Pilatus will von Jesus wissen, was Wahrheit ist. Was ist schon wahr in dieser Welt? Die Wahrheit Gottes zeigt sich am Kreuz. Hier können Menschen Jesus begegnen. Von Benedikt Bögle.
Nachdem Jesus verhaftet wurde, wird er zum Verhör zu Pontius Pilatus gebracht (Johannesevangelium 18,28-19,16a). Pilatus scheint hin- und hergerissen. Er will den Mann nicht zum Tod verurteilen. Er weiß aber auch: Lässt er Jesus frei, könnte das zu einem Volksaufstand führen, der am Ende auch seinen eigenen Kopf kosten könnte. Er ringt mit sich und er ringt mit Jesus, der nicht beschwichtigend reagiert, sondern beinahe noch Öl ins Feuer gießt. Er sagt: „Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf meine Stimme. Pilatus sagte zu ihm: Was ist Wahrheit?“ Ganz unvermittelt begegnet Pilatus Jesus – und damit der Wahrheit selbst.
Fastenzeit: Umkehr zu Gott
Aus christlicher Perspektive geht es in der Fastenzeit nicht nur um den reinen Verzicht. „Zerreißt eure Herzen, nicht eure Kleider, und kehrt um zum HERRN, eurem Gott“, schreibt etwa der Prophet Joel (Joel 2,13). Nicht der reine Verzicht – etwa auf Alkohol oder Fleisch, Netflix-Serien oder Zigaretten – steht im Mittelpunkt, sondern die Hinwendung zu Gott. Die Fastenzeit will wieder freie Zeit schaffen, in der Menschen ihrem Gott begegnen können. Diese Begegnung kann ganz unterschiedlich aussehen. „Es gibt so viele Wege zu Gott, wie es Menschen gibt“, sagte Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., einmal in einem Interview mit dem Journalisten Peter Seewald. Und das gilt auch für die Begegnung mit Gott – und für die ganze Fastenzeit. Und trotzdem gibt es gerade in der Heiligen Schrift immer wieder Vorbilder, die zeigen, wie einzelne Menschen in Jesus Christus ihrem Gott begegnen konnten.
Zeugnis über die Wahrheit
Die Begegnung zwischen Pilatus und Jesus wird ganz plötzlich, ganz unverhofft sehr tief. Was als Verhör mit einem potentiellen Straftäter begann, entwickelt sich in Windeseile zu einem Gespräch über die Wahrheit. Die Frage, die Pilatus stellt, ist eine Frage, die jeden Menschen umtreibt: Was ist Wahrheit? Das kann man sich immer wieder im Alltag fragen: Sagt eine Person die Wahrheit ? Was ist hier, in einer ganz konkreten Frage, die Wahrheit? Man kann sich diese Frage aber auch tiefer stellen: Was ist die Wahrheit über mich selbst, über mein Leben, über meine Welt? Diese Frage kann zur Begegnung mit Jesus führen.
Jesus selbst ist Wahrheit
Jesus sagt von sich, er sei gekommen, um von der Wahrheit Zeugnis abzulegen. An anderer Stelle wird er noch deutlicher: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ (Johannesevangelium 14,6). Jesus identifiziert sich selbst mit der Wahrheit. Man könnte sagen: Er ist die Antwort auf die Frage nach der Wahrheit. Das wird besonders in der Passionsgeschichte deutlich. Dass in Jesus, der Sohn Gottes, selbst leidet und am Kreuz stirbt, sagt etwas über Gott und die Welt aus: Jesus nimmt aus freiem Willen das Leid der Welt auf seine Schultern. Gerade am Kreuz kann man daher Jesus begegnen – dort wird seine Liebe sichtbar. Dahinter liegt eine tiefe Wahrheit; ja: Die Antwort auf die Frage nach der Wahrheit.
Schreibe einen Kommentar