In diesem zweiten und letzten Teil meiner Serie zu Sprachtandempartner*innen werde ich folgende Fragen beantworten: Wie kann ein Sprachtandem mir dabei helfen, eine Sprache neu zu erlernen? Was sollte ich vermeiden? Welche Alternativen zu Sprachtandems gibt es, um meine Zielsprache zu üben?
Wie im ersten Teil erklärt, besteht ein Sprachtandem aus zwei Menschen mit unterschiedlichen Sprachkenntnissen, die die Muttersprache des jeweils anderen voneinander lernen wollen. Oftmals haben beide bereits grundlegende Kenntnisse in der Zielsprache, aber das muss nicht immer der Fall sein.
Wie man als Tandem „bei Null“ anfängt
Als ich 2017 mit einem Italienischkurs an der Uni begann, hatte ich als einzige Vorkenntnisse mein fließendes Französisch und meine Grundkenntnisse in Spanisch (was natürlich nicht allzu schlechte Voraussetzungen waren). Trotzdem war ich ein absoluter Anfänger der italienischen Sprache und konnte noch keine Sätze bilden oder Muttersprachler*innen verstehen.
Deshalb trafen meine italienische Tandempartnerin, die ein etwas höheres Deutschniveau hatte, und ich uns und schrieben Dialoge auf – zuerst in der einen, dann in der anderen Sprache. Darin ging es darum, einen Kaffee zu bestellen, Nudeln zu kochen oder das Frühstück vorzubereiten. Wir kommunizierten hauptsächlich in meiner Muttersprache und auf Englisch, was riskant ist – am Ende fanden wir außerdem heraus, dass wir viele gemeinsame Freunde aus der Uni hatten, und am Ende sprachen und schrieben wir hauptsächlich auf Englisch (somit war das Tandem gestorben, aber zumindest die Freundschaft blieb).
Ich würde sagen, dass es vermutlich unvermeidbar ist, eine Drittsprache zu Kommunikation zur verwenden, falls beide Tandempartern*innen absolute Anfänger*innen in der jeweiligen Zielsprache sind. In den meisten Fällen wird der kleinste gemeinsame Nenner Englisch sein. Eine solche Situation habe ich bisher noch nicht erlebt, aber ich denke, dass auch ein solches Tandem hilfreich sein kann, da man sich gegenseitig Vokabeln beibringen kann und beispielsweise mit Übungen zusammen bearbeiten oder sich Dialoge ausdenken kann.
Was ich vermeiden würde
Wer erfolgreich ein Sprachtandem führen möchte, sollte versuchen, auf Fairness zu achten: Damit beide Personen Fortschritte machen können, müssen sie die jeweilige Zielsprache üben. Wenn die andere Person ein höheres Niveau in einer bestimmten Sprache hat, sollte sie sich davon nicht entmutigen lassen. Jede*r darf verlangen, dass die jeweilige Zielsprache ebenfalls gesprochen oder geübt wird. Es ist nur allzu bequem, eine der Sprachen zu wählen, weil das Gespräch in dieser Sprache flüssiger verläuft. Alle Mitglieder*innen des Tandems sollten Geduld aufbringen, auch wenn der oder die Tandempartner*in mehr Zeit braucht, um einen Satz zu bilden oder um über bestimmte Wörter nachzudenken.
Lebenslange Freundschaft ist zwar nicht das primäre Ziel eines Sprachtandems, aber meist ein Nebeneffekt. Wäre Corona nicht gewesen, wäre ich für ein halbes Jahr nach Bogotá, die Hauptstadt Kolumbiens gezogen und hätte die erste Zeit bei der Familie meiner langjährigen kolumbianischen Freundin verbracht, die ich als Tandempartnerin kennengelernt hatte.
Ich empfehle es nicht, eine Tandempartnerschaft mit einer Person fortzusetzen, mit der man sich unwohl fühlt. Eine deutsche Freundin von mir hatte einige Zeit lang einen britischen Tandempartner, der sie unentwegt kritisierte und sich in ihren Erzählungen wirklich nicht nach einer netten Person anhörte. Ich persönlich würde diese Person nicht nur um des Sprachenlernens willen treffen wollen.
