Nach dem Abitur stehen dir alle Türen der Welt offen. Sagt man zumindest. Blöd nur, wenn es so scheint, als stehe man in einem riesigen, weißen Raum mit vielen, vielen Türen. Und niemand kann einem die Entscheidung abnehmen, welche Tür die richtige ist.
Und trotzdem versuchen es viele. Ganz gleich, ob es die Tante ist, die man nur einmal im Jahr zu Gesicht bekommt, oder der Nachbar, der meint, jahrelanges Nebeneinanderwohnen berechtige dazu, Einfluss auf die berufliche Zukunft des unbeholfenen Gymnasiasten aus dem Nachbarhaus zu nehmen. Egal, ob Ausbildung, Auslandsjahr oder Studium. Es scheint, als hätte jeder zu meinen Plänen eine Meinung, die selbstverständlich auch noch unwiderlegbar richtig wäre.
So musste ich mir schon so einige neunmalkluge Kommentare anhören, aber ich war selbst schuld. Früher habe ich den Fehler gemacht, jeder Person, die mich nach meiner Zukunft gefragt hat, lang und breit darzulegen, was ich später denn so vorhabe. Doch danach kamen immer irgendwelche Einwände. Immer! Und die Vielzahl an Einwänden ist groß. Sehr groß! Sie reichen von „Aber Alexander, das ist doch nichts für dich!“, über „Du bist mir vielleicht ein Träumer“, bis hin zu „Weißt du schon welch schlechte Berufsaussichten dich danach erwarten?“ Ein besonders netter Kommentar, der mir in bester Erinnerung blieb: „Ist das nicht eine Nummer zu groß für dich?“ So wurde ich immer wieder aufs Neue verunsichert – bis ich schlussendlich die Entscheidung getroffen habe, keiner Menschenseele mehr irgendetwas über meine Zukunft zu erzählen. Ich will mich nicht mehr beeinflussen und verunsichern lassen. Ich werde meinen eigenen Weg gehen.
Die Jugend von heute – einfach nur planlos?
Und trotzdem rückt das Abitur immer näher. So wird die Frage „Und, was machst du nach dem Abitur?“ nicht weniger oft gestellt. Doch darauf habe ich mich mittlerweile eingestellt und so folgt meine immer gleichbleibende, standardisierte Antwort: „Weiß nicht. Hab ja noch Zeit.“
Vielleicht sind es Antworten wie diese, die den Eindruck entstehen lassen, dass die „Jugend von heute“ bis zuletzt keinen Plan davon hätte, wie es nach der Schule weitergehen soll. Sie möchte angeblich nicht begreifen, dass es ein „Nach-der-Schule“ gibt, sie würde nicht erwachsen werden wollen und hätte vor allem jegliches Zeitgefühl verloren. Woher sonst soll die Phrase „Hab ja noch Zeit“ kommen?
Doch das ist falsch. Die „Jugend von heute“ hat einfach keinen Bock mehr, sich für ihre Zukunftsentscheidungen rechtfertigen zu müssen. Ich zum Beispiel kann mit Fug und Recht behaupten, dass ich nach insgesamt vier Praktika, mehreren Ferienjobs, zahlreichen Uni-Informationstagen und vielen mehrstündigen Internetrecherchen schon weiß was ich will. Doch muss ich dies dann auch jeder x-beliebigen Person unter die Nase binden? Ich denke nicht. Ich frage diejenige doch auch nicht, was sie in ihrem Leben noch erreichen möchte, wo sie sich in fünf, vielleicht zehn Jahren sieht. Und das aus einem ganz einfachen Grund: Es ist ihr Leben – und nicht meins.
In aller Ruhe zur Entscheidung
So etwas wie einen Zukunftsmasterplan gibt es nicht. Keiner kann jetzt schon wissen, ob sein angestrebter Weg der richtige ist. Und eins steht natürlich auch fest: Es gibt nicht diese eine richtige Tür. Jeder hat verschiedene Interessen, Hobbies, Veranlagungen und Zukunftserwartungen. Trefft daher in aller Ruhe und vor allem ohne Beeinflussung von außen eure Zukunftsentscheidungen.
Pia
Hallo Alexander, ich habe da ähnliche Erfahrungen gemacht wie du. Belächelt zu werden, wenn man einer fremden Person von den eigenen Zukunftsplänen erzählt. Allerdings war es bei mir eigentlich immer so, dass ich schon ernst genommen wurde wenn ich meinem Gegenüber meine echten Absichten durch das Erwähnen von Praktika und ersten “Erfahrungen” klar gemacht habe. Du hast vollkommen recht: Nur weil ein Berufswunsch im ersten Moment utopisch oder unerreichbar klingt, heißt es nicht, dass man nicht wenigstens versuchen sollte, seine Ziele zu verwirklichen.
Alexander Sicheneder
Hallo Pia, genau meine Rede;) Einfach versuchen, sein Ziel zu verwirklichen – egal was andere sagen. Wenn’s dann doch nicht klappt, dann hat man zumindestens das gute Gewissen, es wenigstens versucht zu haben. ABER: Immer einen Plan B im Hinterkopf haben – denn ohne den kann der Schuss ganz schnell nach hinten losgehen.
Andrea Schöne
Ich habe vor 3 Jahren mein Abi gemacht und bin gerade im 6. Semester meines Bachelor-Studiums. Ich studiere Politikwissenschaft und musste mir gerade von Bekannten meiner Familie immer die Frage anhören “Und was kann man damit später einmal machen?” Das nervte mich auch sehr und leider kommen diese Fragen immer noch. Selbst meine beiden Auslandssemester in Italien wurden von einigen sehr in Frage gestellt, was mich sehr enttäuscht hat, da man für diesen großen Schritt vielmehr Unterstützung und Rückhalt aus dem Heimatland und Umfeld braucht. Und noch dazu studiere ich auch noch internationale Politik, wo ein Studium im Ausland doch eigentlich auf den ersten Blick Sinn ergeben sollte. Meine Eltern haben mich immer unterstützt und glauben daran, dass ich meinen Weg gehe mit dem was ich mache. Daher weiß ich nun auf wen ich wirklich zählen kann und mir ist es egal was die anderen reden.
Lasst euch da nicht beirren, ihr werdet auch euren Weg gehen und selbst wenn man scheitert ist das doch nicht schlimm. Daraus lernt man auch etwas. Wichtig ist es nur überhaupt irgendein Ziel mal vor den Augen zu haben, finde ich.
Marcel
Auch ich habe oft Scherze über meine Studiums- und Berufswahl hören müssen, aber ich denke so ergeht es jedem einmal im Leben! Wichtig ist, stets offen für neue Dinge zu sein. Geht man mit Scheuklappen durchs Leben, so bleiben meist die besten Schmankerl des Lebens verborgen. Wenn man keine Vorstellung von seiner Zukunft hat, warum dann nicht mal über ein paar Dinge belesen? Duales Studium bei der Bahn, Kunstgeschichte an einer Universität, Erzieher_in Ausbildung, oder vielleicht doch Profisportler. Alles ist möglich, man muss nur die richtige Einstellung haben! LG Marcel