Im Jahre 1958 ging Sony an die Börse. Seither ist kein Jahr vergangen, in dem der japanische Elektrokonzern seinen Aktionären keine Dividende auszahlte. Dass Sony nun eben diese streicht, zeigt wie bitter ernst die Lage ist. Während sich Wettbewerber längst von der im Jahre 2008 ausgelösten Wirtschaftskrise erholt haben, kommt der Mischkonzern aus Tokio seither überhaupt nicht mehr in die Spur und schreibt Jahr für Jahr rote Zahlen. Die Konkurrenz, gerade aus China und Südkorea, eroberte den Markt mit vergleichbaren Produkten zu wesentlich günstigeren Preisen.
Zudem bekommt Sony zu spüren, dass es viele Trends einfach verschlafen hat. Und so befindet sich der 1946 gegründete Konzern in einem gefährlichen Abwärtsstrudel. Aktuell stuft die Ratingagentur Moody’s die Kreditwürdigkeit des Unternehmens auf Ramsch-Niveau ein. Da dürfte die jüngst ausgegebene Gewinnwarnung nicht allzu sehr verwundern. Allerdings hievt ihre Drastik die Sony-Krise auf ein neues Level: So soll sich der Nettoverlust im laufenden Geschäftsjahr bis Ende März von 50 Milliarden Yen auf 230 Milliarden Yen erhöhen. Das entspricht 1,65 Milliarden Euro – eine Vervierfachung zum bisherigen Plan.
Keiner kauft Sony-Smartphones
Schuld daran ist laut Unternehmensangaben die Mobilfunksparte, in der 1,3 Milliarden Euro abgeschrieben werden müssen. Sony erwartet den Verkauf von deutlich weniger Smartphones. Für das laufende Geschäftsjahr senkten die Japaner ihre Prognose von 50 auf 43 Millionen Geräte. Die Ursache dafür könnte der Preis sein. Zwar sind die Geräte qualitativ hochwertig – speziell die Xperia-Smartphones werden von Experten insbesondere wegen ihrer hochauflösenden Displays, der guten Kamera und wegen des überzeugenden Designs gepriesen – dafür sind sie auch dementsprechend teuer. Das gilt auch für Smartphones der mittleren Preiskategorie.
Und so greifen viele Verbraucher lieber zur Konkurrenz mit einem besseren Preis-Leistungsverhältnis. Derzeit liegt Sony, das bei Smartphones auf das Google-Betriebssystem Android setzt, weltweit nur auf Platz neun in der Hitliste der Smartphone-Verkäufer. Als Reaktion will der japanische Elektroriese künftig sein Angebot im mittleren Preissegment reduzieren und sich auf Premium-Smartphones fokussieren. Außerdem planen die Tokioer neue Kunden durch wasserdichte Geräte mit längeren Akkulaufzeiten zu ködern.
Innovationen für eine bessere Zukunft
Auch im Bereich der Datenbrille plant Sony eine große Offensive. Der jüngst präsentierte Prototyp der „Smart Eye Glass“ soll in baldiger Zukunft alltägliche Fragen beantworten können. Funktionieren soll die Brille nur in Verbindung mit einem Android-Gerät, das mit dem Internet verbunden ist und auf dem die Apps laufen. Ob es sich dabei um ein Smartphone oder Tablet handelt, ist egal. Datenbrille und Android-Gerät kommunizieren per WiFi und Bluetooth. Im Gegensatz zur „Google Glass“ weist das Sony-Modell erhebliche Unterschiede im Bereich des Displays auf. So hat die „Smart Eyeglass“ keinen kleines Bildschirm oben rechts im Blickfeld, sondern normale drei Millimeter dicke Brillengläser, auf die die Inhalte projiziert werden.
Mit einer Kombination aus einem kleinen Projektor und einem Hologrammsystem bringt Sony die Informationen vom Smartphone auf das rechte Brillenglas. Dort erscheinen sie in grüner Farbe und erwecken den Eindruck, etwa zwei Meter vom Auge entfernt zu sein. Allerdings erfordert die Bedienung der Datenbrille eine Fernbedienung, die per Kabel mit dem Gestell verbunden ist. Wann die Brille erhältlich sein wird und zu welchem Preis, ist derzeit noch unklar.
Umstrukturierungen dringend nötig
Ob diese Innovationen allerdings reichen, um endlich die Trendwende einzuleiten, ist mehr als fraglich. Zwar betont die Unternehmensführung, dass der Bereich der mobilen Kommunikation der einzige Faktor für die höhere Verlustprognose im Geschäftsjahr sei. Doch die Probleme liegen insgesamt viel tiefgreifender. Sony ist ein typischer japanischer Mischkonzern mit zu vielen unprofitablen Geschäftsbereichen.
Dennoch hält die Unternehmensführung an alten Strukturen fest, und ist nicht dazu bereit sich gesundzuschrumpfen. Hypothetisch gesprochen könnte Sony auf einen Schlag einen Börsenwert von knapp 30 Milliarden US-Dollar erreichen, wenn sich das Unternehmen von allen Bereichen, die einen operativen Verlust aufweisen, trennen würde. Anstatt komplett auf die gesunden Sparten (Entertainment und Finanzen) zu setzen, beharren die Japaner aber auf dem Großkonstrukt und nehmen einen niedrigeren Börsenwert – rund 20 Milliarden Dollar – in Kauf.
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