Was alles passieren kann, wenn man Nachrichten nicht nur an sich vorbeiziehen lässt, sondern anfängt, zu handeln, zeigt die Initiative „Siegburg Hilft e.V.“. Der gemeinnützige Verein setzt sich für Menschen ein, die in unserer Gesellschaft oft übersehen werden. Das ist der Hintergrund.
Der ehemalige Losbuden-Truck steht am Ende der Straße hinter einem grünen Zaun. Irgendjemand schmeißt den Generator an und die verhaltene Stille, die von der Dunkelheit ausgeht, verschwindet gemeinsam mit ihr, als die Lichter angehen. Auf dem kleinen Platz hinter den Firmengeländen bricht geordnet-chaotische Hektik aus. Bierbänke werden aufgebaut, Autos fahren auf den Platz, Kisten werden ausgeladen, Produkte werden einsortiert. Heute ist Tag der Essensausgabe in Siegburg.
Alles fing mit einer Nachricht an, die von einem erfrorenen Obdachlosen in Hamburg berichtete. Die Nachricht berührt Angela Holtmann, Gründerin des Vereins Siegburg e.V., und sie beschließt kurzerhand, zu handeln. Was als Facebook-Aufruf startete, ist heute ein organisierter Verein, der sich für Menschen einsetzt, die in unserer Gesellschaft oftmals einfach übersehen werden. Dazu zählen für die Freiwilligen des Vereins jedoch nicht nur Bedürftige, sondern auch Kinder und Senioren.
Für diese gibt es gesellschaftliche Angebote, die in einer ehemaligen Gaststätte, die nun der Verein übernommen hat, stattfinden. Von Bingo-Abenden über Nähkursen und einem Repair-Café ist alles dabei. Es soll ein sozialer Treffpunkt sein für Menschen, die sich einsam fühlen oder für die es sonst nur wenige Angebote gibt. Aber vor allem soll es ein Startpunkt sein, von dem aus sich viel entwickeln kann, neue Freundschaften entstehen können, neue Interessen entdeckt werden oder schlicht ein Teufelskreis von niemals rausgehen durchbrochen werden kann.
Bis zu 90 Bedürftige kommen zur Essensausgabe
Vor dem Zaun, warten bereits geduldig die ersten Ankömmlinge, während auf dem Platz noch die letzten Vorbereitungen getroffen werden. Neben einer warmen Mahlzeit gibt es auch Lebensmittel, Hygieneartikel und Kleidung. Manchmal kommen bis zu 90 Personen zur Essensausgabe. Heute ist es jedoch eher ruhig.
„Wir wollen eine erste Anlaufstelle sein“, sagt Angela Holtmann. Dabei ist den Freiwilligen vor allem wichtig, auf einer persönlichen Ebene eine Verbindung mit den Betroffenen aufzubauen. Vielen Menschen fällt es anfangs schwer, Hilfe anzunehmen. Daher kann es nur funktionieren, wenn auch Vertrauen da ist.
Siegburg hilft e.V. wird komplett durch Spenden finanziert. Etwa zwanzig Freiwillige arbeiten mittlerweile dort – alle ehrenamtlich. Acht von ihnen stehen an diesem Abend hinter den Tischen, auf denen die Lebensmittel liegen, im Truck, um die Produkte herauszugeben oder mit einer Schöpfkelle an der Essensausgabe. Sie nehmen sich Zeit, die richtigen Lebensmittel für einzelne Personen herauszusuchen. Es herrscht eine familiäre Atmosphäre und im gelben Licht des Trucks setzen sich die ersten Besucher und Besucherinnen mit ihren Tellern hin, um gemeinsam zu essen. Heute gibt es Spätzle mit Geschnetzeltem in Soße.
Motivation hinter dem Engagement der Freiwilligen
Es ist kräftezehrend, all das zu organisieren, genügend Spenden zusammen zu bekommen und die Zeit zu investieren, die nötig ist, um den Menschen gerecht zu werden. „Alte Menschen, die meine Hand nehmen und sagen: „Es ist so schön hier, ihr müsst weitermachen, dann ist das ein Grund, nicht aufzuhören“, erzählt Angela Holtmann. Denn man gibt nicht nur, man bekommt auch viel zurück. Zu sehen, dass einige der Menschen, die früher obdachlos waren, nun im betreuten Wohnen sind, ist Motivation genug, weiterzumachen. „Jeder kennt uns und jeder versucht, zu helfen“, lächelt Angela.
Vor mir umarmt ein Mann, der regelmäßig zur Essensausgabe kommt, eine der Freiwilligen.
Und dann ist es auch schon vorbei. Die restlichen Lebensmittel werden wieder eingepackt, der Truck aufgeräumt, die Läden geschlossen, der Generator verstummt und so plötzlich wie alles angefangen hat, liegt der Platz nun wieder im Dunkeln. Das letzte Auto fährt davon und der grüne Zaun wird geschlossen.
Als ich nach Hause fahre, bin ich gerührt von dem Umgang aller Menschen dort miteinander. Es ist wahrlich, wenn auch nur für kurze Zeit, ein sicherer Ort, an dem alle sich wohlfühlen können. Ich denke darüber nach, wie einfach es ist wegzusehen oder dorthin zu sehen, wo das Leid weit weg ist. Aber es ist direkt vor uns, in unserer unmittelbaren Nähe, dass Menschen Hilfe benötigen, die wir geben können. Wenn wir in unserem eigenen Umfeld anfangen, können wir viel bewirken. Und manchmal reicht auch schon ein erster Schritt.
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