Auf Fußballstammtischen würden angebliche Fußballpropheten dem Fragenden die Weisheit auf Tellern servieren: Lückenhafte Abwehr, abschlussschwacher Sturm, charakterloser Trainer, mangelnder Teamgeist oder fehlende Fanunterstützung. Aber was ist wirklich hilfreich? Im Unterholz des Ballsportdickichts wollen wir uns mit wachsamen Augen auf die Suche nach dem Überlebensgeheimnis der Erstligavereine machen.
Für viele Anhänger ist bei ausbleibendem Erfolg nicht die Mannschaft, sondern der Trainer am Abstieg Schuld. Deswegen wird das einzig Logische gemacht: Der Übungsleiter wird gefeuert. Mit dem entschwundenen Lehrmeister werden auch alle Probleme unter den Tisch gekehrt. Die Abwehr lässt sich zu leicht überlisten? Der Trainer ist Schuld! Die Stürmer treffen nicht einmal mehr aus drei Metern das leere Tor? Der Trainer ist Schuld! Das Team gibt sich zu schnell auf? Der Trainer ist Schuld!
Liebevoller Freund oder Drill Instructor
Also muss ein neuer Mannschaftsmotivator her. Aber wie soll dieser aussehen? Er muss charakterstark sein – eine Persönlichkeit mit wahrer Präsenz. Soweit, so gut. Daraus folgend steht wenige Wochen später ein rassiger Typ à la Christian Streich, Thomas Tuchel oder Jürgen Klopp auf dem Trainingsgelände, der der Mannschaft neues Leben einhauchen soll. Leidenschaft ist selbstverständlich wichtig, aber wie weit sollte der Einfluss eines Coachs gehen? Schließlich soll die Mannschaft unter der neuen Leitung aufblühen, wie ein Krokus unter den ersten Sonnenstrahlen im Frühling, und nicht eingehen, wie eine Sonnenblume unter den Einflüssen der Herbststürme. Folglich muss die hochbezahlte Truppe hinter den Ideen und Konzepten stehen, die ihnen vermittelt werden. Dann kann sich das Punkteeichhörnchen Abstiegskandidat mit der Zeit ein Stabilität verleihendes Punktepolster anfressen.
Wenn der neue Mann an der Seitenlinie jedoch zu einschüchternd ist, geht der Schuss nach hinten los. Bestes Beispiel ist die impulsive, teils aggressive Art des ehemaligen Club-Trainers Gertjan Verbeek. Ein Kicker berichtete nach der Entlassung, dass er trotz Verletzung zum Training erschienen war, weil er zu viel Angst vor den möglichen Konsequenzen hatte. Der Coach als Schreckensgestalt, die verunsicherte Fußballer zu nächtlicher Stunde heimsucht und ihnen den Schlaf raubt? Ja okay, das ist wohl doch etwas zu dick aufgetragen. Fakt bleibt allerdings, dass nur die richtige Beziehung zwischen Trainer und Mannschaft zu einer, von Erfolg gekrönten, Spielzeit führen kann.
Gefechtsstrategen und ihre Rückendeckung
Die Taktik, die Taktik, hallt es aus dunklen Gefilden des Abstiegskampfs. Dazu muss nicht viel gesagt werden. Überraschend, oder? Nein, denn das Prinzip ist einfach. Solange sich der Spielstratege der Stärken und Schwächen seiner Spieler bewusst ist, kann da eigentlich nichts schiefgehen. Ohne technisch-begabte Ballkünstler und abschlusssichere Torjäger kann kein gnadenloser Offensivfußball fabriziert werden. Das versteht sogar schon ein Erstklässler – und somit auch alle Bundesligaakteure. Bloß manchmal scheint es so, als ob der Trainer vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sieht und seine getreuen Schützlinge nach vorne schickt, obwohl die notwendigen Skills nicht vorhanden sind. Da bleibt nur zu hoffen, dass irgendwann der Verstand gegen den Wunsch siegt – egal wie eingeengt die Sichtweisen einiger Trainer sein mögen.
Trainer top, Taktik top, Fans flop? Ja, das ist das letzte Szenario, das Bundesligateams im Abstiegskampf den Gnadenstoß geben kann. Deswegen ist eine innige Beziehung zwischen Fan und Fußballer, die mit der Zeit in abgöttische Verehrung übergeht, von Vereinsseite ein absolut unterstützenswertes Projekt. Beispiel gefällig? „Mia san mia“, „echte Liebe“ oder „Ich bereue diese Liebe nicht“. Problematisch wird es erst dann, wenn die entgegengebrachte Fantreue als Alibi von Trainer und Mannschaft missbraucht wird, um schlechte Leistungen zu vertuschen. Über eine kurze Zeit mag das funktionieren, doch spätestens nach ein paar Wochen fällt das auch dem letzten Anhänger auf, dass er bloß veräppelt wird. Und das wiederum bedeutet Ärger. Also liebe Vereine: Vorsicht walten lassen. Denn wer seinen Kredit bei den Fans verspielt, hat schnell selbst verspielt.
Wer weder an Taktik, noch an Liebe glaubt, dem sei gesagt, dass er vielleicht überhaupt nicht so falsch denkt. Letztendlich zählen Tore und Punkte. Das andere sind Nebenerscheinungen, die Einfluss haben können aber nicht müssen. An Aluminiumtreffer, Verletzungspech und Einschüchterungen erinnert sich später niemand mehr. Das einzige was für Fußballfans zählt ist Abstieg oder Klassenerhalt.
Und das sind die Spiele mit besonderem Spannungsgehalt (alle Sa. 15:30):
– 1. FC Nürnberg – Hannover 96
– Hamburger SV – FC Bayern München
– Eintracht Braunschweig – FC Augsburg
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