Ich habe eine neue Begeisterung. Darts! Gut, zugegeben, diese Begeisterung verspüre ich einmal pro Jahr. Immer genau dann, wenn die Bundesliga tief in der Winterpause steckt und sich draußen der Schnee so hoch türmt, dass an rausgehen kaum zu denken ist. Doch Zeitvertreib ist nicht der Grund, warum sich der allgemeine Sportfanatiker die Darts-WM anschaut. Vielmehr ist es das, was wir auch beim Fußball, Handball oder Volleyball erleben wollen – Emotionen und ein spannendes Match. Und gerade der Darts-Sport lebt von diesen beiden Komponenten.
Bloß keine schnöden Vorurteile!
Wer sich unter Darts nur übergewichtige Männer mittleren Alters vorstellt, die, gekleidet in ausgeleierten Darthemden, mit kleinen Pfeilchen auf eine Scheibe werfen, und dabei frenetisch von betrunkenen Massen angefeuert werden, der irrt gewaltig. Sicherlich, das Übergewicht mancher Sportler ist nicht zu bestreiten, auch die Darthemden werden auf den Laufstegen in Paris und New York keinen Preis gewinnen und der Alkohol fließt im Publikum in Massen, doch hinter alldem steckt eine – man möchte fast sagen – ungeheure Begeisterung. Diente der Präzisionssport in den 1920er Jahren noch als Ablenkung von der harten Arbeit für die englischen Fabrikarbeiter, so ist er heute mehr als nur eine Kneipensportart. Rund um den Globus werfen Menschen Pfeile auf eine Scheibe. Und überall dort finden sich Emotionen, die man sich bei einem solch einfachen gestrickten Spiel eigentlich nicht auszumalen glaubt. So auch bei der kürzlich geendeten Weltmeisterschaft. Wenn 7.000 Fans im Alexandra Palace in London den nächsten 180er Wurf ihres Idols feiern, bebt die ganze Insel.
Aber was macht Darts so besonders?
Es sind die Typen, die Spieler, die Darts und die Show leben. Geborene Entertainer, extrovertierte Künstler, oder im Falle von Stephen Bunting einfach ein netter Junge von nebenan, der aussieht wie die berühmte Zeichentrickfigur „Peter Griffin“ aus der Serie „Family Guy“. Alle mit einem besonderen Händchen gesegnet. Das erkennt man an den Statistiken der diesjährigen WM. Weit mehr als sechshundert 180er, also perfekte Würfe, wurden geworfen. Das sind mehr als doppelt so viele wie noch vor zehn Jahren. Das spricht für eine enorme Qualität und Ausgeglichenheit, die man auch in den einzelnen Spielen wiederfinden konnte. Den Höhepunkt fand diese Ansammlung von Talent – wie sollte es anders sein – im Finale.
Anderson, der sich in diesem Winter in einer Weltklasse-Form zeigte, gegen Taylor, den wahrscheinlich besten Spieler der Geschichte. Ein unglaublich spannendes, enges Spiel, das erst nach 13 Sätzen für den vermeintlichen Außenseiter Anderson entschieden wurde. Mit klatschnassen Händen saß ich nach stundenlangem Darts-Krimi vor dem Fernseher. Fast 1,9 Millionen Menschen schauten mit mir das Spiel. Sensationelle Quote für einen Spartensport im Spartensender Sport1. Dessen Zuschauerschnitt liegt normalerweise bei etwas unter 200.000 Neugierigen.
Weitere deutsche Hoffnungsträger dringend gesucht
Doch nicht nur die Profis lieferten eine starke Leistung ab, auch einige Deutsche präsentierten sich beim prestigeträchtigsten Darts-Turnier der Welt. Unter ihnen der 18-jährige Max Hopp. Mit 15 Jahren nahm dieser bereits an seiner ersten WM teil, dieses Jahr war für ihn nach der 2. Runde Schluss. Hopp ist der Hoffnungsfunke, der die deutsche Beteiligung an der Darts-WM zumindest am Leben erhält. Dass nicht mehr geht, ist schade. Wie geil wäre es, bald einen Deutschen im Alexandra Palace zum Sieg zu singen? Klar, das ist alles Zukunftsmusik, doch man sollte niemals nie sagen.
Für mich bleibt nur zu hoffen, dass er vielleicht das ein oder andere Wunderkind animiert hat, sich die verstaubte Dartscheibe vom Speicher zu holen. Ich werde das jetzt auch machen. Wunderkind bin ich leider keines, deswegen muss Deutschland wohl noch etwas auf seinen ersten WM-Titel im Darts warten. Die Vorfreude auf nächstes Jahr wird bei mir deshalb trotzdem nicht kleiner.
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