Zwei Jünger begegnen dem auferstandenen Jesus – erkennen ihn aber nicht. Erst im Nachhinein begreifen sie, wer mit ihnen auf dem Weg war. Das kommt in der Bibel häufiger vor, schreibt Benedikt Bögle.
Die beiden sind auf dem Weg nach Emmaus. Sie wollen weg aus Jerusalem, fort von der Stadt, in der alles scheiterte. Sie hatten wirklich an Jesus geglaubt, waren überzeugt davon, dass er der Messias sei. Und dann stirbt Jesus am Kreuz. Aus der Traum, doch nicht der Messias, alles verloren. Zu allem Überfluss behaupten nun einige der Anhänger Jesu, ihn gesehen zu haben. Er sei gar nicht tot, zumindest nicht mehr. Er sei von den Toten auferstanden.
Wer ist der fremde Mann?
Die Stimmung ist schlecht auf dem Weg nach Emmaus, den die beiden Jünger Jesu vor sich haben. Plötzlich kommt ein Fremder zu ihnen, der vorgibt, von all den Geschehnissen in Jerusalem gar nichts mitbekommen zu haben. Sie erzählen es ihm, traurig, vielleicht sogar verbittert. Und plötzlich beginnt dieser Fremde ihnen all das zu erklären, ausgehend von der Schrift und den Propheten legt er dar, dass Jesus sterben und auferstehen musste – so berichtet das Evangelium vom Ostermontag (Lukas 24, 13-35).
Noch immer denken sich die beiden nichts. Sie kommen in Emmaus an, der Fremde will weitergehen. Sie hindern ihn: „Bleibe bei uns; denn es wird Abend, der Tag hat sich schon geneigt!“ Der Mann bleibt und teilt mit ihnen das Brot. Da erkennen sie ihn: Es ist Jesus, der wirklich von den Toten auferstanden ist. Jesus verschwindet, die beiden stellen fest: „Brannte nicht unser Herz in uns, als er unterwegs mit uns redete und uns den Sinn der Schrift eröffnete?“
Gott ist unerkannt am Werk
„Brannte nicht unser Herz“ ist ein Satz, den unzählige Menschen in der Geschichte hätten sagen können. Die beiden stellen im Nachhinein fest, wer da mit ihnen auf dem Weg. Im Nachhinein können sie die Gegenwart des fremden Mannes erst richtig deuten und feststellen, dass es Jesus war. Immer wieder stellen das Menschen in der Bibel fest. Immer wieder merken Menschen, dass Gott am Werk war, vielleicht unerkannt, aber trotzdem gegenwärtig. Schon Mose macht eine solche Erfahrung am Gottesberg.
Mose und der Rücken Gottes
Er sagt zu Gott: „Lass mich doch deine Herrlichkeit schauen!“ Mose will Gott sehen wie er ist. Das aber geht nicht, sagt Gott. Er will an Mose vorüberziehen. „Dann ziehe ich meine Hand zurück und du wirst meinen Rücken sehen.“ Das hebräische Wort kann hier aber auch übersetzt werden mit „im Nachhinein“: „Du wirst mich im Nachhinein sehen.“ Es scheint in der Natur der Sache zu liegen, das Göttliche nicht immer sofort zu erkennen. Erst im Nachhinein lichten sich die Nebel und Gott wird erkennbar.
Das ist den Jünger auf ihrem Weg nach Emmaus so gegangen. Aber in jedem Leben können sich diese Spuren zeigen: Wenn man einen Blick auf die Vergangenheit wirft und plötzlich Gott entdeckt, mitten im eigenen Leben. „Brannte nicht unser Herz in uns?“
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