Nicht: Wissen ist Macht! Sondern: angewandtes Wissen ist Macht! Deshalb geht es darum, deine Speed-Reading-Kenntnisse in die Praxis zu überführen. Mit einigen sehr einfachen Anwendungen und Übungen wirst du deine Lesefähigkeiten in Zukunft um ein Vielfaches potenzieren!
Der erste Artikel dieser Artikelserie zeigte dir zunächst, wie Speed Reading dein Leben verändern kann und auch, wie du dein Ausgangslevel messen kannst. Hier war es mir wichtig, dir eine kleine Motivation für den Anfang zu geben und die Möglichkeiten des Speed Readings zu unterstreichen. Ich hoffe, dass du also nun bereits weist, mit welcher Geschwindigkeit du bisher liest und welche Relevanz du deiner Lesekompetenz im Allgemeinen beizumessen hast.
Im zweiten Artikel hast du erfahren, warum man überhaupt so langsam liest, wenn es doch auch viel schneller gehen könnte. Die Hauptpunkte habe ich zusammengefasst unter den Stichworten Regression, Subvokalisation und einem zu engem Blickfokus. Damit kennst du nun auch die drei größten Baustellen, an denen du in Zukunft arbeiten willst, um die Geschwindigkeit, wie auch dein Verständnis, beim Lesen zu verbessern.
Damit bist du also angemessen vorbereitet, den entscheidenden Sprung von der Theorie in die Praxis zu wagen. Dafür gibt es entscheidende Übungen und Techniken, die jeder schnell erlernen kann. Im Folgenden wirst du also die wichtigsten ersten Schritte kennenlernen, die dich auf den richtigen Weg bringen werden.
Die optimale Vorbereitung auf das Lesen
Die Vorbereitung auf das Lesen sollte niemals unterschätzt werden. Du hast dich schon in den verschiedensten Lebenslagen kennengelernt und dabei Bewusstseinszustände an bzw. in dir entdeckt, die du vielleicht sogar vorher noch nicht einmal kanntest. Es gibt aber psychologisch gesehen nur eine Kategorie deines Wachheitszustandes, in der du langfristig lernen kannst und in der es überhaupt Sinn macht, Sachlektüre zu lesen. Dieser Zustand, der sich durch positive Gefühle und aktive Anregung äußert, kann durch verschiedene Methoden herbeigeführt werden. Wichtig ist dabei, sich selbst zunächst genau zu studieren. Denn im Zweifel muss eine Über-Erregung (Angst, Stress, Hyperaktivität) abgemildert werden oder eben eine Ruhigstellung verhindert werden, bevor du auf dem Buch noch einschläfst.
Um dich herunterzubringen, kannst du dich durch kreisende Fingerbewegungen selbst massieren. Die Hände, das Gesicht und deine Ohren sind für diese Berührungen besonders empfänglich. Zum anderen kann die richtige Musik deine gesamte Stimmungslage verändern und auch Gerüche (insbesondere Jasmin) können bei aktiver Wahrnehmung deinen Gedankenfluss verstärken. Herauszuheben sind noch kleine Entspannungsübungen, wie zum Beispiel das autogene Training und die progressive Entspannungsübung nach Jacobs.
Auf der anderen Seite steht der Kampf mit der Müdigkeit. Häufig kann ein Schul- bzw. Uni-Tag sehr erschöpfend sein und da werden die Augen bei der abendlichen Lektüre schon Mal schwer. Um dieser Schlappheit zu entkommen greifen viele zu Koffein, was allerdings höchstens kurzfristige Erfolge mit sich bringt. Natürlich ist das Patentrezept in diesem Fall schlichtweg ein ausgewogener Schlaf. Und wenn es dann doch mal kritisch wird, ist Teein empfehlenswerter als Koffein. Indem du dem kleinen Durchhänger dann noch mit etwas Bewegung entgegentrittst, wird das Buch auch bei der folgenden Lesephase nicht zum Kissen, sondern bleibt eine hilfreiche Informationsquelle.