Auch wenn es vielleicht übertrieben klingt: Ich empfehle jeder Person, sich vor den Absichten anderer Menschen in Acht zu nehmen. Ich habe die Erfahrung gemacht, Jungen oder Männer als platonische Sprachpartner zu treffen, die mich dann baten, mit ihm ins Kino zu gehen oder mit ihm auszugehen. Das war nicht mit meinen Absichten vereinbar, also habe ich den Kontakt meist abgebrochen. Natürlich gibt es einige Menschen, für die aus Tandempartner*innen mehr wird: ein*e Lebenspartner*in. Es liegt an jedem Individuum, zu entscheiden, ob es für eine romantische Beziehung bereit wäre. Dies gilt für alle Geschlechter!
Alternativen zu einem Tandem mit einer einzelnen Person
Es kann schwierig sein, eine Person zu finden, die genügend Zeit und Motivation hat, sich zum regelmäßigen Sprachunterricht zu treffen. In diesem Fall schafft die App „Tandem“ Aushilfe, bei der man sich registrieren, über die App Nachrichten schreiben und Personen bei Videoanruf kontaktieren kann. Wer sich anmeldet, lässt andere Nutzer*innen auf dem eigenen Profil wissen, welches Sprachniveau in welchen Sprachen bereits erreicht wurde und für welche Zielsprachen Menschen gesucht werden.
Ich habe diese App vor einigen Jahren für zwei Monate benutzt, war aber bald verärgert über neue Leute (vor allem Männer), die mir unerbittlich mit “hi” schrieben – es begann sich wie eine Dating-App anzufühlen. Manche Leute sind auch leicht reizbar, wenn man nicht sofort antwortet. Darüber hinaus liebe ich es, Menschen im wirklichen Leben zu treffen (jetzt, wo wir die Corona-bedingten Einschränkungen erfahren haben, mehr denn je).
Eine andere Möglichkeit, Menschen im wirklichen Leben zu treffen, sind Sprachcafés oder Polyglot-Meetups. Viele Universitäten bieten wöchentlich Sprachcafés an, in denen man an verschiedenen Tischen, verschiedene Sprachen üben oder sich einfach mit Menschen in verschiedenen Sprachen unterhalten kann. Das Gleiche gilt für Polyglot-Treffen, die in der Regel für ein größeres Publikum, also auch für Nichtstudierende, zugänglich sind.
Als ich in Lyon (Frankreich) lebte, nahm ich manchmal an Polyglot-Treffen teil, die über Facebook organisiert wurden. Das sind Zusammenkünfte, die im Freien als Picknick oder in einer Bar abgehalten werden und bei denen normalerweise eine ziemlich große Gruppe anwesend ist. Ich traf dort einmal einen Mann, der sich als junger Professor an meiner Universität herausstellte – das war lustig, aber auch ein wenig unangenehm, weil er einige meiner Kommiliton*innen unterrichtete. Einige Bars oder Kaffeehäuser bieten regelmäßig Sprachenabende an, an denen man teilnehmen kann – zum Beispiel zweimal im Monat einen deutsch-französischen Sprachabend.
Hier in Jönköping (Schweden), wo ich nun seit einem Monat wohne, nehme ich inzwischen einmal pro Woche an einem schwedischen Sprachcafé teil, das in einer internationalen Kirche organisiert wird. Dort sprechen wir ausschließlich Schwedisch – jede Woche zu einem anderen Thema. Da dort sehr viele Menschen aus unterschiedlichen Ländern aufeinandertreffen, ist selbst das Thema Schule interessant und unterhaltsam, denn man merkt, wie unterschiedlich viele Dinge im Ausland gehandhabt werden. Natürlich gibt es auch in Deutschland ähnliche Angebote zum Sprachenüben!
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