Warum Physik mehr ist als trockenes Spezialwissen von einigen wenigen Forschern, zeigt uns Philip Häusser. Der junge Physiker präsentiert uns Physik auf einem ganz anderen Level.
Seifenblasen, die nicht platzen? Eine alte Digitalkamera als Nachtsichtgerät? Dein Smartphone als Beamer verwenden? Mit Kaugummipapier Feuer machen? Verrückte Ideen, wirst Du sagen. Genau, das sind verrückte, aber echt geniale Ideen! Und: Wäre es nicht überragend, mit ein paar Cent-Stückchen Strom zu erzeugen? Das alles hört sich wahnsinnig kompliziert an, ist aber eigentlich ganz einfach. Man muss nur wissen, wie man’s anstellt – nämlich mithilfe der Physik.
Physik der toten Dinge
Doch da stoßen die meisten von uns an ihre Grenzen. Wenn ich an meine eigene Schulzeit zurückdenke – was waren das nur mühsame Stunden! Da schrieb der Lehrer mit seiner Kreide Formeln an die Tafel, die mir meist nur wenig sagten – wenn überhaupt. Oder dann ging es manchmal um eben derart Spezielles, würde nicht einer meiner besten Freunde mitlesen (aus dem dann glücklicherweise kein Physiker, sondern ein Chemiker wurde), möchte ich schon fast sagen, unnützes, nerdiges Wissen: Wie wirkt sich die Heisenberg’sche Unschärferelation unterschiedlich auf die Wahrnehmung innerhalb und außerhalb eines fahrenden Zuges aus? Wie laut war der Urknall? Woher kommen die Schwarzen Löcher? Stirbt unsere Erde, weil die Sonne unseren Planeten verglühen lässt oder wird das Weltall an Eiseskälte zugrunde gehen? Natürlich gab es auch Dinge, die selbst ich noch schaffen konnte. Wie berechnet man die Fallgeschwindigkeit von Gegenständen im luftleeren Raum? Nun, auch das schien mir weit hergeholt und wenig mit der Realität tun zu haben. Das hat meine Geduld mit der Physik wirklich überstrapaziert. All das sind mehr oder weniger Gedankenexperimente, die unsere eigene Vorstellungswelt übersteigen oder einfach so weit hergeholt sind, dass sie mit unserer Alltagserfahrung nur noch wenig zu tun haben.
Physik hat also ein massives Imageproblem – wohl nicht nur bei mir. Alles scheint dermaßen vertrackt und in mathematische Gleichungen eingefasst, dass ich einfach die Lust daran verloren habe. So wählte ich in der Oberstufe dann schnellstmöglich Physik ab. Doch jetzt ist ein Buch erschienen, das mir meine Vorurteile, wie lebensfremd doch die Physik ist, nehmen will und einen neuen Motivationsschub in der Beschäftigung mit der Physik verspricht. Philip Häusser, der sein physikalisches Wissen sonst im Fernsehen und in einem eigenen YouTube-Kanal präsentiert, beschäftigt sich in seinem kurzweiligen und sehr lehrreichen Buch nicht mit der Relativitätstheorie oder den Higgs-Teilchen, sondern nimmt Phänomene aus dem Alltag, um die Physik wieder zu erden und attraktiv zu machen. Das gelingt ihm mit coolen Tricks, die er uns Lesern verrät.
Nachmachen!
Und das Beste an den zwanzig Experimenten ist: Philip gibt uns Anleitungen mit, um seine Erfindungen selbst nachzubauen. Das Tolle an den Versuchen: Das ist nicht nerdiges, unnützes Wissen, sondern total praktisch. Wie wär’s gleich mit dem ersten Experiment? Mit einem Akkuschrauber (den Akku braucht man dafür nicht mal) ist es möglich, dass Du Dein Handy auflädst, ohne dass Du dafür eine Steckdose in der Nähe haben musst. Cool, oder? Und wie funktioniert’s? Mit dem Kurbeln erzeugst Du Bewegungsenergie, die der Motor in elektrische Energie umwandelt. So wird aus Muskelkraft Strom!
Ich hätte mir gewünscht, so einen Physikunterricht gehabt zu haben, bei dem man die physikalischen Gesetze nicht trocken durch Abschreiben von der Tafel lernt, sondern richtig „learning by doing“ betreibt. „Phil’s Physics“ zeigt uns: Jeder von uns kann zum Hobbyphysiker werden, ganz ohne schwierige Formeln. Alles, was es dafür braucht, ist Neugier und eine gute Anleitung. Die Anleitung hätten wir schon mal, jetzt müssen wir uns nur noch in das Land der Physik wagen! #physicisfun!
Philip Häusser: Phil’s Physics. Geniale Erfindungen, die das Leben erleichtern. Komplett-Media, München 2016. 207 Seiten. 14,99 EUR. ISBN: 978-3-8312-0430-4
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