Sabine Feuerer weiß seit Kurzem, wie es sich anfühlt, wenn der eigene Name zur Modemarke wird. Im Alter von 27 Jahren hat sie sich auf eigene Faust den Traum vom eigenen Label erfüllt. In ihrem brandneu eröffneten Showroom in München sprach die Jungdesignerin mit f1rstlife über ihre erste Kollektion und den mutigen Schritt in die kreative Selbstständigkeit.
Sabine, wie kam es zur Gründung Deines eigenen Labels?
Ich kam auf Umwegen dorthin. Nach dem Abi habe ich Modeschulen angesehen, aber die waren teilweise sehr teuer oder es gab keinen anerkannten Abschluss. Nichts wollte passen, da habe ich den sicheren Weg genommen und BWL studiert. Daneben habe ich über Praktika, zum Beispiel bei „Escada“, in die Branche reingeschnuppert. Mein letztes Studienjahr war ich in Sydney und ich bin viel gereist: allein nach Bali, Thailand und Indien, bevor ich für meine Diplomarbeit zurückkommen musste. Indien hat mich auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Dort war ich im Lotustempel, ein sehr heller und stiller Ort. Im Tempel hatte ich Zeit nachzudenken und habe gemerkt: Das, was du bisher gemacht hast, ist nicht das Wahre. In dem Moment habe ich den Entschluss gefasst: Du machst jetzt dein Ding und genau das, was du immer wolltest! Zurück in Deutschland war ich nach dem Abschluss ein Jahr als Einkäufer angestellt, was wieder zum Ergebnis führte: Das ist es nicht. Man kann in der besten Firma arbeiten – wenn man seine eigenen Visionen hat, wird man dort nicht glücklich. Vor einem halben Jahr habe ich mein eigenes Label gegründet. Es war immer in meinem Kopf, aber der Weg dorthin war nicht geradlinig.
Wie würdest Du den Sabine-Feuerer-Stil beschreiben?
Mein Stil ist ein Mix aus provokant, romantisch, detailverliebt, modern, üppig und minimalistisch. Es ist ein Pool von Kontrasten. Wir haben ja mittlerweile viel lockere Mode für Frauen, wie Jeans mit Oversizedpullovern oder weißen Männershirts. Ich finde es schade, dass die weibliche Form verloren geht. Deswegen möchte ich gerne wieder zurück zu femininer Mode: sexy, elegant, weiblich.
Wo findest Du Deine Inspiration?
Die Ideen habe ich im Kopf. Es kommt vor, dass ich nachts im Schlaf von einem Kleid träume. Dann stehe ich auf und zeichne den Entwurf. Das war schon so, bevor ich überhaupt an ein eigenes Label gedacht habe. Sonst finde ich Inspiration in der Natur, der Architektur und der Kunst. Aber auch von in anderen Kulturen, Menschen und Situationen. Ich bin ein guter Beobachter. Vieles habe ich von meinen Reisen mitgebracht, das hat sich in Details niedergeschlagen. Manchmal sehe ich etwas, das mich unglaublich fesselt, eine Farbe zum Beispiel.
Was lässt sich allgemein über die Modelandschaft in Deutschland sagen?
Es gibt viele tolle Designer, die leider zu unbekannt sind. Das schwierigste hier ist, dass man die Chance bekommt, gesehen zu werden.
Wieso verdienst Du diese Chance?
Ich will weg vom typischen Abendkleiderstil und Pepp reinbringen. Und das auf einer fairen Schiene. Alles wird in Deutschland handgefertigt mit Stoffen aus Europa. Man kann qualitativ hochwertige Sachen fair produzieren. Wir haben tolle Fachleute innerhalb Deutschlands, die dieses Handwerk beherrschen. Für das nötige Know-How muss man nicht nach China gehen. Und ich wusste von Anfang an: Wenn ich das mache, dann so, dass ich es vertreten kann.
Mit „Sabine Feuerer“ bist Du bei Deinem Namen geblieben. Kannst Du Dir vorstellen, dass selbst über deine Kleider hinaus zur Marke zu werden?
Als Mensch, dessen Visionen die Marke darstellt, ist man ein Teil dessen, wie das Gesamtbild öffentlich wahrgenommen wird. Aber es gibt immer einen Unterschied zwischen der Art, wie man „draußen“ auftritt und der Privatperson im Hintergrund. Ich glaube in die Rolle werde ich noch hineinwachsen.
Was bedeutet Mode für Dich?
Da gibt es immer zwei Blickwinkel. Die einen feiern Mode unglaublich und die anderen sehen das pragmatischer. Für mich ist es einfach ein Werkzeug, meine Visionen zu verwirklichen. Mode ist für mich nicht das 500. Paar Schuhe zu besitzen. Schreiner haben ihre Möbel, Maler ihre Bilder und ich habe eben meine Kleider, um mich auszudrücken.
