Von Politik haben wir eigentlich keine Ahnung, von Steuern, Miete und Versicherungen sowieso nicht. Aber wir suchen nach dem Sinn und strotzen nur so vor Selbstbewusstsein. Das ist doch was.
Generation Y, so werden die Menschen bezeichnet, die etwa im Zeitraum von 1990 bis 2010 zu den Teenagern zählten. Total bescheuert, finde ich. Wir sind doch keine Variabel. Wir werden auch die „Digital Natives” genannt, weil wir mit Internet, Smartphone und Playstation groß geworden sind. Das ist zumindest faktisch richtig. Aber was soll das „Y”?
Im englischen wird das „Y” wie why ausgesprochen, die Frage nach dem „Warum?” wird gestellt. Ich bin Teil dieser Generation, kann sie aber ehrlich gesagt nicht wirklich definieren. Laut der Wochenzeitung „Die Zeit” sind wir Pragmatiker, „der Spiegel” beschreibt uns als wählerisch, laut der „FAZ” suchen wir nach Selbstverwirklichung und dem Sinn. Da sind wieder das Warum und der Sinn. Wenn wir wählerisch sind, bedeutet das dann, dass wir nur arbeiten wenn wir einen Sinn in der Arbeit erkennen? Und wenn wir nach Selbstverwirklichung streben, heißt das dann, dass wir uns voll und ganz für etwas einsetzten, sobald wir einen Sinn erkennen? Was ist denn überhaupt unser Sinn? Der Welt zu zeigen, dass jetzt Superman kommt?
Selbstverwirklichung! Los!
Vor dem Aufstehen erst einmal Facebook, Twitter und Instagram checken. Ich muss ja wissen, was Laura heute Morgen zum Frühstück gegessen hat und ob mal wieder irgendeine Bank die Währung ins Schwanken bringt. Up to date muss man schon sein. Mal eben das süße Hundewelpenvideo weitergeschickt und im Gruppenchat die Abendplanung besprochen. Das ist für uns ganz normal. Das alles ist Kommunikation im Bruchteil von Sekunden. Aber es ist immer noch Kommunikation. Nur weil sie schneller geworden ist, ist sie nicht weniger wert. Diese Entwicklung kann man kritisieren, aber wir tun es nur dann, wenn wir plötzlich auf Facebook eine Spielanfrage von unserer Tante bekommen. Schnappschüsse, Videos, kurze Sprachnachrichten. Diese Informationen erscheinen vielleicht schwachsinnig, aber sie sind Bestandteil unserer Kommunikation und letzten Endes auch unserer Darstellung und Selbstverwirklichung. Wir können uns anderen mitteilen und erzeugen durch unsere vielen, kleinen Posts ein Bild von uns. Auf unseren Fotos zeigen wir uns nicht umsonst von unserer Schokoladenseite, wir wollen schließlich allen zeigen: „Hallo, hier bin ich (vor dem Eifelturm oder im Kino oder bei meinem Lieblingsitaliener …) !”
Du bist einzigartig. Genau wie jeder andere!
Es scheint, als suggerieren uns die sozialen Netzwerke: „Du bist etwas ganz Besonderes!” Ja man, weiß ich doch. Dass uns auf Instagram nur die polierte und gestriegelte Version der Wirklichkeit gezeigt wird, ist doch egal. Wir befinden uns anscheinend in einer Blase, in der wir stupide über den Touchscreen unseres Smartphones wischen. Beflügelt von der Hoffnung, dass wir irgendwann den Sinn erkennen. „Es gehört zu den besten Traditionen der Studenten in allen Ländern der Welt, neuen gütigen und politischen Ideen in besonderem Maße aufgeschlossen zu sein.”, schrieb „Die Zeit” 1947. Wenn man jetzt an das Nachkriegsdeutschland oder die deutsche Revolution 1848 denkt, dann haut das schon hin. Damals waren es unter anderem die Studenten, die in ihren Burschenschaften das neu entflammte Nationalgefühl aufrecht erhalten haben. Aber der Sturm auf die Bastille, der damals von Frankreich nach Deutschland wehte, scheint sich wohl mittlerweile gelegt zu haben.
Traumtänzer? Schlafmütze? Utopist?
„Die Welt” nennt uns Traumtänzer und zieht den Vergleich mit Einhörnern, die über eine Blumenwiese springen. Schöne Vorstellung, aber blauäugig sind wir nicht. Das behaupte ich jetzt einfach mal. Warum? Weil ich’s kann. Soziologen behaupten, dass wir hohe Erwartungen haben. An uns und die Arbeitswelt. Wir sehen uns schon früh in Führungspositionen, aber sind vollkommen orientierungslos und politisch nicht interessiert. Sehr richtig, das passt nicht zusammen. Sind wir denn so alleine auf unserer Blumenwiese? Wenn jeder so ist , wie er gerne sein möchte, gibt es dann überhaupt noch ein „wir”? Jeder kann leben, arbeiten und studieren wo er möchte. Es gibt unzählige Möglichkeiten, alle Wege stehen uns offen. Kein Wunder, wenn man dann etwas orientierungslos ist. Ist „Generation der Möglichkeiten” vielleicht treffend? Ach, nein. Ich bin ja wählerisch. Generation X, Y, oder Z. Mir doch egal. Schluss mit dem Klassifizieren. Kein Mensch passt in eine Schublade.
Des Pudels Kern?
„In der modernen Gesellschaft bilden Studenten kaum mehr ein Ferment produktiver Unruhe. Es geht nicht mehr darum, sein Leben oder gar die Welt zu verändern, sondern deren Angebote bereitwillig aufzunehmen und sich in ihr, so wie es nun einmal ist, angemessen und distanziert einzurichten.”, behauptete der Soziologe Ludwig von Friedeburg 1965. Dass drei Jahre später die 68er-Bewegung einen Markstein in der Geschichte auslöste, konnte man da noch nicht wissen. Die Jugend von heute hatte wohl schon damals keinen Plan, aber wenn ein Soziologe das behauptet, muss es ja stimmen. War wohl nix mit Dichter und Denker, schade. Superman sind wir aber trotzdem. Oder doch lieber ein Einhorn?
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