Die Vorausschau für mehr Verständnis
„Gutes“ Verständnis ist gleich angemessenes Verständnis. So musst du eventuell gar nicht jede einzelne Zahl und jeden Namen eines x-beliebigen Zeitungsartikels kennen, sondern dir reicht es einfach, den Kerngedanken verstanden zu haben. An anderer Stelle ist vielleicht jedes Wort oder sogar jede Silbe von großer Bedeutung für dich. Speed Reading befähigt dich zwar, Textinhalte extrem schnell aufzunehmen, aber du wirst dadurch nicht verlernen, solche auch genussvoll und langsam zu lesen. Zu deiner Lesetechnik gehört auch immer die Entscheidung, in welchem Tempo die einzelnen Textabschnitte zu lesen sind. So lese ich ein Gedicht völlig anders als einen Artikel in der Tageszeitung und auch Anfang und Ende eines Textes lese ich zumeist sehr viel dezidierter als den Zwischenteil. Um das richtige Tempo und auch das angemessene Verständnis ermitteln zu können, steht euch die Vorausschau dienlich zur Seite. Doch Vorsicht! Die folgenden Tipps werden dich dazu befähigen, den Kern eines gesamten Buches innerhalb weniger Minuten herauszuziehen. Also wende diese nur an, wenn du ein Buch nicht aufgrund seiner Spannungskurve bzw. des Genusses liest, sondern mehr die Informationsaufnahme in den Fokus deiner Aufmerksamkeit stellst.
Bei Büchern ist die Reihenfolge zur ersten Übersicht recht klar zu strukturieren: Zunächst machst du dir ein Bild von dem Autor. Häufig gibt sein Beruf, sein Studium oder auch seine Herkunft schon einige Aufschlüsse darüber, was im Buch wie behandelt werden wird. Dann der Klappentext. Natürlich dient dieser hauptsächlich der Werbung, aber solange man dies im Hinterkopf hat, kann man aus den wenigen Zeilen trotzdem die thematischen Schwerpunkte erkennen. Dem Erscheinungsort und dem Datum, welche meist ganz vorne im Impressum angegeben sind, sollten wenigstens kurze Aufmerksamkeit gewidmet werden. Denn ob das Buch Dresden 1949, Dresden 1987 oder Dresden 1993 erschienen ist, macht doch häufig einen gewaltigen Unterscheid.
Danach ist das Inhaltsverzeichnis auf die grobe Gliederung und Themenauswahl zu überprüfen. Im Register untersuchst du dann am besten noch kurz, ob auch die für dich zentralen Begriffe aufgelistet sind. Danach kannst du höchstens noch schnell einen Blick auf das Literaturverzeichnis werfen, aber das war es. Damit hast du schon einen recht guten Überblick über das Buch und du wirst überrascht sein, wie viel du eigentlich schon zu dem Werk sagen kannst. Die Krone setzt du der ganzen Vorausschau allerdings noch auf, wenn du Anfang und Ende des gesamten Buches und dann jeweils den Anfang und das Ende der Kapitel liest. Letztlich wirst du damit häufig nach einigem weiteren Durchblättern, die wichtigsten 20 Prozent des Buches gelesen haben, die bekanntlich 80 Prozent des Inhalts ausmachen.
Das tägliche Speed Training
Jetzt aber wirklich zum Speed Reading. Ähnlich, wie es auch schon in meinem Interview mit dem Speed Reader Mirko angeklungen ist, empfehle auch ich für den Anfang eine tägliche Speed-Übung. Gerade um die nötigen Grundlagen zu schaffen, müssen sich deine Augen und deine gesamte Leseeinstellung erst einmal an das Speed-Readen gewöhnen. Dafür ist es notwendig, dass du eisern an einem täglichen Training festhältst. Dieses beinhaltet allerdings nichts weiter als eine fünfminütige Übung, für die du auch nur ein Minimum an Hilfsmitteln brauchst. Du benötigst zunächst wieder einen Fließtext, der ohne Unterbrechungen über Seiten hinweg gut lesbar ist. Zum anderen ist ein Metronom extrem brauchbar, welches du individuell einstellen kannst. Falls du ein solches nicht zur Hand hast, gibt es auch zahlreiche kostenlose Apps für dein Handy, die ein physisches Metronom sehr gut ersetzen können.