Auf Deiner Homepage wird betont, dass die Kleider fair produziert und in Deutschland handgefertigt werden. Denkst Du, dass sich für das Thema gerade ein Bewusstsein entwickelt?
Durch Skandale bei großen Konzernen im letzen Jahr schauen die Leute zumindest hin. Das Problem war ja immer da, die Storys hätte es vor 20 Jahren schon gegeben, aber die Publicity hat gefehlt. Nachhaltigkeit wird jetzt in allen Bereichen gefördert, also glaube ich, der Trend geht zu einem bewussteren Konsum hin. Der Wille ist da, diese Bedingungen zu ändern.
Ist es nicht gerade am Anfang schwierig, teurer produzieren zu lassen?
Klar kostet es in gewissen Punkten mehr und am Anfang scheint es vielleicht ein Hindernis zu sein, aber ich bin überzeugt, dass es sich auszahlt. Ich könnte das anders nicht mit meinem Gewissen vereinbaren. Schon damals hätte ich mir eine solche Einstellung von den Labels gewünscht, bei denen ich gearbeitet habe. Irgendwann konnte ich deren Vorstellungen nicht mehr teilen.
Kommst Du denn aus einer kreativen Familie?
Naja, meine Mama hat mal einen Schneiderkurs gemacht (lacht) und mein Großvater war Maler, aber sonst komme ich aus einer zahlenaffinen Familie. Aber ich habe auch beide Seiten in mir. Wenn ich den ganzen Tag nur zeichnen würde, hätte das mit der eigenen Firma nicht geklappt. Der BWL-Backround ist für eine Unternehmensgründung wichtig. Als One-Man-Show mache ich alles selbst von Marketing und PR über Steuer, Einkauf und Buchhaltung. Auch in die Jobs davor wäre ich ohne mein Studium nicht hineingekommen.
Wie sehr orientierst Du Dich an Trends?
Überhaupt nicht! Da halte ich mich lieber an mein eigenes Gespür und nicht an das, was andere vorgeben. Ich habe eine Vision vor meinen Augen und die setze ich dann um. Meine nächste Sommerkollektion steht schon und die mag fernab von allen anderen Dingen sein, die kommen werden. Das ist egal. Ich möchte davon unabhängig sein.
Kannst Du Dir vorstellen, irgendwann auch alltagstauglichere Mode zu machen?
Mein Fokus bleibt auf den Kleidern. Das ist das, was ich liebe und wenn Schwerpunkte setzt, wird man darin auch erfolgreicher. Ich schließe es nicht vollkommen aus, eines Tages etwas zu machen, das mehr Casual ist, aber Hosendesign reizt mich zum Beispiel überhaupt nicht. Da kommt mir spontan auch keine Idee dazu.
Hast Du Tipps für junge Menschen, die einen ähnlichen Weg in die Mode einschlagen wollen?
Definitiv braucht man Internship-Erfahrung. Ich empfehle dafür kleinere Designer, weil man dort im Alltag überall anpacken darf. Bei großen Unternehmen ist man meistens fest in einer einzigen Abteilung. Und nach den Praktika hasst man es entweder oder man liebt es. Es gibt keinen Zwischenweg in der Mode.
Muss man unbedingt zeichnen können?
Ja, damit man die Ideen gut visuell darstellen kann, sodass andere verstehen, was einem vorschwebt. Könnte ich das nicht, wäre ich wahrscheinlich aufgeschmissen. Dieser Arbeitsschritt macht mir am meisten Spaß. Die Anfänge einer Idee. Der Entwurf ist immer das Schönste für einen Designer, weil er sich da fallenlässt. Der administrative Teil nimmt viel Zeit ein, aber auf der Suche nach dem Entwurf bin ich völlig weg von allen Zahlen. Free Mind, das ist total schön! Und beim Aussuchen der Stoffe fühle ich mich so, wie andere Frauen im Schuhladen: himmlisch.
Wie sehen Deine Pläne für die Zukunft aus?
Ich möchte die Marke ausbauen und expandieren. Es gibt immer Stolpersteinchen, die man mit starkem Willen umschiffen muss und so steckt man sich Jahr für Jahr die Ziele ab. Aber der Plan war ursprünglich jeden Tag das zu tun, was man liebt und da bin ich schon angekommen. Es ist zwar alles noch in der Aufbauphase, aber ich fühle mich schon jetzt, als wäre ich angekommen.
Liebe Sabine, vielen Dank für das Gespräch!
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