Fair naschen und fair schenken. Das ist gerade jetzt vor Weihnachten aktuell, wenn der Konsum zunimmt und passende Geschenke im Sinne der Nächstenliebe ethisch korrekt sein sollen. Dann hält der ein oder andere Geschenkejäger Ausschau nach fair-gehandelten Produkten. Sebastian Hartmann hat Maria Bedner (25) getroffen, die sich im Rahmen ihres Lehramtstudiums mit Hauptfach Theologie in ihrer Abschlussarbeit mit dem Thema Fairtrade befasst hat.
Liebe Maria, Weihnachten steht vor der Tür und ich möchte meinen Liebsten einen Schoko-Weihnachtsmann zum Fest schenken. Wieso sollte es ein fairer Weihnachtsmann sein?
Das ist eigentlich eine logische Schlussfolgerung, weil ansonsten „anderen eine Freude machen“ und „Menschen ausbeuten“ im Widerspruch stehen würde. Dies gilt insbesondere für Genussmittel, die ja nicht lebensnotwendig sind.
Du sagst, dass bei vielen „normalen“ Produkten Menschen ausgebeutet werden. Was bedeutet Fairtrade denn überhaupt?
Produkte, die mit dem klassischen Fairtrade-Logo versehen sind, erfüllen einen vorgegebenen Katalog an ethischen Mindeststandards, deren Einhaltung überprüft wird. Die markantesten Merkmale sind Mindestpreis und Sozialprämien für Projekte (z. B. Trinkwasserversorgung, Brunnenbau, etc.). Genauer gesagt definiert sich das Leitbild des fairen Handels so: Es geht darum, die Lebensumstände und das Wohlbefinden der Produzenten zu verbessern. An erster Stelle steht der Schutz der Menschenrechte. Im Hinblick auf das derzeit vorherrschende Handelssystem soll ein Umdenken stattfinden. Heruntergebrochen bedeutet das: Partnerschaft statt Ausbeutung.
Schutz der Menschenrechte – das sollte ja eigentlich selbstverständlich sein. Besteht hier wirklich noch Handlungsbedarf? Und macht sich Fairtrade auch im Preis bemerkbar, wenn du von Mindestpreisen sprichst?
Handlungsbedarf besteht massig. Auch Fairtrade-Standards können noch nicht alles abdecken und werden daher stetig weiterentwickelt. Das Ausgangsproblem ist vielmehr, dass die Standards nicht von der Politik, sondern von Organisationen vorgegeben werden. Die Teilnahme an solchen Faitrade-Labeln geschieht nur auf freiwilliger Basis. Ohne es schönreden zu wollen, der Preis für Fairtrade-Produkte liegt höher. Aber auch innerhalb der Fairtrade-Produktpalette gibt es Unterschiede. So findet man auch zahlreiche günstige fair gehandelte Waren in den Regalen. Das Preisargument greift aber nur für bestimmte Produkte. Insbesondere bei Genussmitteln (wie z. B. Schokolade oder Kaffee) kann man die Wahl treffen, während es für Leute mit kleinem Einkommen durchaus schwierig sein wird, auch Kleidung oder andere notwendige Waren konsequent fair einzukaufen.
Mittlerweile haben ja auch Discounter ein großes Angebot an fairen Waren. Kann ich dort mit gutem Gewissen faire Produkte kaufen?
Das ist eine persönliche Ermessensfrage. Da scheiden sich die Geister. Einerseits ist es inkonsequent, da solche Discounter teilweise selbst nicht immer fair mit ihren Angestellten umgehen. Andererseits kann man nicht alles unter einen Hut bekommen. Die Priorität von Fairtrade liegt bei den Produzenten in den Entwicklungsländern. Würde man den fairen Handel hierzulande einschränken, würden Faitrade-Produkte ein Nischendasein führen und die breite Masse nicht erreichen. Aber auch hier hat der Verbraucher die Wahl, ob er seine fairen Produkte im Discounter oder im Weltladen einkauft.
„Mit Fairtrade ist es wie mit Erster Hilfe: Es kann keinesfalls besser werden, wenn man nichts tut.“
Massenhaft faire Waren. Diesbezüglich gab es gerade in jüngerer Zeit auch immer häufiger Kritik am fairen Handel. Oft wird argumentiert, dass Fairtrade letztlich nichts bringt, weil es nicht zu Ende gedacht ist. Was sagst du zu solchen Vorwürfen?
Schlimm finde ich, dass versucht wird, das Fairtrade-System nur zu kritisieren, ohne selbst gangbare Lösungswege aufzuzeigen. Sicherlich ist Fairtrade nicht das Ende, sondern vielmehr der Anfang eines gerechteren Handels. Die Probleme lassen sich nicht von heute auf morgen beseitigen. Das System erst dann zu unterstützen, wenn es perfekt ist, kann nicht funktionieren. Der faire Handel muss sich erst entwickeln, und eben diese Entwicklung zu unterstützen, muss das Ziel sein. Es bei der Kritik zu belassen, ist nur ein Argument, um sein Gewissen zu beruhigen. Frei nach dem Motto: „Es bringt ja eh nichts, also kann ich es auch lassen.“ Dabei gibt es zahlreiche Studien, die eine Verbesserung der Lebensbedingungen belegen. Mit Fairtrade ist es wie mit Erster Hilfe: Es kann keinesfalls besser werden, wenn man nichts tut.
Wenn ich also Erste Hilfe leisten will und meine Weihnachtsgeschenke gerne ethisch korrekt produziert wissen möchte, wo finde ich faire Produkte und wie erkenne ich diese?
Am einfachsten im Weltladen, der Wiege des fairen Handels. Dort gibt es nicht nur die größte Auswahl an fairen Produkten und die Gewissheit, dass sie den Standards entsprechen, sondern man unterstützt auch die Grundidee des fairen Handels. Oft gibt es dort auch ein großes Weihnachtssortiment. Im regulären Handel ist man mit dem blau-grünen Fairtrade-Logo auf der sicheren Seite. Aber auch im Internet findet man inzwischen ein breites Angebot an fairen Waren. Fair ist im Trend. Aber gerade deshalb sollte man nach den offiziellen Logos Ausschau halten.
Was ist dein ultimativer Fairschenktipp?
Ich habe mich dieses Jahr bewusst dafür entschieden, als Weihnachtspost wunderschöne, faire, handgemachte Weihnachtsgrußkarten aus dem Weltladen an meine Lieben zu senden. Außerdem passen auch hochwertige faire Lebkuchen, Süßigkeiten und Schokolade unter den Weihnachtsbaum.
Liebe Maria, vielen Dank für das Gespräch!
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