Der Spaß an der Speed-Übung ist, dass du während der fünf Minuten letztlich größtenteils gar nicht liest. Eigentlich bewegst du nämlich nur deine Augen über die Zeilen hinweg, ohne die Wörter aktiv zu lesen. Dazu legst du deine Hand, wie oben in dem Bild, auf dein Buch. Dein Blickfokus richtet sich auf die Stelle rechts neben dem Mittelfinger und unmittelbar über dem gekrümmten Zeigefinger. Nun streichst du in dieser Handposition verharrend die Zeilen von links nach rechts entlang und konzentrierst dich immer nur darauf, was in deinem Blickfokus steht. Um noch ein wenig Tempo in die Übung zu bringen, schaltest du noch das Metronom ein. Mit jedem Klick überstreichst du eine Zeile, um gleich zur nächsten überzugehen. Du kannst zunächst einmal mit 60 Schlägen in der Minute beginnen und dich dann weiter steigern. Es geht aber wirklich nicht darum, dass du den Text in Gänze oder auch nur in Teilen verstehst. Ziehe einfach nur gleichmäßig die Hand über die Zeilen und trainiere damit deine Augen, wie auch deine Gewohnheit schnell(er) zu lesen.
Gedanken statt Symbole lesen
Wie schreibst du eigentlich Texte? Wahrscheinlich wie die meisten anderen auch. Ganz am Anfang stehen einige Gedanken, die zunächst nur aus ein paar Worten bestehen, danach feilst du diese ein wenig aus und dann packst du das Ganze in vollständige Sätze und formulierst deinen Text. Die Idee des Speed Readings arbeitet genau mit dieser Erkenntnis zu deinem Schreibprozess. Denn nicht nur du schreibst so, sondern höchstwahrscheinlich auch der Autor des von dir zu lesenden Textes. Du musst einfach nur den Weg des Schreibprozesses rückwärtsgehen und du gelangst wieder zu den wenigen Grundgedanken des Autors. Deshalb kannst du viele lästige Satzkonstruktionen einfach ignorieren und kannst gleich die Kernaussage herausfiltern. Zudem bedeutet dies, dass du dich nicht einfach passiv von dem Text berieseln lässt, sondern aktiv auf die Suche nach seinen Kernaussagen gehst. Und das natürlich nicht mit der Lupe, sondern mit dem Weitwinkelobjektiv.
Um den Grundgedanken des Autors aufzuspüren, musst du auf Sinnsignale achten. Das sind sozusagen Leuchtturmwörter, die den Text um sie herum mit ihrer Bedeutung ausleuchten. Und schon mit diesen wenigen Wörtern eines Textes wirst du auf erstaunlich viel Inhalt zurückschließen können. Sinnsignale findet man zum einen natürlich durch viel Erfahrung. Jeder Autor besitzt in dieser Hinsicht seine ganz speziellen Angewohnheiten. Zum anderen kann man auch einige Faustregeln auf der Sinnsuche anwenden. So ist hauptsächlich auf die Substantive (Hauptwörter) und Verben (Tätigkeitswörter) zu achten und grob gilt auch die Regel: Umso länger ein Wort ist, umso wichtiger ist es auch. Häufig stehen vor besonders sinntragenden Wörtern auch hinweisende Wörter, wie zum Beispiel: „Hervorzuheben ist…“, „Wichtig…“, „Zusammenfassend…“ Nach und nach wird dir diese Art Texte zu lesen aber auch immer leichter fallen. Das ständige Ausprobieren der eigenen Möglichkeiten, ist dafür die einzige Voraussetzung. Nimm dir die einzelnen Methoden und Tipps einzeln vor und teste sie am besten gleich beim nächsten f1rstlife-Artikel aus! Viel Spaß beim Lesen … oder sollte ich sagen: Bücher verschlingen?!
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