Die Füße stehen fest auf dem Brett, die Hände umschließen das Seil: Nach wenigen Sekunden rast sie über das Wasser, macht erst einen Vorwärtssalto, dann eine 360-Grad-Rotation und übergibt am Ende noch die Hanteln in der Luft. Der „Frontmobe“ gehört zu den schwierigsten Tricks im Wakeboarding. Julia Rick hat ihn als weltweit einzige Frau geschafft. Dabei wollte die Hürtherin eigentlich Profi-Fußballerin werden…
… aber dann musstest du Dich entscheiden: Fußball oder Wakeboarden. Warum ist es der Wassersport geworden, Julia?
Wakeboarden ist meine Leidenschaft und jeder Moment auf dem Wasser macht mir Spaß. Wenn man hart trainiert, zeigt sich das relativ schnell in Wettkampf-Erfolgen: Ich bekomme beim Wakeboarden einfach eine bessere Rückmeldung für meine eigene Leistung. Das ist beim Fußball nicht unbedingt der Fall, da ist man nicht nur von sich selbst, sondern von vielen anderen Faktoren abhängig. Und beide Sportarten zusammen auf hohem Niveau zu betreiben ist einfach nicht möglich.
Zehn Jahre hast Du beim 1. FC Köln in der 2. Bundesliga gespielt. Wie bist Du überhaupt zum Wakeboarden gekommen?
Ich bin durch einen Zeitungsartikel darauf aufmerksam geworden, dass bei mir in der Nähe eine Wasserski-Anlage eröffnet hat. Ich wollte erst einmal Wasserski und später dann auch Wakeboarden ausprobieren. Davon war ich sofort „hin und weg“. Seit rund vier Jahren bin ich jetzt dabei, Anfang letzter Saison habe ich meinen ersten Sponsoringvertrag mit CTRL Wakeboards bekommen.
Du betreibst den Sport erst seit rund einem Jahr professionell, schon in diesem Jahr bist Du Europameisterin der Open-Ladies-Kategorie in Schweden geworden. Wie hast Du es so schnell in die Weltspitze geschafft?
Ich besitze einen gewissen Ehrgeiz, der mich immer wieder motiviert und antreibt, mich weiter zu verbessern und neue Tricks dazu zu lernen. Und ich versuche den Sport relativ professionell anzugehen, was Training, Wettkampf und Sponsoring betrifft. Natürlich muss auch immer Spaß dabei sein, ich freue mich jedes Mal aufs Neue, auf´s Wasser zu gehen!
Hängt der Erfolg auch damit zusammen, dass die Konkurrenz nicht so stark ist, wie in anderen Sportarten?
Nein, der Sport ist zwar noch relativ jung, aber gerade in den letzten Jahren ist das Niveau bei den Frauen stark gestiegen, sodass es natürlich eine gute Konkurrenz gibt. Die Konkurrenz „schläft nicht“ und somit kann man nur an der Spitze bleiben, wenn man sich stetig weiter verbessert.
Du trainierst fast täglich am Bleibtreusee in Brühl. Wie sieht ein typischer Trainingstag aus und was machst Du in den Wintermonaten?
Ich studiere momentan BWL an der Universität zu Köln, das Training richtet sich nach meinem Stundenplan: Meistens gehe ich vormittags zur Uni und trainiere am Nachmittag mit Freunden an der Wakeboardanlage. In den Wintermonaten, wenn die Anlagen in Deutschland geschlossen sind, halte ich mich durch Kraft- und Ausdauertraining fit und gehe Kiten. Dieses Jahr trainiere ich über Weihnachten und Neujahr in Antalya.
Was ist beim Profi-Wakeboarden noch wichtig?
