Man hört es immer wieder: Arbeitsplätze seien durch die Digitalisierung in Gefahr. Deshalb werden die Stimmen lauter, die das bedingungslose Grundeinkommen als Musterlösung präsentieren – was es aus der Perspektive christlicher Arbeitsethik aber nicht ist.
„Arbeitsplatzverlust durch Digitalisierung“ ist ein medialer Dauerbrenner. Immer wieder neu wird prognostiziert, wie viele Arbeitsplätze in Zukunft wegdigitalisiert werden könnten. Dies wird inzwischen auch als Anlass für die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens gehandelt. Dabei wurde schon mehrmals das baldige Ende der Arbeitsgesellschaft vorhergesagt. Das Plädoyer für ein „arbeitsloses“ Grundeinkommen als Antwort auf die Erosion der Erwerbsarbeit erscheint von daher plausibel.
Allerdings: Neben den Horrorszenarien wie jenem der Studie der US-Forscher Frey und Osborne, wonach jeder zweite Arbeitsplatz gefährdet sei, gibt es auch mildere Prognosen wie etwa die von Holger Bonin und anderen. Deren Einschätzung kann auf folgende Kurzformel gebracht werden: Durch die Digitalisierung wird Arbeit nicht zwangsläufig weniger, sondern anders. Neue Berufe entstehen, alte vergehen. Brauchen wir dann wirklich zwingend ein Grundeinkommen?
Grundeinkommen als Menschenrecht?
„Das Grundeinkommen ist ein Menschenrecht“, findet beispielsweise die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB). Menschen könnten damit ihr Leben freier, würdevoller und ohne materielle Existenzängste gestalten. Sorgearbeit, Eigenarbeit und gemeinnützige Arbeit würden dann endlich finanziell gewürdigt und den Menschen mehr Wahlfreiheit innerhalb dieser Arbeitsformen ermöglicht.
Weitere Argumente für ein Grundeinkommen sind unter anderem eine deutliche Verschlankung der sozialstaatlichen Bürokratie inklusive einer erheblichen Lichtung des Sozialleistungsdschungels; eine Verringerung der Einkommensungleichheit sowie die Realisierung des demokratietheoretischen Ideals: gleiche Menschenwürde, gleiches Wahlrecht, gleiches Grundeinkommen.
Arbeit hat Wert, Arbeit ist Pflicht
Speziell aus der christlich-sozialethischen Perspektive gilt aber: Die Arbeit ist moralische Pflicht und hat einen unhintergehbaren Wert. Jesus selbst hat durch handwerkliche Arbeit seinen Lebensunterhalt verdient; der Apostel Paulus erarbeitete ebenfalls sein Einkommen und forderte von Arbeitsscheuen: „Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen“ (2 Thess. 3,10). „Ora et Labora“ ist die jahrhundertealte Maxime der Benediktinermönche; und auch die moderne kirchliche Soziallehre betont die moralische Pflicht zur Arbeit als Teilhabe des Menschen am Schöpfungswerk Gottes und als Mittel der eigenen Vervollkommnung. Wert und Würde der Arbeit gründen nach christlicher Vorstellung letztlich darin, dass die Arbeit nicht zu trennen ist von dem Menschen, der sie verrichtet.
Weder ist die Digitalisierung der Arbeitswelt Anlass zu einseitiger Untergangsstimmung noch zur Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens. Ein solches ist ohnehin nicht per se so gerecht, so einfach und so praktikabel wie vielfach behauptet. Noch immer nicht geklärt ist vor allem die Frage der Finanzierung: Wer soll das wie bezahlen? Denn was wäre, wenn die Mehrheit im Falle der Einführung nur noch das Grundeinkommen wählen und nur eine Minderheit noch arbeiten wollen würde? Dann gäbe es die wenigen Nettozahler, auf deren Kosten die Vielen arbeits- und bedingungslos vom Grundeinkommen leben könnten.
Das funktioniert nicht und wäre Ausbeutung der wenigen, die dann noch arbeiten. Karl Marx, dessen 200. Geburtstag in diesem Jahr gefeiert wird, würde sich im Grabe umdrehen. Selbst erarbeitetes Einkommen entspricht dem christlichen Menschenbild mehr als ein bedingungsloses Grundeinkommen. Letzteres muss sich am christlichen Arbeitsethos messen lassen.
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