Für Norwegen bewies sich der Fund von Erdöl als Segen. In anderen Ländern hingegen stärkte der Besitz von Rohstoffen autoritäre Regime und führte zu Konflikten. Oft sind es Länder des globalen Südens, die es nicht schaffen, ihre Ressourcen zum Wohl ihrer Bevölkerung einzusetzen – und sich unabhängiger von den Interessen der Industrieländer zu entwickeln.
Ressourcen als Schlüssel zu Macht und profitablen Erträgen
Es sind vor allem Erdöl oder Mineralien, wie Phosphat sind Rohstoffe, nach denen die Weltwirtschaft verlangt. Ungeachtet der Versprechen von Umweltverträglichkeit, dem Kampf gegen den Klimawandel oder die Umsetzung der Sustainable Development Goals (SDG): Bis zum Jahr 2030 konsumiert die Mehrheit der globalen Bevölkerung auf Kosten der Umwelt und der Bevölkerungen der fördernden Ländern. Die Frage, ob Rohstoffe Fluch oder Segen sind, ist nicht einfach zu beantworten.
So könnte beispielsweise das Regime in Saudi-Arabien nicht an der Macht bleiben, würde es sich nicht durch die noch immer immensen Erdölerträge legitimieren. Dennoch investiert die Monarchie auf der arabischen Halbinsel seit geraumer Zeit in Fluglinien, um in Zeiten sinkender Ölpreise verlässliche Einnahmequellen zu haben. Woran es in Saudi-Arabien mangelt, hat Norwegen längst umgesetzt: Das Land im hohen Norden Europas gilt als Modellbeispiel in Bezug auf die Umsetzung demokratischer Werte und sozialer Teilhabe. Mit dem Fund von Erdöl- und Gasreserven in den 70er Jahren begann die norwegische Wirtschaft zu florieren. Einst eines der ärmsten Länder Europas wurde Norwegen zu einem der größten Lieferanten von Öl und Gas weltweit. Um den Wohlstand der Bevölkerung dauerhaft zu sichern, fließen diese Einnahmen seit 1990 in einen staatlichen Fonds.
Beide Beispiele suggerieren: Eine gelungene Synergie zwischen Wirtschaft und sozialer Entwicklung scheint meist nur reichen Ländern zu gelingen. Entwicklungs- und Schwellenländern wird hingegen oftmals vorgeworfen, sie seien unwillig den Raubbau der Natur zu stoppen und alleine Eliten bereicherten sich an den Erträgen. Eine derartige Erklärung ist allerdings zu simpel.
Ursachen der Abhängigkeit von Ressourcen
Nehmen wir einmal Land X, das aufgrund fehlender finanzieller Mittel weder Schulbildung noch Gesundheitsversorgung oder eine Versorgung seiner Bürger auf dem Existenzminimum bieten kann. Der Fund von Ressourcen bietet da eine einmalige Gelegenheit und nur wenige Regierungen würden wohl auf den profitablen Abbau verzichten, um die Natur zu schützen, dabei aber in der Armut stecken zu bleiben. Damit der Abbau jedoch den Bürgern langfristig zugute kommt, ist es nötig, Infrastruktur zu schaffen, um Investoren anzulocken.
Doch Korruption und die Bereicherung einzelner Eliten sind dabei keine Seltenheit und werden bisweilen als logische Konsequenz von Rohstoffvorkommen toleriert. Ein tragisches Beispiel ist Venezuela: Das sozialistische Land verfügt über die größten Erdölreserven weltweit, will seine Sozialprogramme zugunsten der unteren Schichten erhalten und versinkt dennoch immer mehr in einem Sumpf aus wachsender sozialer Not und Misswirtschaft.
Auch Länder des globalen Südens könnten der Rohstoffabhängigkeit entkommen
Nach wie vor sorgt die Nachfrage aufstrebender Industrienationen wie China oder Indien dafür, dass Rohstoffe begehrt sind und dies wohl auch auf geraume Zeit noch so bleiben wird. Auch viele heute reiche Länder wie Australien, Kanada oder die USA bauten ihren Wohlstand auf der Förderung von Mineralien und Ressourcen auf. Zwar argumentieren Kritiker, dass sozio-ökonomische Entwicklung in Ländern des globalen Südens aufgrund der limitieren Mittel nicht möglich sei.
Doch zunehmend zeigt sich, dass gerade der Zugang zu Sozialleistungen und soziale Schutzmaßnahmen dafür sorgen, Marktschwankungen, demographischen Wandel und die Folgen der Globalisierung aufzufangen. Entwicklungsländer als unfähig für Investitionen einzustufen, ist falsch. Gerade arme Staaten müssten Verteilungsmaßnahmen umsetzen und in Gesundheit und Bildung investieren, um Rohstoffe zum Segen für ihr Land zu machen.
