42,6 Grad Celsius kann hier für Beruhigung sorgen. Es handelt sich um die höchste je in Deutschland gemessene Temperatur seit Beginn der Wetteraufzeichnungen! Bald nach der Messung wurden daher Zweifel an dem Hitzerekord laut. Der Deutsche Wetterdienst hielt nach einer Überprüfung vorerst an der Messung fest. Auf Druck der Medien – und womöglich auch anderer Urlaubsregionen – wurde der emsländische Temperaturrekord schließlich 2020 doch noch annulliert. Aber wer weiß, ob das Emsland sich ihn nicht schon in diesem Sommer zurückholt…
Die alte Hansestadt Meppen
Selbst die wenigsten Einheimischen wissen, dass die emsländische Kreisstadt Meppen einst eine Hansestadt war. Ein goldenes Schiffchen auf der Spitze des historischen Rathauses zeugt davon. Meppen fasziniert manchen Besucher mit seiner wunderschönen Altstadt. Ein Hingucker ist dabei unter anderem die leuchtend rote Fassade der Gymnasialkirche.
Die benachbarte Propsteikirche beeindruckt vor allem durch ihre Größe, obschon sie deutlich an Höhe eingebüßt hat. Vor dem Zweiten Weltkrieg hatte sie eine Kirchturmspitze, die alle Gebäude im Umkreis überragte und von weit her sichtbar war. Nach der Zerstörung im Krieg erhielt sie ein kleineres Turmdach.
Flüsse und Kanäle als prägende Elemente des Emslandes
Auf der Landzunge zwischen dem Fluss Hase und dem Dortmund-Ems-Kanal steht gegenüber der Meppener Innenstadt die Höltingmühle. Unweit davon befindet sich die Koppelschleuse. Sie war Teil des Ems-Hase-Kanals, der zwischen 1824 und 1829 entstand, aber 1890 auf weiten Strecken vom Dortmund-Ems-Kanal überbaut wurde.
Den meisten Menschen dürfte die Stadt Meppen allerdings durch den dort ansässigen Fußballverein bekannt sein. Der SV Meppen schaffte 1987 den Aufstieg in die 2. Bundesliga. Der Kader bestand dabei aus 22 Spielern, von denen 19 gebürtige Emsländer waren!
Bis 1998 konnte sich der SV, wie er im Emsland kurz genannt wird, in der zweithöchsten deutschen Fußballliga halten. Nachdem er lange Jahre in diversen Amateurligen verbrachte, befindet er sich mittlerweile wieder in der 3. Liga. An dieser Stelle noch ein kleiner Fun Fact: Diego Maradona, für einige Experten der größte Fußballer aller Zeiten, machte sein erstes Spiel auf europäischem Boden tatsächlich in Meppen. Sein Verein, der FC Barcelona, spielte im August 1982 in einem Testspiel gegen den SVM.
Die womöglich bekannteste Mühle Deutschlands
Die Hilter Mühle in Lathen hat vermutlich unwissentlich fast jeder in der Bundesrepublik bereits zu Gesicht bekommen. Durch ihre idyllische Lage inspirierte sie einen bekannten Fleisch- und mittlerweile ebenfalls Fleischersatzprodukthersteller dort einen TV-Werbespot zu drehen. Dafür wurde die Mühle halbseitig strahlend rot angemalt und die Flügel mit roten Tüchern bespannt. In echt sieht die Mühle um einiges schlichter und dennoch wunderschön aus.
Für jeden Spirituosenliebhaber ist ein Besuch der Stadt Haselünne Pflicht. Dort gibt es gleich drei Kornbrennereien und ist damit wahrscheinlich die „Kornwelthauptstadt“. Durch ihre bezaubernde Lage an der Hase kann die Stadt zudem ästhetisch überzeugen.
Der Emsländer und sein Fahrrad gehören zusammen wie Tomate und Basilikum
Wenngleich das Emsland groß ist, lässt es sich doch am besten mit dem Fahrrad erkunden. Da die Region nahezu keinerlei Erhebungen aufweist, sind Radtouren eine gute Möglichkeit, Natur, Land und Leute kennenzulernen. Daher verwundert es auch nicht, dass das Emsland eines der am besten ausgebauten Radwegenetze in Deutschland besitzt. In diesem Sinne: Der nächste Urlaub kommt bestimmt und das Emsland ist mit Sicherheit eine Reise wert!
Maria Ellis
Excelente descripción , que hermosos lugares por conocer espero algún día estar ahí