Am Dienstag gab es wieder einen internationalen Gedenktag. Habt ihr es mitbekommen? Richtig, der internationale Weltfrauentag, in Italien auch „La festa delle donne“ genannt. Während meines Auslandsstudiums in Norditalien habe ich den Weltfrauentag zum ersten Mal gebührend gefeiert und mir einige Gedanken zu diesem Gedenktag gemacht.
Alles Mimose!?
Während meiner Sprachkurse hatte ich schon davon gehört, dass die Männer den Frauen am Weltfrauentag in Italien traditionell Mimosen schenken. Diese Woche Montag führte mich mein Weg zur Universität wieder an einem Blumengeschäft vorbei und ich sah im Vorbeigehen Sträuße mit sonnengelben Mimosen in den verschiedensten Größen und kombiniert mit anderen Blumen. Auf dem Schild steht, die Blumen seien für „La festa delle donne“. Im Schaufenster einer Apotheke wurde zum Ehrentag der Frau ein Rabatt für ein Pflegeprodukt für Frauen angepriesen. Und auf der Hauptpiazza gab es einen Stand, der auf medizinische Angebote für Frauen hinwies und natürlich auch Mimosensträuße verkaufte. In einer Bäckerei wurde sogar „Torta Mimosa“, also Mimosenkuchen verkauft. Ich hoffte natürlich auch einen Blumenstrauß mit Grüßen zu bekommen.
Am nächsten Tag war es soweit: „La festa delle donne“. Diesmal waren beim Blumenladen viele männliche Käufer von Mimosensträußen und auf den Straßen sah ich viele Frauen mit den gelben Blumen zu Ehren der Frau in der Hand. In meinem Lieblingscafè bestellte ich einen Latte Macchiato und erhielt wegen des Festtages zwei Stückchen Schokolade geschenkt. Ich war sehr überrascht, aber begeistert, dass diese Bräuche auch heute noch in Italien so stark verbreitet sind und es hat mir gefallen, einen Tag lang als Frau auch einmal die eine oder andere Annehmlichkeit zu bekommen. Ich beobachtete die Menschen um mich herum. Ein Straßenverkäufer bot ebenfalls Mimosensträuße an, diese Blumen konnte man an diesem Tag wirklich nicht übersehen.
Der Weltfrauentag – hoher Feiertag hier, Bedeutungslosigkeit dort
In Deutschland wird der Weltfrauentag überhaupt nicht richtig gefeiert. Niemand von den Herren der Schöpfung kommt hier überhaupt auf die Idee, mir einen schönen Weltfrauentag zu wünschen. Das hat mich schon etwas frustriert und verärgert. Daher habe ich beschlossen, selbst ein paar Freundinnen mit Blumen zu beschenken, um ihnen eine Freude zu machen. Ich ging mit meinen Freundinnen essen und auch hierbei trafen wir nur Frauenrunden an. Später gab es eine Party zum Weltfrauentag. Zunächst mussten wir draußen warten, da in dem Saal eine geschlossene Frauengemeinschaft den Frauentag feierte.
Sehr zu meinem Erstaunen erzählten mir Freundinnen aus den verschiedensten anderen Ländern, wie in ihrem Heimatland der Frauentag gefeiert wird. Während in Deutschland viele Frauen diesem Tag keine große Bedeutung beimessen, ist dieser in vielen anderen Ländern der Welt ein großes Fest, das vergleichbar groß wie Weihnachten oder Ostern gefeiert wird. In Kasachstan haben alle Frauen zu Ehren des Frauentags drei Tage frei, werden von den Männern mit Blumen und Pralinen und noch vielem mehr beschenkt. In der Ukraine haben die Frauen zwei Tage frei und werden reich beschenkt. Auch in Russland kennt jede Frau diesen Tag und feiert ihn.
Als ich mit meinen Freundinnen in den Saal kam, saßen dort Frauen der verschiedensten Altersgruppen und jede natürlich mit einem Strauß Mimosen in der Hand. Männer hatten zu diesem Zeitpunkt keinen Eintritt. Der Saal füllte sich immer mehr, alle Lieder handelten von Frauen und ihren guten Eigenschaften. Alle Frauen tanzten zusammen zur Musik und dann bekamen auch die Männer Zutritt.
Der kulturelle Hintergrund des Festes
Ganz im Gegensatz zur deutschen Redensart „eine Mimose sein“ sollen die Blumen als Geschenk für Frauen nicht darauf abzielen sie als schwach, verwundbar oder zart darzustellen. Die Mimose ist eine der ersten Blumen, die im Frühling in Italien blüht und sie sticht mit ihrer strahlend gelben Farbe durch die eher noch winterlich braune Umgebung hervor. Warum den Frauen Mimosen geschenkt werden, ist meiner Recherche nach nicht auf eine bestimmte Geschichte zurückzuführen. Die einen meinen, dass Mimosen bereits zur Zeit des faschistischen Italiens im 20. Jahrhundert das Symbol der Frauenbewegung waren; die anderen sagen, dass sie von der italienischen Frauenbewegung 1946 bei ihrer ersten Tagung in Rom nach dem Zweiten Weltkrieg als Symbol hergenommen wurden, da sie Mimosen vor den Fenstern ihrer Tagungsstätte sahen.
„La Festa delle Donne“ ist auf die erzkonservative Gesellschaft Italiens bis in die 1960er beziehungsweise 1970er Jahre zurückzuführen, als Frauen nur an diesem Tag im Jahr ohne männliche Begleitung alleine ein Lokal besuchen durften. Bis heute feiern Frauen ihren Ehrentag zunächst unter sich. Darüber hinaus finden auch immer wieder Demonstrationen statt, um auf Gewalt gegen Frauen und Verletzung von Frauenrechten hinzuweisen.
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