Ob Segen oder Fluch bestimmt maßgeblich der politische Kontext
Auch das unabhängige Forschungsinstitut der Vereinten Nationen, UNRISD, wies durch Studien nach, dass Staaten von ihren Bodenschätzen profitierten, wenn der Staat eine starke Rolle einnahm. Erfolgreiche Regierungen setzten ökonomische Anreize für Investoren und ließen sich nicht auf die Verführung ein, die Wirtschaft langfristig auf Rohstoffe auszurichten. Vielmehr nutzten sie die Erträge der Ressourcen zur Diversifizierung, um den wirtschaftlichen Erfolg zu sichern. Dennoch: Nicht allein der fehlende staatliche Wille oder das Vorhandensein autoritärer Regime sind es, die Staaten auf lange Frist in Armut und Abhängigkeit halten.
Westliche Interessen verhindern den nachhaltigen Umgang mit Ressourcen
Diese Abhängigkeit wird dadurch begünstigt, dass es Entwicklungsländern oft am Zugang zum Weltmarkt mangelt oder sie dort nur eine geringe Verhandlungsmacht ausüben können. Auch Zölle, Regularien oder wirtschaftliche Sanktionen von Ländern des globalen Nordens spielen eine wichtige Rolle im Hinblick das globale Machtgefüge.
Multinationalen Unternehmen hingegen fällt es leicht, Preise durch ihre Marktmacht zu drücken. Um die Erträge von Rohstoffen langfristig sinnvoll nutzen zu können, braucht es transparente Entscheidungsprozesse, Monitoring und besserer Regulierung dieser Großkonzerne. Rechtfertigungen unfähiger Entwicklungsländer lassen zudem zu häufig außer Acht, dass die Subventionierung von Gütern und der Entwicklungsvorsprung in den Ländern der westlichen Hemisphäre dazu beitragen, dass Entwicklungsländer mit entscheidenden Wettbewerbsnachteilen zu kämpfen haben. Im sinnbildlichen Kampf David gegen Goliath werden daher wohl noch eine geraume Zeit lang Großkonzerne wie Nestlé, Shell oder Unilever noch lange die Entwicklung von Ländern im globalen Süden hemmen.
Abhängigkeitsstrukturen einzudämmen, würde die Autonomie der ressourcenabhängigen Entwicklungsländer stärken und deren Verhandlungsrahmen ausweiten. Es scheint jedoch nicht so, die internationale Gemeinschaft großes Interesse daran hat.
Die Abhängigkeitsspirale von Angebot und Nachfrage
Länder wie Deutschland brauchen Rohstoffe und möchten diese zu möglichst günstigen Preisen und aus verlässlichen Quellen kaufen. Es ist auch unsere Nachfrage, die die Ausbeutung der Natur in anderen Teilen der Welt lukrativ macht. Wäre eine Regierung nicht dumm, Ressourcen zu Erträgen zu machen, solange es einen Markt dafür gibt? Ebenso dumm ist leider jedoch auch unsere eigene kurzfristige Politik, die uns abhängig von Rohstoffen macht.
Ecuador Regierung bot 2014 der Weltgemeinschaft an 850 Millionen Fass Öl im Nationalpark Yasuní nicht zu fördern und dafür mit der Zahlung von 3,6 Milliarden Dollar 400 Millionen Tonnen CO²-Ausstoß einzusparen. Am Scheitern des Projekts war zwar auch die undurchschaubare Politik von Präsident Correa schuld, der in Verhandlungen mit der chinesischen Entwicklungsbank stand, um im Fall des Scheiterns erste Ölabnehmer zu sichern.
Die internationale Gemeinschaft entschloss sich, nicht nur den artenreichen Nationalpark zu opfern und Proteste der ecuadorianischen Bevölkerung zu ignorieren, sondern gab wirtschaftlichen Interessen den Vorrang. Ob Correa wie versprochen die Erträge in einen staatlichen Fonds für Bildung, den Aufbau von Infrastruktur und die Umstellung auf regenerative Energien umgesetzt hätte, wird Spekulation bleiben. Klar ist aber, dass die Industriestaaten ihre Chance verspielten, sich von Rohstoffen loszusagen und munter weiter konsumieren. Versprechen auf dem Pariser Weltklimagipfel oder die Sustainable Development Goals dienen dann gerne dazu, der Öffentlichkeit den eigenen Willen zum Umweltschutz zu bestätigen.
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