Seit Ostern sind in Nigeria zahlreiche Christen Mordanschlägen zum Opfer gefallen. Das berichten lokale Kirchenvertreter dem weltweiten katholischen Hilfswerk „Kirche in Not“ (ACN). Welche Region besonders betroffen ist, wer dahintersteckt und wie die Kirche in Nigeria darauf reagiert.
In der nigerianischen Zentralregion, dem sogenannten „Middle Belt“, waren mindestens 39 getötete Christen bei einer Reihe von Angriffen auf Dörfer in der Nähe der Stadt Bokkos im Bundesstaat Plateau zu beklagen. Die Anschläge setzten am Ostermontag ein und dauerten fast zwei Wochen an. Laut Andrew Dewan, dem Kommunikationsdirektor der Diözese Pankshin, seien allein am zweiten Ostertag zehn Menschen ermordet worden – unter ihnen auch eine schwangere Frau.
Fulani-Nomaden als Täter identifiziert
Lokalen Angaben zufolge stammen die Angreifer aus der Ethnie der Fulani. „Insgesamt wurden am 14. April fünf Dörfer angegriffen und 29 weitere Menschen getötet, darunter ein evangelischer Pastor“, sagte Andrew Dewan. Im Dorf-Kompnanle hätten die Angreifer die Kirche in Brand gesteckt.
Diese Region wurde bereits an Weihnachten 2023 von den Terroristen heimgesucht. Damals wurden über 300 Christen getötet. Laut Dewan folgten diese Angriffe einem bestimmten Muster und seien „Bestandteil des täglichen Lebens in der Region“.
Rache als Motiv für die blutigen Anschläge?
Rache könne ein Motiv für die jüngsten blutigen Taten an Ostern sein. Wenige Wochen zuvor hatten Kriminelle zwei Jugendliche aus der Volksgruppe der Fulani ermordet. Es sei ein „Kreislauf der Gewalt“, fasste Dewan zusammen.
Wie schon bei vorherigen Angriffen kritisieren Vertreter der Kirche die Regierung. Der Grund: Nach dem Massaker an Weihnachten hatten Regierungsvertreter versprochen, die Sicherheitsvorkehrungen zu verstärken, um die ansässigen Bauern besser zu schützen. Die meisten der Bewohner in der Region sind Christen.
Die Gemeinden hätten Andrew Dewan zufolge kein Vertrauen in die Regierung Nigerias. Sie suchten Schutz und Zuflucht in den Kirchen, „aber es ist eine solche Flut von Binnenflüchtlingen“, erklärte er. In den vergangenen Monaten habe die lokale Kirche 16 Camps für Binnenvertriebene eingerichtet und für weitere Vorkehrungen gesorgt.
Besonders Frauen und Mädchen leiden
Benue im Süden ist ein weiterer Brennpunkt der Verfolgung. Auch dort hätten um Ostern herum mindestens 38 Menschen bei Angriffen ihr Leben verloren. Das teilte Remigius Ihyula, ein Priester und lokaler Projektpartner von „Kirche in Not“, mit.
Seinen Recherchen zufolge seien seit Anfang 2024 im Bundesstaat Benue über 230 Personen getötet, 60 verletzt und 65 entführt worden. Frauen und Mädchen würden seinen Angaben zufolge besonders leiden. „Wir hören zahlreiche Berichte von Vergewaltigungen. Wir haben die betroffenen Frauen mit Traumahelfern in Verbindung gebracht. Wir überlegen jetzt, wie wir diese Vorfälle melden können, ohne weiteren Schwierigkeiten ausgesetzt zu sein.“
Religiöse Konflikte im Middle Belt durch den Klimawandel verstärkt
Da sich der Klimawandel bemerkbar mache, seien auch Auseinandersetzungen zwischen Bauern und Nomaden im fruchtbaren Middle Belt zunehmen ein Problem. Zusätzlich zu den wirtschaftlichen und ethnischen Gründen käme der religiöse Aspekt: Es gebe Anzeichen dafür, dass die mehrheitlich muslimischen Fulani von islamistischen Gruppierungen radikalisiert, mit Waffen ausgestattet und dazu benutzt werden, Christen aus dem Gebiet zu vertreiben oder zu töten.
Schreibe einen Kommentar