Dieser Beitrag erscheint im Rahmen unserer Diskussionsreihe “Schlagabtausch”. Lies hier den anderen Schlagabtausch-Artikel zum Thema: “Schlagabtausch: Die Zeiten des Autos nähern sich ihrem Ende!“
Deutschland ist ein Autoland. Hast du schonmal auf dem Parkplatz nach deinem Wagen gesucht? Kam dir dabei der Gedanke: „Wo stehe ich denn?“ in den Sinn? Das Auto als Identifikationsfigur. Es ist ein treuer Begleiter auf unseren Wegen und spielt eine immens wichtige Rolle in unserem Leben. Und dennoch darf es nicht unsere Zukunft sein. Denn…
… jede Autofahrt kann Menschenleben kosten.
Ein Auto kann, nach Angaben der Bayerischen Staatszeitung, zum Geschoss werden. So geschieht es immer wieder, wenn Menschen ihr Auto als Waffe missbrauchen. Zusätzlich sterben jedes Jahr unzählige Menschen bei Unfällen im Straßenverkehr im Zusammenhang mit Autos. Nicht immer ist der/die Autofahrer/in schuld. Aber häufig. Geschädigt wird dann meist der/die Schwächere, also Fußgänger oder Fahrradfahrer.
Denn in der Karosserie ist man geschützter, richtet aber gleichzeitig mehr Schaden an. Jede eingesparte Autofahrt verringert somit die Wahrscheinlichkeit auf einen Unfall. Die genauen Zahlen, aufgeschlüsselt in Tabellen und grafischen Darstellungen, kannst du auf der Website des Statistischen Bundesamtes einsehen.
… jede Fahrt schädigt die Umwelt.
Benziner und Dieselwagen pusten bei jeder Fahrt Unmengen an Schadstoffen in die Luft. Einige mögen nun einwenden, dass die Technologie doch vieles auffange. Moderne Verbrenner können viele Schadstoffe filtern und die Verbrennung ist auch immer effizienter geworden, so stellte es der Verband der Automobilindustrie 2014 heraus. Gleichzeitig tummeln sich jedoch immer mehr und schwerere vierrädrige Exemplare, davon mittlerweile auch einige mit Stromantrieb, auf unseren Straßen. Der Technologieeffekt wird durch diese Zunahme leider relativiert. Jede einzelne Fahrt schadet der Umwelt mehr.
Dazu kommt, dass Autofahren verhältnismäßig günstig ist. Auch wenn zu den Sprit- oder Strompreisen noch die Anschaffungs-, Instandhaltungs- und Reparaturkosten, sowie Steuern, Versicherung und Parkgebühren kommen. Der Preis, den die Umweltverschmutzung verursacht, zahlen noch nicht wir. Er wird sich jedoch in zukünftigen Klimakatastrophen zeigen. Dabei wird der eingesparte Betrag nicht eins-zu-eins übertragen, sondern die Umwelt wird kräftig Zins nehmen und ihn der Menschheit doppelt und dreifach in Rechnung stellen. Schon allein aus diesem Grund sollte jeder den Wagen häufiger stehen lassen und langfristig ganz auf Sharing-Modelle beziehungsweise Optionen ohne Auto umsteigen.
… erst das Auto ermöglicht weite Wege.
Lebst du auf dem Land oder bist du dort aufgewachsen? Dann hast du bestimmt gerade mit dem Kopf geschüttelt. Ohne eigenes Auto? Das geht doch gar nicht: Der nächste Bäcker ist fünf Kilometer entfernt. Der Supermarkt sogar sieben Kilometer. Von der Schule fährt nach der neunten Stunde kein Bus mehr nach Hause und zum Schwimmtraining kommt man auch nur mit dem Auto. Zwölf Kilometer mit dem Fahrrad und zurück mit nassen Haaren im Dunkeln an der Landstraße, wo die Autos mit 100 Kilometer pro Stunde längsbrettern.
So verrückt ist doch keiner. Das stimmt. So geht es nicht. Wenn das Auto das Hauptverkehrsmittel ist, werden mögliche Alternativen leicht als zweite Wahl behandelt und wegen vermeintlicher Irrelevanz nicht gefördert: Das Fahrrad sei für weite Überlandstrecken zu langsam. Ja, aber mit einem Pedelec oder der Kombi Fahrrad-ÖPNV lassen sich auch längere Strecken gut bewältigen. Und es sei gefährlicher. Das stimmt nur, wenn es weder von der Straßenplanung noch von den Autofahrern mitgedacht wird. Wie sicherer Radverkehr gelingen kann, zeigt zum Beispiel unser Nachbarland, die Niederlande, wo man besonders schön Radfahren kann. Wer über das Auto hinaus denkt, macht es ersetzbar.
… wir können uns gute Alternativen schaffen.
Es gab Zeiten, da waren in Deutschland auch viele Dörfer und Kleinstädte an das Eisenbahnnetz angeschlossen. Und fast überall gab es kleine Läden, in denen man alles für den täglichen Gebrauch bekam , ohne lange durch die Gegend fahren zu müssen. Da hatten nur wenige Menschen ein Auto und sie brauchten es auch nicht. Diese Zeiten können wiederkommen, wenn wir genügend Druck machen. Das bedeutet nicht, wieder auf Pferdekarren umzusteigen, sondern eine Vielzahl von Fortbewegungsmitteln zu stärken, die sich ergänzen. So muss neben dem Radverkehr auch der ÖPNV weiter ausgebaut werden.
Das nützt nicht nur denen, die vom Auto auf Alternativen umsteigen wollen, sondern auch allen Nicht-Autofahrern, die durch die gesellschaftliche Fokussierung aufs Auto auf vieles verzichten müssen. Dazu gehören Minderjährige ohne Führerschein, aber auch Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen oder aufgrund nachlassender Reaktionszeiten im Alter aufs Auto verzichten wollen oder sogar müssen. Natürlich kosten diese Veränderungen Geld. Doch sie können durch eine faire Bepreisung des Autoverkehrs gegenfinanziert werden. Auf diese Weise wird das Klima geschont, wir müssten täglich weniger Zeit allein im Auto verbringen und Mobilität wird inklusiver und sicherer für uns alle.
Politisches Engagement für bessere Mobilitätsalternativen
Ein Umstieg, weg vom Auto, wird nicht für jeden von uns sofort möglich sein. Doch wir alle können Druck auf die Politik und die Wirtschaft ausüben, damit die Mobilitätsalternativen in Zukunft gute Alternativen sein werden. Dazu kannst du fürs Klima allgemein streiken und dich in Umweltverbänden engagieren. Genauso kannst du Verbände stärken, die zum Beispiel das Fahrrad oder den ÖPNV in Deutschland verbessern wollen.
Du kannst dich persönlich an die Abgeordneten deines Wahlkreises oder deine Kommunalpolitiker wenden oder selbst in Parteien und in der Politik aktiv werden. Außerdem beeinflusst du jeden Tag mit, welches Angebot für Mobilität nachgefragt wird. Als Konsument kannst du mit deinen Entscheidungen steuern, ob es sich in Deutschland mehr lohnt, das Auto zu fördern oder eine Alternative. Jede einzelne Fahrt zählt.
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