Das Thema „Frauen in der Kirche“ ist ein mediales Reizthema. Ist die Rolle der Frauen aber wirklich so marginal, wie es oft dargestellt wird? Es sind besonders Ordensfrauen, die das Gegenteil bezeugen.
Bei den immer wieder diskutierten Macht- und Weihefragen werden anscheinend genau diejenigen Frauen außer acht gelassen, die ihren wichtigen Dienst mit vollem Einsatz für ihre Kirche und die Menschen tun. Ein Beispiel hierfür sind Ordensfrauen. Sieht man sich die vielen Diskussionen in den Medien an, so könnte fast der Eindruck entstehen, „die Kirche“ bestünde rein aus Priestern und Bischöfen, während „die Gläubigen“ bloße Zuschauer seien. Das Gegenteil ist jedoch der Fall, denn Kirche, das sind alle getauften Menschen. Und als Teil der Kirche hat auch jeder Christ seine Berufung und seinen Auftrag für die Welt, nämlich Gott und den Menschen zu lieben und das Wort Gottes zu verkünden.
Weltweit gibt es über 650.000. Ordensfrauen, die ihr Leben genau diesem Ziel der Gottes- und Nächstenliebe gewidmet haben. Durch ihren Eintritt in einen Orden zeigen sie, dass sie ganz für Gott und ihre Mitmenschen da sein wollen. Ihr Dienst ist ein Schatz für die Kirche und die Menschen, die ihre Liebe erfahren. In vielen Schulen und Kindergärten, aber auch in Waisenhäusern, Krankenhäusern und Pfarrgemeinden sind Ordensschwestern eine tragende Säule. All ihr Engagement machen sie nicht für eine etwaige „Selbstverwirklichung“ oder für Karriere oder Geld, sondern rein aus Liebe zu Gott und zu den Menschen. Aus dieser tiefen Überzeugung heraus haben sie auch den Mut und die Motivation, genau dort zu helfen, wo andere fliehen und erst recht nicht freiwillig hinreisen würden: in den Gebieten mit hoher Armut, Krieg, Elend und Verfolgung.
Beispiele für Glaubenszeugnisse von Ordensschwestern
In der vom Bürgerkrieg schwer getroffenen syrischen Stadt Holms arbeiten beispielsweise die Schwestern „vom heiligsten Herzen Jesu“. 90 Kinder werden dort von ihnen zusammen mit 40 Mitarbeitern in einer Schule und einer Einrichtung für behinderte Kinder betreut. Ohne die Hilfe der Schwestern, die allen Bomben und jeder Armut trotzen, stünde das Schicksal dieser Kinder in den Sternen. Denn Ziel ist nicht nur eine „Erste-Hilfe“, sondern eine langfristige Integration in die normale Gesellschaft, sodass die Kinder trotz Armut und Behinderung ein normales Leben führen können. Dafür wird viel Zeit für die Kinder, die Zusammenarbeit mit den Familien und die Ausbildung durch Kurse und gemeinsamen Aktivitäten investiert.
Auch in kleinen Gruppen helfen Ordensschwestern oft, so gut es geht. In der kasachischen Stadt Qapschaghai arbeiten zum Beispiel vier Ordensfrauen und betreuen 18 Kinder, welche aus schwer zerrütteten Familien stammen. Auch hier ist das Ziel der Ordensschwestern, den Kindern ein normales Aufwachsen zu ermöglichen, sie gut zu erziehen und ihnen zu helfen, selbstbewusst ihr Leben leben zu können.
Häufig aber betreiben Ordensschwestern auch riesige Projekte, die tausenden Menschen helfen. In Ruanda etwa betreiben die Pallottinerinnen sechs Gesundheitszentren, in denen jährlich über 40.000 Patienten Hilfe finden. Unterernährte Kinder werden wieder gestärkt und Kranke gepflegt und betreut, so gut es geht. Neben dieser überlebensnotwendigen „Ersthilfe“ ist die „Hilfe zur Selbsthilfe“ aber genauso geboten: Alles, worauf bei der Säuglingspflege geachtet werden muss, wird beigebracht.
