Inspiriert von den Frauenrechtlerinnen in Deutschland, gründete Dr. Auma Obama, die ältere Halbschwester des US-Präsidenten Barack Obama, die Stiftung „Sauti Kuu Foundation“. Sauti Kuu stammt aus der Sprache Kisuaheli und bedeutet auf Deutsch „starke Stimmen“. Ihr Ziel ist es, die Mentalität der Menschen in Kenia nachhaltig zu verändern. Sie will gerade jungen Menschen im Alter von 7 bis 25 Jahren einen Anstoß geben, ihr eigenes Potenzial zu leben. Ein Bericht von Andrea Schöne.
Die jungen Menschen müssen lernen, sich für ihre eigenen Rechte einzusetzen und ihre eigenen Wertvorstellungen definieren. Dies verdeutlichte Dr. Obama an einem Beispiel: In Kenia herrscht eine starke Furcht vor Autorität, besonders in Verbindung mit Geld. Besonders fatal ist dabei, dass die Autoritäten und deren Einfluss von der Bevölkerung überhaupt nicht hinterfragt werden. Ein Diebstahl in einem Sammelbus wird von den jungen Menschen in Kenia mehr verurteilt als einen Beamten bestechen zu müssen, um einen Pass zu erlangen.
Korruption wird als normal angesehen und daher auch nicht verurteilt. Sie versucht, den Kindern zu verdeutlichen, dass sie ihren eigenen Wertehorizont aufbauen und nach diesem handeln können. In diesem Fall müssen die Kinder erkennen, dass sie ein Recht darauf haben, einen Pass zu bekommen und dafür kein Beamter Bestechungsgelder einfordern darf. Die jungen Menschen müssen Achtung vor sich selbst aufbauen und ihre Rechte erkennen und einfordern. Korruption muss als Straftat erkannt werden und nicht als ein allgegenwärtiges Übel. Erst dann wird die Korruption in Kenia zurückgehen.
„Wenn man das Licht in euren Augen nicht sieht, ist das, wie tot sein“
Auma Obama ermutigt die Jugend, Menschen in die Augen zu schauen, denn wenn man keinen Augenkontakt hat, dann ist man abwesend. Die Jugend hat ein Recht darauf, ihr Leben selbst zu bestimmen, sie muss auf sich aufmerksam machen, damit sie von den Erwachsenen gehört wird. Die Jugendlichen müssen lernen, dass sie das Recht haben, Nein zu sagen, auch vor ihrer Familie. Sie haben oft ganz andere Möglichkeiten für ihre Zukunft als ihre Eltern, da sie meist eine bessere Schulbildung haben und damit auch mehr Möglichkeiten, sich weiterzubilden. Die Jugend alleine entscheidet über ihre Zukunft. Oft haben Kinder eine „Stimme ohne Ton“. Dr. Auma Obama forderte dazu auf, Kindern und Jugendlichen zuzuhören. In der afrikanischen Kultur redet man nicht so viel mit seinen Kindern. Daher schauen viele Kinder bei Vorträgen zur Seite, weil sie es nicht gewohnt sind, Erwachsenen „auf Augenhöhe“ zu begegnen.
Für die Entwicklung eines Kindes ist es sehr wichtig, dass es ernst genommen wird. Dann wird es seine Stimme erheben und mit den Erwachsenen reden. Dr. Auma Obama verdeutlichte dies am Beispiel, wie die Jugend ihre Träume ausdrückt. Man solle zum Beispiel ein sechsjähriges Kind in Kenia und in Deutschland fragen, warum es in die Schule geht. Ein kenianisches Kind hat ihr geantwortet: „Ich will lernen, einen Beruf bekommen, arbeiten.“ Das deutsche Kind antwortete: „Weil Mama und Papa das wollen.“ Die Wahrnehmung von Schulbildung ist ganz verschieden. Die Hauptsache ist, dass Kinder ein Ziel haben, für das sie sich anstrengen. Dabei ist es ganz egal, ob ein Kind in Afrika oder Deutschland aufwächst. Ohne Motivation kann weder ein Kind in Kenia noch in Deutschland seine eigenen Ziele verwirklichen. Ganz egal in welchem Land ein Kind aufwächst, für die Verwirklichung ihrer Ziele braucht es die Unterstützung der Erwachsenen.
„Wie ich mich behandle, so behandeln mich auch andere“
Ein Teil der persönlichen Entwicklung der Jugendlichen besteht darin, die eigenen Ressourcen und die ihres Landes zu erkennen. Die afrikanischen Länder sind nicht arm, sie sind reich an Rohstoffen und haben oftmals auch gute Möglichkeiten, Ackerbau zu betreiben. Gerade eine gefestigte Landwirtschaft im Land ist wichtig, um unabhängig von anderen Staaten bei der Lebensmittelversorgung zu sein. Land zu bewirtschaften wird von den Kenianern aber nicht wertschätzt, vielmehr wollen die meisten studieren, obwohl sie nicht die finanziellen Möglichkeiten haben. Daher ist es wichtig, den jungen Menschen ein praktisches und realistisches Denken nahezubringen. Sie können auch später noch studieren, wenn die finanziellen Möglichkeiten besser sind.
Stolz auf die eigene Arbeit zu sein, hat etwas mit Selbstwert zu tun. Die Arbeit als Landwirt verdient genauso viel Wertschätzung wie die Arbeit eines Arztes. Wie man sich selbst behandelt, so wird man auch von anderen behandelt. Dennoch muss die Jugend motiviert sein, hungrig sein, sich verbessern zu wollen. Dr. Auma Obama bemängelte, dass die Jugend im Westen nicht mehr hungrig nach Wissen ist, sie hat nur noch Angst vor Arbeitslosigkeit. Dies ist in Kenia nicht der Fall.
„Afrika ist kein kranker Kontinent“
Eine wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen dem Westen und Afrika kann nur mit einer Kommunikation auf Augenhöhe funktionieren. Der Wert Afrikas wird nicht erkannt. Es flüchten bei weitem nicht alle Menschen, da der Weg lange und schwierig ist. Die Leute wollen viel lieber zuhause bleiben. Dr. Auma Obama wies ausdrücklich darauf hin, dass die Entwicklungen in Afrika sich auch auf uns auswirken werden. Die afrikanische Bevölkerung ist dabei, ein neues Bewusstsein zu entwickeln. Die Leute haben keine Lust mehr, Kaffee, Schokolade und Baumwolle anzubauen, weil sie mit anderen landwirtschaftlichen Produkten viel mehr verdienen und den gleichen Lebensstandard wie im Westen erreichen wollen. Diese Güter werden in der Zukunft wieder knapper werden. Die Verantwortung liegt bei allen. Dr. Auma Obamas Schlusssatz: „Menschen leben in Afrika mit Würde. Afrika ist kein kranker Kontinent, das würde doch die Menschen entehren.“
Mit ihrem Vortrag gab Frau Dr. Obama dem Publikum ein ganz neues Bild von Afrika. Ganz anders als es in den Medien stetig dargestellt wird. Leider konnten damit nicht alle Zuhörer so gut umgehen, sodass einige den Saal vorzeitig verlassen haben. Einige waren beschämt, da sie erkennen mussten, dass auch ihre Hilfsprojekte nicht nachhaltig sind und nur den Slumtourismus fördern. Mir persönlich bleibt Dr. Auma Obama als eine starke Frau in Erinnerung, die sich kein Blatt vor den Mund nimmt und für mich zu einem großen Vorbild geworden ist, für die eigenen Rechte zu kämpfen.
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