Dieser Beitrag erscheint im Rahmen unserer Diskussionsreihe “Schlagabtausch”. Lies hier den anderen Schlagabtausch-Artikel zum Thema: “Schlagabtausch: GLaube, Liebe, Hoffnung – SO ist natürlich Hoffnung für die Kirche!”, um Dir eine eigene Meinung aus den Argumenten zu bilden.
Reicht es aus, zu glauben, um in der Kirche zu bleiben? Ich möchte euch dazu anregen, laut zu werden und für die Werte einzustehen, die deinen Glauben auszeichnen. Denn nur gemeinsam können wir die Institution Kirche verändern. Ein Kommentar.
Ja, ich glaube! An „Gott“ oder eine „Göttin“? Eine Energie, einen Geist, ein Wesen? Wenn ich so darüber nachdenke, ist es mir völlig egal, wie „es“ heißt und wie wir Menschen versuchen, „es“ zu definieren. Ich glaube, weil es mir Halt gibt, mir persönlich guttut. Und das, ehrlich gesagt, ohne sonntags in die Kirche zu gehen.
Dafür gibt es viele Gründe. Ich fühle mich in Kirchenräumen eigentlich immer geborgen. Eine ruhige und friedvolle Stimmung umgibt mich dort. Jedoch wird diese immer mehr davon gestört, dass ich nachdenklich werde, ob ich diese Institution noch unterstützen möchte. Ein Besuch im Kölner Dom vor einer Woche hat mir nochmal klar gemacht, dass ich mich damit auseinandersetzen muss.
Wusstest du, dass dort in den Fenstern noch Bilder von der Judendiskriminierung verarbeitet sind, an der sich die Kirche zeitweise beteiligt hat? Und das ist nicht das Einzige, was die Institution (katholische) Kirche dringend öffentlich aufarbeiten sollte!
Die Frustration derjenigen, welche die Kirche verändern möchten
Ich bin mit dem Glauben und der christlichen Kirche groß geworden. Meine Mutter ist evangelisch, mein Vater katholisch getauft. Ich bin also ökumenisch aufgewachsen und kann mich an viele Kindergottesdienste erinnern. Durch das Engagement meiner Mutter in der evangelischen Gemeinde waren wir häufig dort. Sie war jahrelang im Kirchenvorstand, hat versucht, sich viel einzubringen.
Doch in den letzten Jahren kam sie nach den Sitzungen häufig frustriert nach Hause. All ihre Einbringungen (die Inhalte der Bibel „zu leben“, proaktiv, engagiert, gesellschaftlich einmischend für mehr Artenschutz, Umweltschutz, Fairen Handel, Seelsorge-Besuche bei Geflüchteten etc.) wurden von anderen Mitgliedern mit dem Wunsch, alles solle so bleiben wie sie es kennen, nicht angenommen. Sie ist im letzten Jahr frustriert nach 24 Jahren Vorstandmitgliedschaft nicht mehr angetreten.
Das ist eines der Probleme, die ich mit der Institution Kirche momentan habe. Sie ist häufig nicht offen genug für nötige Veränderungen. Ich wünsche mir eigentlich eine Institution, die nicht nur offen ist, sondern sogar mit gutem Beispiel voran geht und für uns, die Gläubigen, bedingungslos da ist und uns bei unseren Problemen in unserem Alltag abholt (und nein, ein Gottesdienst sonntagmorgens mit einer langweiligen Liturgie gehört nicht dazu!).
Wann steht die Kirche endlich voll hinter ALLEN? – Anerkennung von homosexueller Liebe
Als nächstes Problem hätten wir da das Thema „Homosexualität“ oder sagen wir mal allgemeiner „andere Lebensformen/Beziehungen als Mann & Frau“. Ja, das Thema möchte vor allem die katholische Kirchenführung nicht gerne sehen. Jedoch gibt es auch in der katholischen Kirche Priester, die dort mit gutem Vorbild vorangehen.
Meine Gedanken zu diesem Thema: Liebt Gott nicht alle Menschen gleich, egal wen, wie viele oder wie häufig sie lieben? Oder habe ich das, was in der Bibel steht und im Kindergottesdienst erzählt wird, falsch verstanden? Wieso beschützt, nein sogar bestärkt, unsere Kirche nicht alle Menschen genauso, wie sie sind? Wieso geht sie nicht mit gutem Beispiel voran? Es ist traurig, (wenn auch wirklich super stark!!!) dass sich Menschen aus der katholischen Kirche zusammentun mussten und sich öffentlich im Fernsehen outen mussten. Der Vatikan sagte noch letztes Jahr, dass solche Beziehungen nicht Gottes Wille seien.
