Mit dem Interrailticket kann man bis zu einem Monat quer durch Europa reisen. EU-Politiker wollen es jetzt jedem EU-Bürger zur Volljährigkeit schenken.
Ein Roadtrip der besonderen Art: Mit einem Interrailticket kann man bis zu einem Monat quer durch Europa reisen und sich so den Traum von einer Rundreise und einem Abenteuer erfüllen. Im Europaparlament wurde kürzlich der Vorschlag gemacht, jedem EU-Bürger zum 18. Geburtstag ein solches Ticket zu schenken. Dahinter steckt der simple Gedanke, ihnen so die Möglichkeit zu geben, das Europa, in dem sie leben, zu erfahren, zu erleben und zu entdecken. Judith (18) und Leila (22) haben das Interrailticket für ihre Europareise benutzt. Hier erzählen sie von ihren Erfahrungen.
Mit wem seid Ihr gereist und wie lange wart Ihr unterwegs?
Judith: Ich bin mit meiner besten Freundin Lisa für 3,5 Wochen gereist.
Leila: Mein Freund Dominik und ich waren für zwei Wochen unterwegs.
Wie kamt Ihr auf die Idee mit einem Interrailticket durch Europa zu reisen?
Judith: Lisas Eltern haben uns schon ganz oft von ihren Erfahrungen erzählt, als sie damals mit dem Ticket gereist sind. Dann waren Sommerferien und wir wollten auch weg. Da wir aber damals erst 17 waren, durften wir von unseren Eltern aus nur innerhalb Europas reisen. Wir haben uns dann für das Interrailticket entschieden, weil wir damit viele Länder in kurzer Zeit besuchen konnten und das sogar noch relativ günstig. Außerdem waren wir auch einfach ein bisschen abenteuerlustig.
Leila: Nach meinem Bachelor wollten Dominik und ich eine größere Reise zusammen machen und wir haben auch überlegt, nach Bali oder Afrika zu reisen. Dann ist uns allerdings klar geworden, dass wir auch ganz viele europäische Städte noch nicht kennen und haben uns deswegen für Interrail entschieden. Außerdem konnten wir so mehr in kurzer Zeit sehen.
Welche Länder habt Ihr bereist und wieso habt Ihr Euch für sie entschieden?
Judith: Lisa und ich waren in England, Schottland, Irland, Norwegen, Schweden und Dänemark. Um von Irland nach Norwegen zu kommen, waren wir dann allerdings auf ein Flugzeug angewiesen. Wir haben uns für Europas Norden entschieden, weil wir mit unseren Eltern oft in den Süden nach Spanien, Frankreich oder Italien gefahren sind. Wir wollten einfach mal den Norden kennenlernen und so auch einen anderen Teil von Europa. Skandinavien hat uns beide außerdem schon immer gereizt und Lisa wollte unbedingt nach London.
Leila: Wir haben uns vorher die Route überlegt und sind in Prag gestartet. Wir sind nach Prag geflogen, da man leider nicht im eigenen Land das Ticket benutzen kann. Die Flüge nach Prag waren aber auch relativ preiswert, sodass die Stadt ein guter Ausgangspunkt war. Von dort sind wir dann weiter nach Wien, Venedig, Paris, Amsterdam und Maastricht gereist. Venedig und Prag waren absolute Wunschstädte von uns, auch weil wir von Freunden schon viel Gutes gehört haben. Als kleines Kind war ich schon in Paris, wollte die Stadt aber gerne noch einmal erleben und mein Freund ist ein großer Fan von Amsterdam, sodass wir auch dort einen Stopp eingelegt haben.
Wie seid Ihr auf Eurer Reise Europa begegnet? Gab es einen Moment, in dem Ihr Euch besonders als Europäer gefühlt habt?
Judith: Es war schon toll, dass wir überall hin gekommen sind, ohne unseren Pass vorzeigen zu müssen, außer England natürlich. Aber eigentlich ist das für unsere Generation ja auch normal. Wer allerdings überrascht war, war meine Gastfamilie aus den USA, bei denen ich gewohnt habe, als ich dort ein halbes Jahr zur Schule gegangen bin. Die waren fasziniert, dass man so einfach und vor allem in so kurzer Zeit mit dem Zug 5 verschiedene Länder bereisen kann. Das kennen die Amerikaner so ja gar nicht, aber für uns ist das ganz normal.
Leila: Ich habe es schon genossen überall hinreisen zu können und vor allem so viele unterschiedliche Kulturen in so kurzer Zeit erleben zu können. Wir wurden einmal im Nachtzug auf der Strecke von Venedig nach Paris in der Schweiz kontrolliert. Da hat nachts um drei Uhr ein Polizist an unsere Kabine geklopft und wollte unsere Pässe sehen. Aber das war schon in Ordnung, schließlich gibt uns das auch ein Gefühl von Sicherheit und im Nachtzug schläft man ja sowieso nicht so gut.
Wie habt Ihr Europas Vielfalt erfahren?
Judith: Was mich auf unserer Reise am meisten beeindruckt hat war, dass man so unterschiedliche Kulturen, Menschen und Mentalitäten auf so kleinem Raum erfahren kann. Man muss nicht lange im Zug sitzen, um sich in einer ganz anderen Landschaft oder Region wieder zu finden, das beste Beispiel dafür ist wohl England und Irland. Das fand ich toll. Außerdem ist mir aufgefallen, dass alle Menschen auf ihre Art freundlich waren, aber doch eben alle unterschiedlich. Ein anderes Beispiel ist das Essen. Während die englische Küche sehr deftig ist, haben die Skandinavier schon einen sehr grünen und ernährungsbewussten Eindruck gemacht.
Leila: Leider haben Dominik und ich von den Einheimischen auf unserer Reise nicht so viel mitbekommen. Das lag aber zum Größten Teil daran, dass wir sehr touristische Städte besucht und unsere Reise vorher geplant haben. Allerdings ist mir besonders aufgefallen wie teuer Wien ist und auch dort haben die Menschen einen etwas hochnäsigen Eindruck auf mich gemacht. Eine Szene ist mir noch gut in Erinnerung: In einem Café habe ich einen Pfirsich Spritzer bestellt und den Kellner gefragt, was genau in dem Getränk sei. Der hat ziemlich verständnislos geantwortet. Das war schon ein bisschen arrogant, aber das spiegelt ja nur den Kellner wider.
Denkt Ihr, dass durch das geschenkte Ticket junge Menschen
bewusstere Europäer werden und Europa neu entdecken?
Judith: Ich kann mir schon vorstellen, dass junge Menschen der Idee Europas ein Stück näher kommen. Wenn jeder ein Ticket zur Volljährigkeit bekommen würde, würde es ja auch mehr Menschen benutzen. So kann man während der Reise ganz unterschiedliche Leute treffen und sich so austauschen und neue Kontakte in andere Eu-Länder knüpfen.
Leila: Ich finde die Idee klasse. So viele junge Menschen gehen nach dem Abitur weiter weg, nach Australien oder Amerika. Dabei haben wir so eine kulturelle Vielfalt und tolle Nachbarländer direkt vor der Haustür. Da fände ich es schade, wenn man das ignorieren würde.
Und was denkst Du über den Vorschlag des EU-Parlaments? Diskutiere mit!
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