Die richtige Ausrüstung: Vom Board über die Bindung bis zum Neoprenanzug. Damit werde ich von meinen Sponsoren versorgt. Die sind sehr wichtig, denn der Sport ist auf internationalem Wettkampfniveau sehr kostenaufwendig. Die vielen Reisen zu den verschiedenen Wettkämpfen auf der ganzen Welt sind sehr teuer, allein in diesem Jahr war ich in Texas, Bratislava, Wien, Stockholm, St. Petersburg, Abu Dhabi… Einen Teil konnte ich diese Saison durch Sponsorengelder unter anderem von Panasonic und Barmenia Versicherungen decken, aber ich bin immer auf der Suche nach weiteren Sponsoren.
Du hast als einzige Frau auf der Welt den „Frontmobe“ geschafft. Wie lange hast Du darauf hintrainiert und wo liegt die Schwierigkeit bei diesem Trick?
Man braucht bei diesem Trick sehr viel Höhe und die Geschwindigkeit ist sehr hoch, Stürze können sehr schmerzhaft sein. Ich habe eigentlich gar nicht so lange gebraucht, um ihn das erste Mal zu „stehen“. Es hat eher Überwindung gekostet, ihn das erste Mal zu versuchen. Aber dann hatte ich das Gefühl, mir würde dieser Trick sehr gut liegen und so habe ich ihn auch relativ schnell erlernt.
Wie gefährlich kann Wakeboarden werden?
Gehirnerschütterungen in Verbindung mit einer kurzzeitigen Amnesie oder Prellungen kommen bei diesem Sport häufig vor. Besonders gefährlich wird es, wenn sich das Seil, von dem man gezogen wird, zum Beispiel um die Hand oder gar den Hals wickelt und dann wieder auf Spannung kommt.
Was sind deine Stärken, wo musst Du Dich noch verbessern?
Beim Wakeboarden kann man sich eigentlich immer weiter verbessern, immer neue Tricks dazulernen. Das ist das Faszinierende an dem Sport: Er wird nie langweilig. Momentan arbeite ich besonders daran, meinen Style auf Hindernissen zu verbessern. Meine Stärken sehe ich in den „Air Tricks“, bei denen ich mich durch die Spannung des Umlaufseils aus dem Wasser herauskatapultiere und dann in der Luft verschiedene Drehungen mache, wie bei dem „Frontmobe“.
Du kommst viel in der Welt rum. Welche Reise ist Dir am intensivsten hängen geblieben?
Jede Reise war etwas Besonderes, alle Erlebnisse und Erfahrungen waren einzigartig. Außerhalb des Sports habe ich die intensivsten Erfahrungen in Texas gemacht, weil das mein erster Aufenthalt in den USA war und alles einfach „anders“ war. Aus sportlicher Sicht waren die IWWF Europameisterschaft in Schweden und die WWA Weltmeisterschaft vor kurzem in Abu Dhabi sehr aufregend!
Wakeboarding ist in Deutschland eher unbekannt. Wie beliebt ist die Sportart im Ausland?
Wakeboarden kommt ursprünglich aus den USA und wurde anfänglich nur hinter einem Boot betrieben, genau wie Wasserski. Die Cables kamen erst später. Daher ist Wakeboarden, zumindest hinterm Boot in den USA am bekanntesten. Aber in Deutschland gibt es mit rund 70 Cables die meisten Wasserski- und Wakeboardanlagen auf der ganzen Welt!
Früher hattest du den Traum, mit Fußball dein Geld zu verdienen. Welche Ziele hast Du heute?
Ich bin sehr zufrieden mit dieser Saison und möchte den Erfolg im nächsten Jahr so beibehalten. Meine Ziele: Nächstes Jahr unter anderem meine Titel bei der Deutschen- und Europameisterschaft verteidigen und die IWWF Weltmeisterschaft auch im Open Ladies Bereich zu gewinnen! Aber über allem steht natürlich die Gesundheit, das ist nämlich das Wichtigste: Auch in Zukunft fit zu bleiben, um weiter auf dem Level zu fahren!
Weitere Infos gibt es unter http://julia.ricknet.de.
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