Wenn man sich über mehrere Monate hinweg in einem Freiwilligenprojekt engagiert, ist das Geld in der Regel knapp. Die Auffangstation, in der ich arbeite, gibt uns aber zum Glück die Möglichkeit, die Kasse etwas aufzubessern. Als Tourguides führen wir Touristen durch das Center und erklären ihnen unsere Arbeit und die einzelnen Schicksale hinter den tierischen Bewohnern.
Seit etwa einem Monat gehöre ich nun auch zu diesem Team und veranstalte Führungen in deutscher oder englischer Sprache. Mein Spanisch ist zwar mittlerweile deutlich sicherer geworden, aber eine Führung von eineinhalb Stunden traue ich mir dann doch noch nicht zu. Vor allem hätte ich Sorge, Fachfragen nicht beantworten zu können. Das überlasse ich dann doch lieber den Muttersprachlern! Der Bedarf an englischen Touren ist auch ohnehin größer. Und überraschenderweise verirren sich auch immer viele deutschsprachige Touristen in unser karibisches Örtchen – in der Hochsaison bis etwa Ende August war eine 20-köpfige Gruppe keine Seltenheit.
Was erwartet mich als Tourguide?
Etwas aufgeregt war ich vor meiner ersten Führung schon. In der Schule hatte ich nie Probleme mit Referaten, aber da hat sowieso meistens keiner zugehört. Bei einer Führung ist das etwas anderes. Die meisten Besucher haben vorher noch nie ein Faultier oder einen Ameisenbären aus der Nähe gesehen und dementsprechend häufen sich die Fragen. Gewappnet sein sollte man für jedes Publikum – kleine Kinder, Klugscheißer und Scherzfragensteller inbegriffen. Meine Erfahrungen der letzten Wochen habe ich für Euch in ein paar Tipps zusammengefasst.
1. Behalte den Überblick
Eine große Gruppe von Menschen unter Kontrolle zu behalten, ist nicht immer leicht. Plane deinen Vortrag und eventuelle Ortswechsel sorgfältig, damit sich niemand von Dir abwendet – das gilt sowohl für physische als auch mentale Abwesenheit.
2. Gehe auf jeden ein
Um zu verhindern, dass Leute nicht mehr zuhören oder sich von der Gruppe abkapseln, sollte Dein „Programm“ auf mehrere Zielgruppen zugeschnitten sein. Optimal ist es, neben Fakten auch ein paar Anekdoten auf Lager zu haben. Kinder sollten ebenfalls als wichtiger Teil der Gruppe wahrgenommen werden! Fühlt sich ein Kind nicht einbezogen und langweilt sich, kann es schnell sehr viel Chaos in die Gruppe bringen.
3. Kenn dich aus
Es gibt wohl kaum etwas Schlimmeres als Tourguides, die nur oberflächliches Wissen aus überflogenen Wikipedia-Artikeln vorweisen können. Wie bei Referaten gilt: Es kommt nicht gut, nur Auswendiggelerntes vorzutragen – man sollte verstehen, wovon man spricht. Und anders als bei Referaten sollte man im Umgang mit zahlenden Gästen auch damit rechnen, dass Fragen gestellt werden. Eine gute inhaltliche Vorbereitung gehört mit zur Planung und hilft, alle Zuhörer bei der Stange zu halten (siehe Punkt 1).
4. Sei ein Entertainer
Niemand will nur heruntergerasselten Fakten lauschen, der Spaßfaktor ist ebenso wichtig. Mit der Präsenz des Tourguides steht und fällt die Führung. Ein guter Guide lächelt und gibt allen Gästen das Gefühl, willkommen zu sein. Ein bisschen Humor schadet nie! Zudem kann trotz Vorbereitung niemand alles wissen. Es wird Fragen geben, auf die Du keine Antwort hast. Dann sollte man die Wissenslücke in jedem Fall zugeben, statt etwas zu erfinden oder herumzudrucksen. Lenkt man die Aufmerksamkeit danach geschickt auf den eigenen Wissensbereich zurück, ist alles halb so schlimm.
5. Sei glaubwürdig
Vermutlich arbeitest Du an diesem Ort, weil Du Dich für den Gegenstand Deiner Führung interessierst. Nutze diese Begeisterung, um Gäste mitzunehmen. So wird etwa die Erwähnung, dass das betrachtete Tier das Lieblingstier des Guides ist, die Aufmerksamkeit direkt steigern. Bleib‘ Dir aber selbst treu! Wenn auf einmal jedes Tier zum Lieblingstier wird, nimmt Dir das niemand ab. Das gleiche gilt für übertriebene Lobeshymnen auf das Projekt und/oder das Land.
Diese Anregungen helfen natürlich nicht nur für die Vorstellung eines Projekts, sondern für jede Situation, in der man mit einem fremden Publikum interagiert. Wer von Euch hat schon mal ein Projekt, eine Institution oder ähnliches der Öffentlichkeit präsentiert? Welche Erfahrungen habt ihr dabei gemacht?
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