Fußball ist eine der populärsten Sportarten der Welt, verliert jedoch durch astronomisch wachsende Spielergehälter, Ablösesummen und Ticketpreise die Nähe zu den Fans. Ein Kommentar von Toni Kiefersauer.
Ungefähr seit dem Zeitpunkt, ab dem ich einem Ball hinterher laufen konnte, war Fußball mein liebstes Hobby und meine Leidenschaft. Ich habe als kleiner Junge jede freie Minute im Garten gekickt, als Schuljunge jeden Tag nach der Schule und später im Verein. Abends schaue ich Spiele im Fernsehen und lese sämtliche Fußball-Neuigkeiten des Tages.
Auf diesem Wege habe ich in den letzten 15 Jahren natürlich auch die Entwicklung der Spielervergütungen mitverfolgt. Die Unterschiede zwischen tatsächlichem Marktwert eines Spielers und der Ablösesumme, die für selbigen bezahlt wird, nimmt immer mehr zu. Das gleiche gilt für die Gehälter der Fußballer.
Wie viel mehr muss es noch sein?
Das beste Beispiel hierfür ist die englische Premier League, die 2012 bereits rund 1,25 Milliarden Euro TV-Gelder auf ihre Vereine verteilen konnte, 2016 sind es bereits 2,3 Milliarden. In der Bundesliga ist es dieses Jahr nur knapp eine Milliarde. So bekommt Englands Tabellenletzter aktuell mehr TV-Gelder als der deutsche Meister FC Bayern. Einen zusätzlichen finanziellen Regen bekommen die Clubs der Premier League durch ihre hohen Ticketpreise. Zugegebenermaßen sind Bundesligaspiele auch kein Schnäppchen, aber die Engländer sind in Europa Spitzenreiter, was die Höhe der Kosten für einen Fußballnachmittag im Stadion betrifft.
Beeinflussung des gesamten europäischen Fußballmarktes durch die Premier League
Besagte Solvenz englischer Clubs führt dazu, dass auf dem gesamten Fußball-Transfermarkt die Preise für Spieler und deren Gehälter enorm in die Höhe schnellen. Zum einen, weil Spieler meist zu dem Club wechseln, der ihnen den besser dotierten Vertrag anbieten kann. So müssen Klubs ohne derartige TV-Einnahmen auf andere Weise in der Lage sein, solch hohe Spielergehälter zu bezahlen oder die guten Spieler bleiben einem finanziell schwächeren Team ganz einfach aus.
Zum anderen ist die finanzielle Lage der Fußball-Clubs in der Öffentlichkeit bekannt, sodass Vereine, die einen Spieler verkaufen, automatisch eine höhere Ablösesumme verlangen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie diese bekommen, ist aus genannten Gründen ziemlich groß.
Das wohl beste und aktuellste Beispiel hierfür ist der im August zustande gekommene Transfer des Franzosen Paul Pogba. Dieser ist für die Weltrekord-Ablösesumme von 105 Millionen Euro von Juventus Turin (ITA) nach Manchester United (ENG) gewechselt. Bei diesem Transfer hat Juventus Turin als geforderte Ablösesumme rund das Doppelte des derzeitigen Marktwerts Pogbas verlangt und Manchester United hat diese Summe bezahlt.
Als kleine Anekdote: Bis 2012 spielte Paul Pogba bereits bei Manchester United, wurde dann aber vom Trainer aussortiert und ablösefrei nach Turin ziehen gelassen. Dort reifte er und machte mit seinen guten Leistungen auf sich aufmerksam, sodass ihn neben seinem Ex- Club auch noch andere Clubs gerne verpflichten wollten. Aber vor der horrenden Ablösesumme schreckte letztlich nur der Verein aus England nicht zurück.
Dieser Spieler-Transfer löste eine Art Kettenreaktion aus. Mit dem eingenommenen Geld war Juventus in der Lage, im gleichen Transferfenster noch den argentinischen Starstürmer Gonzalo Higuain vom SSC Neapel zu verpflichten. Dabei war die Ablösesumme ebenfalls circa doppelt so hoch wie der eigentliche Marktwert des Spielers. Diese zwei Transfers sind lediglich ein winziger Ausschnitt aus dem Fußball-Geschäft, sie zeigen jedoch die Kettenreaktion, die durch die die astronomisch gestiegene Solvenz der Engländer und deren Folgen für den ganzen Markt auf.
Schwindende Nähe zu den Fans
Die meisten Fußballfans können eine derartige Kommerzialisierung nicht für gut heißen und haben neben ihrer Leidenschaft zum Fußball auch die berechtigte Angst, dass ihr Sport in Zukunft komplett vom Kommerz überschattet wird. Früher stand der Sport an sich mehr im Zentrum und dieser war auch für die Fans günstiger erlebbar. Heute muss man sich mit hohen Kosten für Stadion-Tickets und Fan-Artikel und sogar mit zusätzlichen Fernsehgebühren abfinden.
Zudem gibt es immer weniger Spieler, die authentische Identifikationsfiguren für ihre Fans darstellen. Wie auch, wenn ein Spieler so viel Geld in einer Woche verdient wie der Durchschnittsbürger in zehn Jahren? Hinzu kommt, dass sehr viele Spieler bei einem für sie finanziell lukrativen Angebot einfach den Verein wechseln. Dies, ohne je zu bedenken, dass sie vielleicht beim neuen Club wesentlich weniger Wertschätzung bekommen, oder gar auf der Reservebank landen. Dies hat schon mehreren Spielern ihre Karriere ruiniert.
Meine Bedenken, dass sich die eigentliche Sportart Fußball durch den Kommerz zunehmend vom begeisterten Fan entfernen könnte, möchte ich anhand des Falles von Bastian Schweinsteiger abrunden.
Bestverdienender Arbeitsloser der Welt
Bastian Schweinsteiger war einer der größten Stars beim FC Bayern München, bezog rund 10 Millionen Euro im Jahr und bekam von den Fans und der Vereinsführung größte Wertschätzung. Nach der WM 2014 konnte er wegen mehrerer Verletzungen beim FC Bayern nicht sein volles Potential ausschöpfen und spielte eher selten. Daraufhin wechselte er zu Manchester United. Denn er war der Wunschspieler des damaligen United Trainers Louis van Gaal. Bis hier hin ist an dem Wechsel auch nichts auszusetzen. Die Ablösesumme von rund 20 Millionen Euro für einen großen Spieler wie Bastian Schweinsteiger, ist selbst in heutiger Zeit in Ordnung. Aber als Jose Mourinho neuer United Trainer wurde, sortierte dieser im selben Zug unseren Schweini aus. Somit wurde Schweinsteiger zu einem teuren Problem für seinen Club, denn laut seines Vertrags bekommt er noch bis Sommer 2017 rund 385.000 Euro pro Woche. Laut der tz verdient er so jährlich rund 18.5 Millionen Euro.
Schweinsteiger ist damit momentan einer der bestbezahltesten Arbeitslosen der Welt und Manchester United hat mindestens 18,5 Millionen Euro zum Fenster rausgeworfen. Hoffentlich geraten die Märkte nicht noch weiter so aus dem Gleichgewicht. Deren Erholung ist vielmehr nötig. Schließlich wollen wir Fans und noch viele Generationen nach uns die schönste Nebensache der Welt weiterhin genießen können.
Bea
Hi Toni!! Du sprichst mir aus der Seele…Gruß Bea
Schulze
Hallo Toni, das ist ein sehr guter Kommentar von dem ich hoffe, dass ihn viele Fans und solche, die es mal waren, lesen. Viele Grüße von Andreas Schulze Aus Walchensee