Viele Menschen können mit Veränderungen schwer umgehen. Offensichtlich trifft das insbesondere auf die Gattung des Printjournalisten zu. Ein Päckchen Zigaretten, ein zerfleddertes Notizbuch und eine gehörige Portion Abneigung vereinen sich in diesem Beruf. Stopp! Abneigung wogegen? Gegen den Onlinejournalismus, das ist doch klar!
Und die etablierten Schreiberlinge vom Blatt sehen sich auch noch vollkommen im Recht, wenn sie gegen ihre Kollegen wettern. Denn die Online-Redaktionen verdienen kaum Geld. Schließlich belegen die Verkaufszahlen eines Blattes deutlich, wie viele Leser eine Anzeige gesehen haben. Logisch oder? Mitnichten! Zwar kennen die Printler die Anzahl der verkauften Exemplare, wie viele Menschen die Werbung tatsächlich gesehen und sie nicht einfach in den Müll geworfen haben, können sie nicht beweisen. Die Werbung auf der Website hingegen kann durch Analysetools bis ins letzte Detail ausgewertet werden. Hier ist klar wer, wann und wie oft auf die Anzeige geklickt hat!
Na gut, vielleicht können die Zeitungsjournalisten das noch verstehen und akzeptieren. Schließlich kann man auch den Online-Kollegen mal ein Zugeständnis machen und durch den Einsatz von „Native Advertising“ begehen sie sowieso einen Hochverrat am eigenen Beruf. Unter „Native Advertising“ versteht man im Journalismus Werbung, die als Artikel getarnt ist. Daher der Vorwurf der Printjournalisten: Die Online-Redakteure belügen ihre Kunden. Sie gaukeln ihnen recherchierte Texte und hintergründige Meinung vor, doch in Wirklichkeit verkaufen sie den Lesern nur reinste PR! „Solche Verräter“ schallt es sicher durch den einen oder anderen Kopf eines alteingesessenen Blattschreibers. Schade daran ist nur, dass damit die Printjournalisten nicht nur ihre Web-Mitstreiter verunglimpfen, sondern sich auch noch selbst belügen. Ein Blick in renommierte Blätter trägt zur Aufklärung bei. So wirbt beispielsweise „die Zeit“ mit großen Seiten, die unter dem Deckblatt der Anzeige laufen – „Native Advertising“ in Papierform.
Beinahe scheint es, als würde das Kartenhaus des Printjournalismus in sich zusammenbrechen, da feuern die Zeitungsredakteure eine letzte Salve ab. Der Online-Journalismus verdiene kein Geld, verramsche die wertvollen, kreativen Erzeugnisse und sei am Ende Schuld, dass der Journalismus das Zeitliche segnen wird. Der Online-Journalismus als Todesschütze für die schreibende Gilde? Wohl kaum. Viel mehr ein verzweifelter Versuch einen Schuldigen für die Krise auf dem Zeitungsmarkt zu finden.
Dabei müssen Printjournalisten eigentlich überhaupt keine Angst haben. Denn das Rieplsche Gesetz aus dem Jahr 1913 besagt, dass kein Informationsmedium ein anderes vollkommen verdrängen wird und das ist in 100 Jahren bislang nicht geschehen. Trotzdem sollten die Printjournalisten langsam aus der Trance vergangener Triumphe erwachen und den Nebel der Verachtung durchschreiten, sonst könnte es bald ein schreckliches Erwachen geben.
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