Welcher Mensch dieser Welt nimmt sich eigentlich das Recht heraus, entscheiden zu dürfen, was wirklich „Gottes Wille“ ist? Hierzu sei anzumerken: Der Vatikan besteht auch nur aus Menschen – und zwar nur aus älteren Männern (Nein, ich habe wirklich nichts gegen Männer 😉, nur repräsentieren sie für mich nicht den Durchschnitt unserer weltweiten Bevölkerung)! Der Gott (oder so ähnlich), an den ich glauben möchte, der liebt alle Menschen genauso, wie sie sind. Davon mal abgesehen, dass es im Tierreich diese verschiedenen Lebensformen ganz natürlich gibt. Und soweit ich mich erinnere, ist auch dieses von Gott geschaffen worden, so wie er es sich gewünscht hat.
Frauen-Power in der Kirche – Da geht noch mehr!
Ein weiteres daran anschließendes Thema ist die Gleichstellung von Mann und Frau in der katholischen Kirche (und anderen Glaubensgemeinschaften). Ich bin davon überzeugt, dass die Unterordnung der Frauen dort rein geschichtlich begründet werden kann, denn mit logischem Menschenverstand fällt mir einfach kein anderer sinnvoller Grund ein. Liebe Kritiker*innen, nur weil eine Sache vermeintlich „immer schon so war“ heißt das nicht, dass man sie nicht ändern kann 😉. Ich habe einen großen Respekt vor allen Frauen, die sich im Bündnis „Maria 2.0“ zusammengetan haben und sich dagegen engagieren, anstatt das Handtuch zu schmeißen und auszutreten.
Aufarbeitung der Missbrauchsskandale
Was für mich gar nicht geht, ist, dass die Kirchen in Deutschland immer noch keine klaren Konsequenzen gezogen haben in Bezug auf die dort aufgetretenen Missbrauchsfälle gegenüber Kindern und Jugendlichen. Das ist einfach unentschuldbar und kann mit gar nichts gerechtfertigt werden!
Die Verantwortlichen gehören zur Rechenschaft gezogen und zwar auch vor dem deutschen Gericht. Und liebe katholische Kirche, bitte diskutiert doch einmal ernsthaft das Zölibat! Ich habe es schon als Kind nicht verstanden. Meine damalige Frage an meine Eltern: Wenn die Priester keine Familie haben können, wie sollen sie denn dann uns, als Familie, verstehen, um uns seelsorgerlich beizustehen?
Was nun: Aussteigen oder für eine bessere Kirche einstehen?
Die Frage ist natürlich jetzt: Was machen wir? Treten wir alle aus, um Kirchensteuern zu sparen und der Institution zu zeigen, dass es so nicht geht? Das ist natürlich eine Möglichkeit. Ich würde mir aber lieber wünschen, dass wir, als Jugend, für eine Modernisierung dieses Systems eintreten – zum einen des Sys-tems Kirche und zum anderen des der Finanzierung dieser. Denn die Kirchensteuern schaffen, meiner Meinung nach, einen falschen Anreiz.
Es gibt unglaublich engagierte, großartige Gemeinden mit tollen Pfarrer*innen, davon brauchen wir eindeutig mehr! Wieso machen wir es nicht einfach so, dass ich, als Gemeindemitglied, meiner Gemein-de direkt Geld spende, wenn ich von ihrer Arbeit überzeugt bin. Ich zahle ja auch einen Mitgliedsbeitrag an meinen Sportverein, nicht zentral an alle Sportvereine Deutschlands (wenn er denn auch das bietet, was ich suche!).
Ich möchte keinen Prunk oder Protz und verstaubte Vergangenheitsbilder mitfinanzieren. Was ich mir wünsche, ist stattdessen eine Institution, die eine Vorreiterrolle einnimmt: Sozial, in-tegrierend, gemeinschaftsbildend, offen für alle und naturschützend! Und eine solche proaktive Institution, brauchen wir heute dringender denn je!
Liebe Pfarrer:innen und Priester (und alle anderen Angestellten der Kirche), wenn ihr möchtet, dass eure Institution noch länger bestehen bleibt, geht voran und predigt nicht nur, sondern lebt es vor. Wir stehen hinter euch und freuen uns über jeden neuen Weg, den ihr geht!
Quellen und Material zum Weiterlesen
Thema Judenverfolgung in der Kirche: Aktuelle Ausstellung im Kölner Dom (besucht am 03.06.22)
Thema Homosexualität: Outing in der katholischen Kirche
Webseite von Maria 2.0: https://www.mariazweipunktnull.de/
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