Das Favoritensterben
Nach der Gruppenphase standen vor allem zwei Nationen ganz oben auf den Listen der Buchmacher. Nein, nicht Deutschland, der Gewinner der letzten fünf Endrunden, sondern unsere Nachbarn aus Frankreich und die Gastgeberinnen aus Schweden. Jetzt, vor dem Finale am Sonntag, hat sich die Lage allerdings verändert – zugunsten von Deutschland. Für die Französinnen war bereits im Viertelfinale Schluss. Man musste sich kämpferisch stark spielenden Däninnen geschlagen geben – und das im Elfmeterschießen. In der regulären Spielzeit klappte das mit dem Strafstoß zunächst noch ganz gut: Da gelang es den Französinnen, den zwischenzeitlichen Führungstreffer der Däninnen auszugleichen.
Nach 120 gespielten Minuten versagten dann aber die Nerven. Der „Underdog“ aus Dänemark bewies seine mentale Stärke und zog somit ins Halbfinale ein. Natürlich etwas glücklich, denn Frankreich hatte im gesamten Spielverlauf sehr gute Möglichkeiten um das Spiel zu entscheiden und dominierte phasenweise die Partie, aber wer fragt am Ende schon danach, ob ein Weiterkommen gerechtfertigt ist oder nicht? Vielleicht hat Frankreich das Ganze auch ein wenig zu locker gesehen. Man scherzte mit den Journalisten und gewährte zahlreiche Einblicke hinter die Kulissen. Dänemark kam ja schließlich nur durch Losglück ins Viertelfinale und Frankreich hatte als einzige Mannschaft alle Gruppenspiele gewonnen. Dass die Däninnen den Platz unter den besten Acht aber verdient hatten, stellten sie dann eindrucksvoll unter Beweis und schafften es unter die Top 4.
Schluss mit der gelb-blauen Party
Für Schweden, den herzlichen Gastgeber mit dem mitreißenden Tempofußball, war im Halbfinale Schluss. Mal wieder gegen die gefürchtete deutsche Mannschaft. Zunächst einmal sah allerdings alles sehr gut aus und man besiegte im Viertelfinale die Isländerinnen auf geradezu furchteinflößende Art und Weise. Bereits nach 19 Minuten stand es 3:0 für die Gastgeberinnen und die gelb-blaue Party konnte beginnen. Das Spiel endete 4:0 und Schweden konnte es sich sogar leisten, in der zweiten Halbzeit Stammspielerinnen für das Halbfinale zu schonen. Medien, Fans, Spielerinnen, Experten – sie alle glaubten nun an einen schwedischen Turniersieg. Und zum ersten Mal seit langem ging Deutschland nicht als Favorit in ein Frauenfußball-Länderspiel. Der Rest ist schnell erzählt: Schweden und Deutschland lieferten sich ein packendes und temporeiches Halbfinale, Dzsenifer Marozsán erzielt in der 33. Spielminute das Tor für Deutschland, Schweden spielte gefährlich aber erfolg- und glücklos und am Ende trauerte ein ganzes Land seinem geplatzten Traum hinterher.
Der deutsche Traum lebt
Das Viertelfinale gegen Italien war zweifelsohne eines der wichtigsten Spiele der vergangenen Jahre. Entsprechend nervös ging das junge deutsche Team in die Partie, zeigte aber zu jeder Sekunde Einsatz und Leidenschaft. Simone Laudehr, bei der sich im Vorfeld des Turniers viele über die Nominierung gewundert hatten, schwang sich zur Spielerin des Spiels auf, beackerte 90 Minuten lang Außenbahn und Gegner und krönte zu guter Letzt ihre Leistung mit einem etwas glücklich abgefälschten Treffer, der letztendlich zum Weiterkommen reichen sollte.
Verdient war der Sieg allemal, denn Italien blieb bis auf wenige Ausnahmen recht ungefährlich. Damit, schien es, fiel der Druck ein wenig ab und man konnte gegen Schweden befreit aufspielen. Vielleicht auch, weil man nicht als Favorit in das Spiel ging sondern der Siegesdruck auf den Skandinavierinnen lag. Ein kurzweiligeres und mitreißenderes Spiel hatte der Frauenfußball in den letzten Jahren jedenfalls selten zu bieten. Das lag auch daran, dass beide Mannschaften auf taktische Spielchen verzichteten und voll auf Angriff gingen. Ein nicht gegebener Treffer für Schweden sowie der Pfosten brachten das nötige Glück für die deutsche Mannschaft. Auch die Medien wurden beschenkt: Das Spiel im ZDF sahen über 8 Millionen Zuschauer und mit einem Marktanteil von 29,9 Prozent wurde der Tagessieg einfahren.
Im Finale am Sonntag steht man nun der Mannschaft aus Norwegen gegenüber, die sich im Halbfinale erst im Elfmeterschießen gegen Dänemark durchsetzen konnte. Bereits dreimal trafen diese beiden Teams in einem Endspiel der Frauen Europameisterschaft aufeinander – und Deutschland konnte immer gewinnen. Norwegen? Da war doch was? Richtig: In der Gruppenphase musste die DFB-Elf eine 1:0 Niederlage gegen dieses Team einstecken. An Motivation dürfte es am Sonntag also nicht mangeln…
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