„Leben heißt sich ändern, und Vollkommenheit heißt, sich oft geändert zu haben.“
Mit diesem Zitat drückt John Henry Newman eine Haltung aus, die er uns selbst vorgelebt hat und so für uns zu einem tugendhaften Vorbild im Glauben wird. Wer war er und was kann er uns heute mit auf den Weg geben?

John Henry Newman wuchs 1801 in London in einer christlichen Familie auf. Da sein Vater ein wohlhabender Mann war, kam Newman auf ein Elite-Internat und später in das Trinity-College nach Oxford, wo er Theologie studierte. Eine frühe persönliche Krise führte ihn dorthin und er wurde schließlich 1825 zum anglikanischen Priester ordiniert.
Ein Erneuerer aus dem Geist des Urchristentums
Seine Aufgabe sah er darin, die in seinen Augen darniederliegende Staatskirche aus dem Geist des Urchristentums zu erneuern, weshalb er die Kirchenväter studierte. Liberalismus und Individualismus, der Glaube als Privatsache begreift, waren ihm zuwider. Newmans Predigten in den Jahren von 1828 bis 1843, wo er Vikar an der Universitätskirche im Oxford College war, entfachten die „Oxford Bewegung“ mit dem Ziel hochkirchlicher Reformen in der anglikanischen Kirche.
Vom Mittelweg zum katholischen Weg
Newman bemühte sich, das Selbstverständnis der anglikanischen Kirche als mittlerer Weg zwischen Katholizismus und Protestantismus aus dem Geist der alten Kirche neu zu begründen. Von dieser Überzeugung eines „Via-Media“ musste er sich jedoch schmerzlich distanzieren, denn dieser erwies sich als unhaltbar. Zu groß wurden Anfeindungen und Widerstand seitens der Anglikanischen Kirche. Newman zog sich in das kleine Dorf Littlemore zurück, wo er von da an ein eremitisches Leben in Bescheidenheit führte.
Wie auch sein Landsmann Thomas Morus 300 Jahre zuvor, entscheidet sich John Henry Newman nach langem Ringen für den katholischen Glauben, nachdem 1841 das Britische Parlament mit Zustimmung des Erzbischofs von Canterbury die Errichtung eines mit der preußischen evangelischen Kirche gemeinsam versehenen Bistums in Jerusalem beschließt. Er gibt seine Ämter auf und konvertiert 1845 zum Katholizismus. 1847 wird er zum katholischen Priester geweiht und tritt der Gemeinschaft der Oratorianer Philipp Neri bei.
Der Glaube ist legitimes Produkt rationalen menschlichen Handelns
Er gründet schließlich 1848 ein Oratorium in Birmingham; das Erste in England. Dort erscheint sein religionsphilosophisches Hauptwerk „Grammatik der Zustimmung“ und 1879 wird er auf Drängen von katholischen Laien von Papst Leo XIII. zum Kardinal ernannt. Newman war ein Verteidiger des 1. Vatikanischen Konzils mit Auseinandersetzungen über das neue Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes.
Ein „Kirchenvater der Neuzeit“
Die Theologie von Kardinal Newman war schöpferisch-kreativ, frisch und seiner Zeit vorausgehend, vor allem, was seine Lektionen über das Gewissen und seine Sichtweise der Laien-Rolle in der Kirche anbelangt. Er wurde zum „Vater des Zweiten Vatikanischen Konzils“ ernannt, auch wenn es erst im Jahrhundert nach seiner Lebenszeit stattfand. Seine Lehre hat zahlreichen Menschen geholfen, den Glauben in Gott zu finden und dem eigenen Bewusstsein und Gewissen zufolge in richtiger und gerechter Weise zu handeln. [1]
Protest gegen den religiösen Liberalismus
In den heutigen politischen Debatten wird eine neue Kultur der Freiheit angeboten, bei der jeder machen kann, was er will. Doch diese Freiheit ist trügerisch, denn Menschen suchen immer stärker nach Orientierung und Halt. Der Liberalismus und Relativismus können kein Angebot sein, das das Christentum zu einer von vielen Möglichkeiten auf dem Supermarkt der Religionen degradiert.
Kardinal Newman erneuerte seine Kritik am Liberalismus in der Religion, indem er diese Mentalität mit Worten beschrieb, die von prophetischer Bedeutung für unsere Zeit sind: Der religiöse Liberalismus ist “die Lehre, dass es keine positive Wahrheit in der Religion gibt, dass vielmehr ein Glaubensbekenntnis so gut ist wie das andere. Die geoffenbarte Religion ist nicht Wahrheit, sondern Gefühl und eine Sache des Geschmackes, keine objektive Tatsache, nicht übernatürlich, und jeder Einzelne hat das Recht, sie das sagen zu lassen, was ihm passt. Über die Religion eines Menschen nachzudenken, ist ebenso anmaßend, wie sich um die Quellen seines Einkommens und die Führung seiner Familie zu kümmern. Religion ist in keiner Weise ein gesellschaftliches Band”.[2]
1890 stirbt Kardinal Newman in Birmingham. 2010 von Papst Benedikt XVI. seliggesprochen und von Papst Franziskus 2019 heiliggesprochen, ist er ein Heiliger der Neuzeit, da er wie damals ein starker Fürsprecher für uns Gläubige in Zeiten des um sich greifenden Liberalismus sein kann.
[1] Vgl. https://bistum-regensburg.de/termine/details/kardinal-john-henry-newman
[2] Vgl. https://de.catholicnewsagency.com/article/650/der-heilige-john-henry-newman-ein-mutiger-zeuge-fur-die-wahrheit-wider-den-zeitgeist
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