Immer wieder fühlen wir uns von anderen gedrängt, ihren Bitten und Wünschen nachzukommen. Welche Handlungsmöglichkeiten haben wir? Warum fühlen wir uns überhaupt gedrängt? Wie kommen wir damit zurecht? Wie treffen wir Entscheidungen, die richtig sind und glücklich machen? Wie am besten Nein sagen? Und wie mit einem Nein umgehen?
Kennst du das? Du bist bei einer Geburtstagsfeier eingeladen, würdest gerne gehen, aber der Gastgeber hätte es soo gerne, dass du noch ein bisschen bleibst. Oder du musst an der Uni ein Referat halten und dein Kommilitone möchte unbedingt mir dir das Thema tauschen, obwohl dir ein Thema viel besser gefällt. Oder eine Freundin bittet dich um eine dringende Korrekturarbeit – am besten bis morgen, du musst aber selbst auf eine anspruchsvolle Klausur lernen.
Oder deine Clique will sich abends treffen, du wolltest diesen Abend aber einfach für dich haben. Oder eine Mitbewohnerin möchte gerne mit dir den Küchendienst tauschen, dir passt ihre Woche aber nicht in den Terminkalender. Oder eine Freundin lädt dich zu einer Veranstaltung ein, du hast aber eigentlich gar kein Interesse daran.
Immer wieder werden wir mit Mitmenschen konfrontiert, die uns um einen kleinen (oder größeren) Gefallen bitten, ihre Wünsche an uns herantragen, Zeit mit uns verbringen wollen oder uns bei Veranstaltungen dabeihaben wollen. Problem ist aber: Nicht immer wollen wir das auch. Oftmals fühlen wir uns aber gedrängt, gezwungen oder unter Druck gesetzt, die Erwartungen unserer Mitmenschen zu erfüllen. Das ist kein schönes Gefühl! Wie können wir uns davon befreien?
Deine Handlungsmöglichkeiten
Wenn dich jemand um etwas bittet, kannst du der Bitte entweder nachkommen oder du schlägst sie dem Gegenüber ab. Wer sich zu keiner Option gedrängt fühlt, kann frei entscheiden und ist mit seiner Entscheidung glücklich. Fühlst du dich aber gedrängt, sieht es ganz anders aus:
a) Du fühlst dich gedrängt und kommst der Bitte deshalb nach.
- Danach ärgerst du dich über dich selbst, ja, du könntest dir selbst in den Hintern beißen: Warum habe ich ja gesagt?!
- Dich plagen Selbstvorwürfe: Hätte ich doch Nein gesagt…, Ich hätte es so und so machen müssen…
- Und du ärgerst dich über den anderen: Warum drängt der andere mich immer?
b) Du fühlst dich gedrängt, schlägst die Bitte aber ab.
- Du hast ein schlechtes Gewissen, da du das Gefühl hast, den anderen enttäuscht zu haben.
- Du bist von negativen Folgen betroffen: Der andere mag dich möglicherweise weniger, der andere ist wütend, du gerätst in Konflikte, der andere hält dich nicht mehr für hilfsbereit, etc.
Es wird also deutlich: Wenn du dich gedrängt fühlst, stehst du vor einem Dilemma. Du hast die Wahl zwischen zwei Optionen, die dich am Ende beide nicht glücklich machen. Der Schlüssel zum Glück ist daher, sich aus dieser Situation zu befreien. Aber wie?
Warum fühlen wir uns gedrängt?
Um dich seltener gedrängt zu fühlen, musst du erst einmal verstehen, wie es dazu kommt. Es kann zwei Gründe haben:
a) Der andere erwartet tatsächlich etwas von dir (z. B. deine Freundin erwartet tatsächlich, dass du noch etwas länger bei ihrer Geburtstagsfeier bleibst).
b) Du hast das Gefühl, der andere erwartet etwas von dir, obwohl das in Wirklichkeit nicht der Fall ist (z. B. deine Freundin würde dich zwar gerne noch etwas länger dabeihaben und hat dich deshalb gefragt, ob du noch länger bleiben willst, es ist für sie aber völlig in Ordnung, wenn du jetzt gehen musst).
Sofern du dich nur aus Grund b) gedrängt fühlst, kannst du dich freuen: Der andere hat tatsächlich keine Erwartungen an dich. Du hast die Situation falsch aufgefasst und dir deshalb selbst Druck gemacht. Du stehst somit gar nicht vor einem Dilemma, sondern kannst dich für die Option entscheiden, die dir am besten zusagt.
Woher weißt du, ob du wirklich gedrängt wirst?
Es ist nicht immer leicht zu erkennen, ob Grund a) oder Grund b) vorliegt. Manchmal (z. B. bei einer guten Freundin) kann es helfen, dem anderen zu sagen, dass du das Gefühl hast, er hat eine Erwartung an dich – so bietest du ihm die Gelegenheit sich dazu zu äußern und vermeidest Missverständnisse. Eine weitere Möglichkeit ist, danach zu differenzieren, wie viele Personen angesprochen werden.
Will sich z. B. deine Clique, die aus mehreren Personen besteht, treffen, ist die Erwartung, dass du unbedingt dabei sein musst geringer, als wenn eine einzelne Person sich unbedingt heute mit dir treffen will. Anhand dieser Anhaltspunkte kannst du zwar nicht immer herausfinden, aus welchem Grund du dich gedrängt fühlst, aber erkannt zu haben, an welchen Gründen das Sich-gedrängt-fühlen liegen kann, hilft bereits enorm.
