Australien, Kanada, Südafrika, Thailand – beliebte Länder, wenn die Wahl des Auslandssemester-Ortes ansteht. Mich versetzte ein eher ungewöhnliches Land in Begeisterung: Südkorea. Über vier Monate ließ ich mich auf ein Asien-Abenteuer ein und entwickelte eine absolute Faszination für ein wunderbares Land.
„Ausgerechnet Südkorea. Bist du dir sicher? Was willst du denn da?“, so die Reaktion, die ich meistens bekam, wenn ich ganz begeistert erzählte, dass ich mein Auslandssemester in diesem Land verbringen würde. Koreanische Freunde hatten mich bereits von der Besonderheit ihres Heimatlandes überzeugt und so war ich voller Spannung und Vorfreude, das Gehörte in eigene Erfahrungen einzutauschen. Am 18. August 2018 saß ich im Flugzeug, um meine Reise an ein anderes Ende der Welt zur Ostküste Südkoreas, Pohang, anzutreten. Eine Reise, die ich mein Leben lang nicht mehr vergessen werde.
Südkorea – ein Land, in dem Tradition und Moderne eine Einheit bilden. Ein hochentwickeltes Land, das Zukunft vorlebt und dessen Vergangenheit unweigerlich mit kulturellen Aspekten verschmolzen ist. Ein Land, das geprägt wurde von anderen Kulturen und nun die eigene Kultur nach außen trägt und Geschichte schreibt. Dieses Land durfte ich im Rahmen eines Auslandssemesters über vier Monate erleben, kennenlernen, lieben lernen.
Die ersten Eindrücke
Angekommen in Südkorea machte ich das erste Mal die Erfahrung, eine Sprache um mich herum zu hören, von der ich nichts verstehe und ich zudem ganz anders aussehe als alle anderen hier. Südkorea ist ein sehr homogenes Land, Ausländer außerhalb des asiatischen Raumes sind eher eine Seltenheit. Blicke waren daher vorprogrammiert, angesprochen wurde ich dennoch nicht. Wie ich später noch öfter feststellen sollte, sind Koreaner eher ein schüchternes Volk. Nicht ruhig, denn der Lärmpegel steigt beachtlich, wenn sie unter Freunden sind. Doch einfach einmal jemanden anzusprechen und eine neue Bekanntschaft zu schließen, gehört nicht zur Norm. Bei Ausländern steigt die Hemmschwelle noch zusätzlich, da nun Englisch verwendet werden muss. Eine Sprache, die Deutschen leichter über die Lippen geht als Koreanern, die ganz andere Laute gewohnt sind und dementsprechend mehr Schwierigkeiten damit haben. Mit der Zeit gewöhnte ich mich daran, den ersten Schritt zu tun, wenn ich Bekanntschaften mit Koreanern schließen wollte. War die Hemmschwelle einmal überschritten, entstanden ganz normale Freundschaften, in der Kulturunterschiede zwar bemerkbar waren, doch nicht im Wege standen.
Äußerst ungewohnt war es, als ich mich zum ersten Mal verbeugte. Begegnet man in Deutschland einer Respektsperson, so sind ein fester Händedruck, ein offener Blick in die Augen und eine selbstbewusste Haltung angebracht. In Südkorea ist dies (außer in der Geschäftswelt) ein absolutes No-Go. Begrüßt wird mit einer leichten Verbeugung, bei der die Arme seitlich am Körper liegen bleiben. Respekt vor Älteren und Höhergestellten ist ein fester Bestandteil der Kultur. Hierbei macht schon ein Jahr einen Unterschied! Von Ausländern wird meistens keine absolute Anpassung erwartet, dennoch ist es von großer Wichtigkeit, die sozialen Verhaltensformen zu kennen und wenn möglich danach zu handeln.
Meine koreanischen Freunde hatten mir bereits von ihrem Essen vorgeschwärmt. Inzwischen ist mir das vollkommen verständlich; auch ich entwickelte mich zu einem ausgesprochenen Liebhaber der koreanischen Küche. Essen ist ein wichtigerer Bestandteil der Kultur als in Deutschland, denn gegessen wird gerne in Gemeinschaft. In Restaurants steht oft eine elektrische Herdplatte oder ein Mini-Grill in der Mitte des Tisches. Vom Personal oder von den Gästen selbst wird das Essen darauf direkt frisch zubereitet. Mich begeisterte es, dass nicht jeder sein individuelles Gericht auf einem Teller bekam, sondern die Gruppe gemeinsam bestellte und aß. Dadurch entsteht ein verstärktes Gemeinschaftsgefühl, das ich sehr zu schätzen lernte.
Wer scharfes Essen mag, kommt in Südkorea auf seine Kosten. Fleischliebhaber sind ebenfalls gut aufgehoben. Deutschlands liebstes Nahrungsmittel, Brot, wird in Korea durch Reis ersetzt und mit Beilagen ergänzt. Dabei darf Kimchi, eine Art scharfes Kraut, auf keinen Fall fehlen. Mit Stäbchen zu essen war ich schon gewohnt, durfte meine Fähigkeiten im Verlauf der Zeit aber dahingehend austesten, ein vollständiges, mit Reis gefülltes Hühnchen zu essen. Mit klammen Fingern, doch recht stolz auf meine ungeahnten Fähigkeiten, verließ ich an diesem Tag das Restaurant.
Die ersten Unternehmungen
Viele Asiaten lieben Karaoke, so auch die Koreaner. Für meine internationalen Kommilitonen und mich wurde dies zu einer beliebten Freizeitbeschäftigung. Als wir das erste Mal eine koreanische Karaoke betraten, war ich erstaunt. Statt einer öffentlichen Bühne erwartete uns ein eigenes Zimmer, in dem wir für etwa 15 Euro pro Stunde unter uns bleiben konnten. Ausgestattet mit zwei Mikrofonen stürzten wir uns in den schief singenden Spaß, der von funkelnden Diskolichtern unterstrichen wurde.
Innerhalb der ersten Wochen schlossen wir die Bekanntschaft mit einem koreanischen Pastor, der uns anbot, uns auf Ausflüge rund um die Stadt Pohang mitzunehmen. Von uns internationalen Studierenden wurde dieses Angebot selbstverständlich begeistert angenommen und so standen jeden Mittwochvormittag bis zu 15 Studierende bereit, in seinen 12-Sitzer einzusteigen.
Der erste Ausflug führte uns an den nahgelegenen Chilpo Beach, ein wunderschöner Strand am Ozean. Einige unter uns sahen das erste Mal den Ozean. Noch besser wurde es, als Tische und Stühle sowie ein elektrischer Wasserkocher ausgepackt wurden. Mit Blick auf den Ozean aßen wir Ramen (Instantnudeln). Als wir bei sommerlichen Temperaturen noch eine Runde schwimmen gingen, bildete sich eine Traube von Koreanern, die uns erstaunt und belustigt beobachtete. Später wurden wir darüber aufgeklärt, dass in Südkorea ab September aus Prinzip nicht mehr ins Wasser gegangen wird, da der Sommer dann offiziell beendet ist.
Die ersten Eindrücke und Erlebnisse sind immer etwas Besonderes. Nicht weniger spannend sollten die folgenden Monate meines Auslandssemesters werden, in denen ich eintauchte in eine fremde Kultur, die mich heute in Begeisterung versetzt.
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