Die Klimakatastrophe schreitet mit überhöhter Geschwindigkeit voran, doch unsere Füße bleiben stehen. Ein Grund dafür ist unter anderem die fehlende und unzureichende Kommunikation über das, was gerade passiert.
„Wir sind auf einem Highway in die Klimahölle, mit dem Fuß immer noch auf dem Gaspedal“ – Mit diesem Appell begann der UN-Generalsekretär Antonio Guterres seine Rede auf der Weltklimakonferenz, die vor Kurzem in Ägypten stattgefunden hat. Unser Zuhause steht wortwörtlich in Flammen, doch noch immer passiert nicht ausreichend, um das Übergreifen dieser Flammen auf all unsere Lebensgrundlagen zu verhindern.
Selbst wenn die Staaten ihre derzeitigen Versprechungen zur Emissionsreduktion einhalten würden, würde sich unser Klima um mindestens 2,4 Grad Celsius erhitzen. Schon jetzt, mit einer Erwärmung von 1,1 Grad, leiden viele Regionen unter extremen Auswirkungen, wie beispielsweise die Extremhitzewellen oder die katastrophale Überschwemmung im Ahrtal.
Der Mensch denkt nicht in Zahlen und Fakten
Der Grund für dieses politische Versagen sind zwar in erster Linie die dominierenden Macht- und Profitinteressen der fossilen Lobby und Industrie. Problematisch ist jedoch auch die fehlende und unzureichende Kommunikation über das, was gerade mit unserem Klima passiert. Obwohl wir ein umfangreiches Wissen über die Auswirkungen von Treibhausgasen auf unser Klimasystem verfügen, halten wir immer noch an belanglosen Debatten fest.
Geschürt von politischen Reden über die Freiheit, fürchten sich die Menschen vor Verboten und Verzicht durch Klimaschutz, obwohl uns die Klimakatastrophe so viel mehr nehmen wird. Beeinflusst von Zeitungsartikeln, wie „So retten wir das Klima im Alltag“, richtet sich ihr Blick nur auf das eigene Tun, während 70 Prozent der globalen Emissionen und somit die größte Wirkmacht von gerade einmal hundert Unternehmen ausgeht.
Dabei ist nicht nur von Bedeutung, welche Informationen und Botschaften wir verbreiten. Um Menschen zum Handeln anzuregen, ist es auch essenziell, welche Sprache und Bilder wir verwenden sowie welche Emotionen wir transportieren. Auch der israelische Historiker Yuval Noah Harari betont immer wieder in seinen Büchern, dass Menschen nicht in Zahlen und Fakten, sondern in Erzählungen und Geschichten denken. Welche Erzählung tragen wir also über das Klima weiter?
Klimawandel, Klimakrise oder Klimakatastrophe?
Zunächst einmal ist es wichtig, zu verstehen, dass nur ein sehr geringer Teil unseres Denkens bewusst geschieht – nämlich gerade einmal zwei Prozent! Wenn es darum geht, Worte oder Konzepte zu begreifen, aktiviert das Gehirn einen Deutungsrahmen, sogenannte „Frames”, dessen Inhalt und Struktur sich aus den Erfahrungen mit der Welt speist. Sprich: Wenn wir ein Wort hören oder lesen, ist dieses Wort unbewusst mit anderen Konzepten verknüpft.
Um das zu begreifen, lohnt sich ein Blick auf die verschiedenen Begrifflichkeiten, die genutzt werden, um die Problematik hinsichtlich des Klimas zu beschreiben. Jahrzehntelang hat der Begriff „Klimawandel“ dominiert. Auch heute ist er noch relativ gängig. Kritisiert wird daran aber, dass die Darstellung als Wandel zu neutral sei und ein Wandel sowohl positiv als auch negativ wahrgenommen werden könne.
Die Klimabewegung nutzt daher zunehmend den Begriff „Klimakatastrophe“, um die Dringlichkeit und Bedrohung zu betonen. Lange hat vor allem auch „Klimakrise“ dominiert. Da wir uns in einer Zeit der multiplen Krisen befinden und die Bevölkerung vor allem nach der Corona-Krise krisenmüde ist, wird dieser von Kritiker*innen vermieden. Es sei ein zu inflationär gebrauchter Begriff.
Der Eisbär als Ikone der misslungenen Klimakommunikation
Auch die Bilder, die verwendet werden, haben eine unbewusste Wirkung auf uns. Nicht selten, wenn eine Zeitung oder ein Naturschutzverein über die Klimakatastrophe berichtet, kommunizieren sie das mit Bildern eines Eisbären auf einer Eisscholle, die ihm unter den Tatzen wegschmilzt . Die Klimakatastrophe ist für den Eisbären in der Arktis selbstverständlich lebensbedrohlich.
Das Bild schafft jedoch eine psychologische Distanz zwischen dem Thema und den bei uns lebenden Menschen. Es weckt den Anschein, dass die Klimakatastrophe nur für den Eisbären bedrohlich sei. Ein Handlungsdruck entsteht folglich nicht. Menschen handeln schließlich erst, wenn sich das Problem zeitlich und örtlich in unmittelbarer Nähe befindet oder es so wahrgenommen wird. Konstruktiver wären somit beispielsweise eher Fotos von örtlichen Waldbränden oder ausgetrockneten Böden.
Weiterhin entscheidet sich die Presselandschaft in der Berichterstattung über Hitzeperioden zumeist für die schönsten Freibad-Fotos, die der Klimakatastrophe mit ihrer Dringlichkeit nicht einmal ansatzweise gerecht werden. Auch diese sollten nicht ohne weitere Einordnung verbreitet werden, da die gesamte Problematik dadurch verharmlost werde. Kritisiert wurde dies erst diesen Sommer von der Initiative „Klima Vor Acht“ auf Instagram. (https://www.instagram.com/p/CfBNbUisAfM/).
Die Balance zwischen den Emotionen
Selbstverständlich ist es nicht sonderlich ratsam, die Klimakatastrophe nur durch negative Botschaften zu kommunizieren, sondern auch Lust auf einen klimagerechten Wandel zu wecken. Angst ist als eine starke Emotion ein Katalysator zum Handeln. Er kann uns gleichzeitig auf lange Sicht aber auch lähmen und somit das Gegenteil bewirken.
Eine gute Klimakommunikation strebt somit an, stets die Balance zwischen positiv und negativ konnotierten Gefühlen zu halten. Wenn wir darüber sprechen, was wir durch die Klimakatastrophe verlieren, dürften wir nicht vergessen, auch zu Sprache zu bringen, was wir durch den Klimaschutz gewinnen.
Schlussendlich kann zusammengefasst werden, dass eine gute Klimakommunikation das Ziel verfolgt, faktenbasiert über die Problematik zu informieren und durch realistische wie angemessene Botschaften zum Wandel zu motivieren. Wenn wir uns daran orientieren, schaffen wir es vielleicht, vom Wissen ins Handeln zu kommen.
Finn
Über die Sprache und die Worte macht man sich oft gar nicht so viele Gedanken. Deshalb finde ich das cool, dass es jemand mal schreibt. Danke für die vielen Infos!