Zum Thema: Um die Wirtschaft nach den Ausgangssperren wieder zum Laufen zu bringen, gibt es seit Mai 2020 für Unternehmen die Möglichkeit, auch sonntags zu öffnen. Manche Vertreter aus Politik und Wirtschaft fordern seit Jahren ein Umdenken für mehr Flexibilität der Kunden und Mitarbeiter, ist dies gerechtfertigt? Unsere Streitfrage: Sollte Arbeiten am Sonntag generell erlaubt werden?
PRO: Tatsächlich ist „Arbeit am Sonntag“ schon heute Alltag! Für viele Arbeitnehmer stellt ein arbeitsfreier Sonntag ein Privileg dar. Pfleger, Bäcker, Bademeister, Gastronomen, Reinigungskräfte, Polizisten, Köche und viele Mitarbeiter in der Gesundheitsbranche und im Tourismus müssen Sonntag für Sonntag arbeiten. Dazu kommen noch die „verkaufsfreien Sonntage“ im Einzelhandel. Am Fließband von BMW und Daimler beginnt die erste Wochenschicht ebenfalls am Sonntag um 22.00 Uhr. Machen wir uns also nichts vor: Arbeit am Sonntag ist bereits vielerorts Realität!
CONTRA: Allerdings müssen längst nicht alle Arbeitnehmer sonntags arbeiten! Die Sonntagsarbeit ist in jenen Bereichen Realität, wo die grundlegende Versorgung von Bürgerinnen und Bürger gewährleistet sein muss. Sinn und Zweck der Sonntagsruhe ist der Schutz der Familien. Die Familie ist ein hohes Gut für jeden Einzelnen aber auch für die Gesellschaft als solche. Nicht umsonst steht die Familie unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes. An einem Sonntag können die Familien zusammen den Tag verbringen. Oft kommen die Eltern unter der Woche spät nach Hause und sehen ihre Kinder gar nicht mehr, außer morgens am Frühstückstisch. Der Sonntag ist als allgemeiner Ruhetag ideal, um den Familien eine Möglichkeit zu gewährleisten, sich auszuruhen und gemeinsame Aktivitäten zu unternehmen. Damit erfüllt der Sonntag auch eine Schutzfunktion für Familien.
Pro: Natürlich tut der Sonntag dies. Es ist aber nicht wichtig, ob die Familie ausgerechnet am Sonntag zusammen Zeit verbringt oder an einem Nachmittag in der Woche oder am Samstag. Gegenüber den Familien mit schulpflichtigen Kindern bietet sich der Sonntag an, aber was ist mit allen anderen? Vielleicht wollen manche Arbeitnehmer lieber mittwochs oder donnerstags frei haben, um am Vorabend in Ruhe Champions League oder Germany’s Next Topmodel zu schauen. Wer soll da entscheiden, was besser ist: Sonntag oder Mittwoch?
Zudem kann jemand, der unter der Woche viel arbeitet und Überstunden leistet, längst nicht alle Termine wahrnehmen. Viele Banken arbeiten beispielsweise von 8.00 bis 16.00 Uhr – wie kann ein durchschnittlicher Arbeitnehmer persönlich beraten werden, ohne dafür extra freizunehmen? Arbeit am Sonntag bedeutet mehr Flexibilität und Individualität für alle!
Contra: Wem kommt denn diese Flexibilität zu Gute? Wenn wir z.B. in die USA oder Russland blicken, dann sind die negativen Auswirkungen auf die Menschen eindeutig sichtbar. Ein Mensch mag zwar mehr Flexibilität und Individualität durch eine Sonntagsöffnung gewinnen, aber ein anderer wird dadurch eingeschränkt. Ist das so schwer, einmal pro Woche aufs „Shoppen“ zu verzichten?
Pro: Wenn alle das so sehen würden, hätten wir diese Debatte wohl nicht geführt. Es geht hier auch darum, was für die Arbeitnehmer und die Firmen wichtiger ist. Wenn Konsumenten freiwillig auf den Sonntagseinkauf verzichten wollen, rentiert sich das Geschäft nicht und die Läden bleiben halt zu. Sollte es sich aber lohnen, haben sowohl die Mitarbeiter und die Firma einen Vorteil in Form von Gehalt und Gewinn. Vermehrt könnten Mitarbeiter, die gerne zusätzlichen Lohn am Sonntag einstreichen, eingesetzt werden. Insbesondere Schüler und Studenten bekommen so die Möglichkeit, unter der Woche in der Schule und in der Universität zu sein und am Wochenende zu arbeiten. Zudem können Kunden lange Schlangen beim Einkaufen und damit Stress reduzieren, indem sie sonntags einkaufen gehen. Wirtschaftlich können somit Kunden, Mitarbeiter und Firmen profitieren – noch Einwände?
Contra: Wir haben bereits längere Ladenöffnungszeiten, morgens früh oder spätabends ist auch wenig los in den Supermärkten. Erfahrungsgemäß sind die Warteschlangen an einem verkaufsoffenen Sonntag sehr, sehr lang. Auch die Bäcker, ein wichtiges Handwerk in unserer Gesellschaft, würde mit Einbußen rechnen. Schließlich würden dann mehr Menschen ihre Sonntagsbrötchen beim Discounter kaufen, auch das führt zu mehr Stress und mehr Warteschlangen.
Schließlich ist der Sonntag ein christlicher Feiertag. Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 Weimarer Reichsverfassung schützt den Sonntag als gesetzlichen Feiertag. Der Sonntag dient der seelischen Ruhe und der Arbeitsruhe. Die Historie des Art. 139 WRV ist bemerkenswert, er wurde hart erkämpft. Nicht ohne Grund haben die Mütter und Väter des Grundgesetzes diesen Art. direkt ins Grundgesetz übernommen.
Pro: Unsere Gesellschaft basiert zweifelsohne auf christlichen Werten – muss das aber weiterhin für den Alltag der ganzen Bevölkerung gelten? Heutzutage bezeichnen sich die meisten Menschen in Deutschland als Atheist – Katholiken, Evangele, Muslime, Juden und Hinduisten feiern ihre Glaubensfeste an verschiedenen Tagen. Warum sollte ein Muslim nicht freitags frei haben – insofern er das will – oder ein Jude am Samstag? Jeder sollte selbst bestimmen, wann es ihm oder ihr besser passt.
Und was denkst Du? Sollte Arbeiten am Sonntag generell erlaubt werden?
Die Verlinkung im Text entstand in freundlicher Kooperation mit unserem externen Autor von umzug-berlin.
Lars
Es würde auf jeden Fall der Wirtschaft in der aktuellen Phase helfen.
Leo Jonson
Auf jeden Fall wird es sowohl für die Mitarbeiter als auch für die Unternehmen von Vorteil sein.
Bobby Stojanovic
Sie haben diesen Blog auf eine sehr bequeme Weise geschrieben. Gut gemacht!
O.Toktas
Alles sehr schön und auf sehr ethische Weise erklärt.
Monika Theves
Ich finde, dass der Sonntag grundsätzlich frei bleiben sollte. Das ist ein Tag für die Familie und für persönliche Themen. Es darf natürlich Ausnahmeregelungen geben wie die verkaufsoffenen Sonntage. In manchen Berufen muss auch sonntags gearbeitet werden (Krankenhaus, Feuerwehr etc.).