Engagement trotz Lebensgefahr
Da das Verkünden des Wortes Gottes genauso wichtig ist wie die humanitäre Hilfe selbst, sind Ordensschwestern oft nicht nur dort tätig, wo Not und Armut am größten sind, sondern auch oft da, wo Menschen aufgrund ihres Glaubens verfolgt werden.
In dem muslimischen Staat Pakistan, der jede Kritik am Islam furchtbar bestraft und Christen massiv unterdrückt, sind zum Beispiel die „Paulus-Schwestern“ aktiv. Mit einem eigenen kleinen Bus bereisen sie regelmäßig die 17 Pfarreien der dortigen Diözese Multan und verteilen an die Leute Bibeln, christliche Bücher sowie CDs und DVDs; sie veranstalten Katechesen, also Unterweisungen im Glauben, und verkünden unerschrocken, wider aller drohenden Gefahr und aller drohenden Strafen, die Liebe Gottes.
Zudem animieren sie andere Mitchristen, es ihnen gleichzutun und bilden Religionslehrer und Katecheten aus, sodass sich das Wort Gottes noch schneller verbreiten kann. Welcher Mut und welches Wissen für solch eine Arbeit nötig ist, können wir uns im sicheren Westen wohl kaum vorstellen. Denn: Sie machen weiter, obwohl sie häufig bedroht und aus Angst vor den Muslimen oft nur unter Sicherheitsschutz arbeiten können.
Wie wichtig die Verbindung von der Verkündigung des Wortes Gottes mit der konkreten humanitären Hilfe, der Caritas, ist, zeigen auch die Schwestern von „Jesu Wort und Opfer“. In die entlegensten Orte Perus bringen sie nicht nur materielle Hilfe, sondern auch geistliche Betreuung. Denn die Schwestern finden vor Ort oft nicht nur leibliche, sondern oft auch geistliche Armut. Beides lindern sie durch ihre Taten. Dabei ist ihnen keine Anstrengung zu groß, um auch an die entlegensten Orte zu kommen: Mit Geländewagen, Booten, auf Motorrädern oder auch mal auf schmalen Pfaden auf einem Esel kämpfen sie sich die beschwerlichen Wege entlang. Sofort fühlt man sich an die Worte des Matthäusevangeliums erinnert: „Und die Pforte ist eng, und der Weg ist schmal, der zum Leben führt; und wenige sind es, die ihn gehen.“
Ein ebenso eindrückliches Beispiel für den alten Grundsatz „ora et labora“ (bete und arbeite) sind die Ordensschwestern des Benediktinerinnenkloster Schytomyr in der Ukraine. Sieben Stunden betet die Ordensgemeinschaft täglich über den ganzen Tag verteilt. Durch ihr Gebet tragen sie die Kirche und all ihre Anliegen. Sie sind Anlaufpunkt für alle, die geistliche Hilfe brauchen und aufatmen können, wenn sie wissen, dass für sie und ihre Anliegen gebetet wird. Neben den sieben Stunden Gebet am Tag wird die restliche Zeit im Kloster hart gearbeitet, um den kargen Lebensunterhalt bestreiten zu können. Die Äbtissin des Klosters, Äbtissin Klara, deutet ihr kontemplatives Handeln, also den Schwerpunkt auf das Gebet, so: „Die größte Armut heute ist, dass wir statt auf Gott auf unsere menschliche Natur hören. Wir geben uns mit dem Irdischen zufrieden und verlieren das wahre Ziel aus den Augen.“ Diesem Hören auf Gott hat sie und haben alle anderen Schwestern ihr Leben gewidmet.
Trotz aller unterschiedlichen Aufgaben, Tätigkeiten, Schwerpunkte und Bereiche eint alle Ordensschwestern eines: der tiefe Wunsch, Gott und dem Menschen mit ganzem Herzen zu dienen. Nehmen wir uns ein Beispiel an diesen starken Frauen in der Kirche: Denn wirklich „in der Kirche sein“, das bedeutet, Gott und dem Menschen zu dienen und nicht eigene Macht und Selbstverwirklichung. Keiner zeigt dies wohl deutlicher als diese Ordensfrauen.
Dieser Beitrag entstand in redaktioneller Selbstbestimmung im Rahmen der Kooperation mit Kirche in Not.
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