Musst du dich überhaupt gedrängt fühlen?
Sofern Grund a) vorliegt, du von dem anderen also tatsächlich zu etwas gedrängt wirst, stellt sich die Frage, ob du dich überhaupt gedrängt fühlen musst. In Ausnahmefällen trifft das zu, z. B. wenn eine Mutter von ihrem Kind verlangt, dass es die Hausaufgaben erledigt oder, wenn deine Mitbewohner verlangen, dass du mal wieder putzt, da du dich wochenlang davor gedrückt hast.
In den allermeisten Fällen hast du aber keine Pflicht, irgendetwas zu tun, was ein anderer von dir verlangt. Mache dir das bewusst! Und gestehe dir zu, die Erwartungen anderer nicht erfüllen zu müssen. Betrachte deine Gefühle und Bedürfnisse als wichtig, ordne sie nicht stets den Erwartungen anderer unter und sage nicht immer unterwürfig Ja.
Entscheide dich aus den richtigen Gründen!
Es geht aber auch nicht darum, nur noch an dich zu denken und stets pauschal Nein zu sagen. Ausschlaggebend bei der Frage, ob du einer Bitte oder Erwartung eines anderen nachkommst oder nicht, ist es, dass du deine Entscheidung aus den richtigen Gründen triffst.
- Entscheidest du dich für etwas, weil der andere dich drängt? Es von dir erwartet? Du sonst in Konflikte gerätst?
- Oder möchtest du dem anderen gerade wirklich eine Bitte erfüllen, weil du ihn magst? Weil er dir wichtig ist? Weil du gerade etwas Zeit übrig hast, die du ihm schenken möchtest?
Wie Nein sagen?
Wenn du dich gegen die Bitte eines anderen entscheidest, musst du Nein sagen. Wichtig ist es, dein Nein auf eine freundliche und respektvolle aber zugleich deutliche und entschiedene Weise zu formulieren. Das ist oft gar nicht so leicht. Deshalb können dir diese fünf Tipps helfen:
- Bedenkzeit verschaffen
Es gibt manchmal Situationen, in denen du nicht aus dem Stehgreif entscheiden willst. Verschaffe dir deshalb etwas Bedenkzeit, um die richtige Entscheidung treffen zu können. So sagst du weder vorschnell Ja, noch unüberlegt Nein.
„Das muss ich mir noch überlegen, ich gebe dir morgen Bescheid.“
- Das Nein begründen
Selbstverständlich trifft dich keine Pflicht, dein Nein zu begründen. Für den anderen kann es aber hilfreich sein, zu wissen, warum du seine Bitte abschlägst. So versteht er dein Handeln eher und fühlt sich weniger abgewiesen. Dabei gilt selbstverständlich: Ehrlich bleiben!
„Leider habe ich keine Zeit, weil..“ oder „Ich kann nicht, weil…“
- Jein sagen
Manchmal ist es gar erforderlich, die Bitte komplett auszuschlagen. Vielleicht hast du ja Zeit, um ihr wenigstens teilweise nachzukommen? Gute Lösung für diesen Fall: Ein Jein aussprechen.
„Heute kann ich leider nicht, aber morgen hätte ich Zeit…“ oder „Ich habe gerade keine Zeit, um die ganze Hausarbeit durchzulesen, aber die ersten fünf Seiten könnte ich mir anschauen“
- Lösung aufzeigen
Eine weiter Möglichkeit ist es, dem anderen eine alternative Lösung anzubieten. So zeigst du, dass du dir durchaus Gedanken gemacht hast und hilfst ihm ein wenig weiter.
„Heute kann ich leider nicht, aber morgen würde es bei mir gehen…“ oder „Vielleicht könntest du Hannah fragen, ob sie mit dir den Küchendienst tauscht?“
- Beim Nein bleiben
Schon mal erlebt? Du hast neun Mal Nein gesagt und beim zehnten Mal doch Ja? Ein Fehler, den du unbedingt vermeiden solltest! Hast du dein Nein ausgesprochen, so bleibe standhaft – egal, wie aufdringlich der andere dich bedrängt, seiner Bitte doch nachzukommen. Notfalls: Beende das Gespräch.
„Ich würde es jetzt gerne dabei belassen.“
Wie mit einem Nein umgehen?
Zum Schluss noch ein kleiner Perspektivenwechsel: Oft wirst du auch selbst mit einem Nein konfrontiert. Das tut manchmal weh! Deshalb ist es wichtig zu lernen, wie du damit am besten umgehst. Dabei sind folgende vier Tipps hilfreich:
- Mache dir bewusst, dass du durch das Nein nichts verloren hast. Dein Status quo bleibt erhalten.
- Begegne dem Nein des anderen mit Respekt. Dränge ihn nicht und bleibe freundlich.
- Nimm das Nein nicht persönlich und fühle dich nicht abgewiesen. Der andere lehnt dich nicht als Person ab. Er hat nur zu deiner Bitte Nein gesagt.
- Traue dich weiterhin, anderen Vorschläge zu machen, sie um etwas zu bitten, sie einzuladen oder deine Wünsche an sie heranzutragen, denn das alles kostet nichts. Es gibt viele Menschen, die sich ehrlich freuen, wenn sie z. B. jemand helfen können oder zu einer gemeinsamen Unternehmung eingeladen werden – viele warten auf den ersten Schritt des anderen.
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