Es war wieder einmal ein Abend mit vielen guten bis sehr guten Beiträgen, einigen Favoriten und einem wirklich spannenden Abstimmungskrimi zum Schluss, der leider durch einige technische Pannen mehrmals unterbrochen wurde. Als schlussendlich 36 von 40 Ländern ihre Ergebnisse durchgegeben haben, stand fest: Måns Zelmerlöw aus Schweden gewinnt mit seinem Song „Heroes“! Der 28-jährige Schwede konnte sich im Finale des 60. Eurovision Song Contests im österreichischen Wien gegen 26 weitere Kandidaten durchsetzen. Für Schweden ist es bereits der sechste Sieg im weltgrößten Musikwettbewerb, an welchem dieses Jahr auch erstmals und letztmals Australien (Platz 5) teilnahm.
Lange Zeit lag die Russin Polina Gagarina mit ihrer Ballade „A Million Voices“ in den Wertungen vor dem Schweden und landete schließlich mit 62 Punkten Abstand hinter Måns Zelmerlöw. Die Russin hatte eine beeindruckende Stimme und sah mit ihrem weißen Kleid aus wie eine „Prima-Gagarina“. Platz drei geht an das Opern-Trio „Il Volo“ aus Italien mit „Grande Amore“. Bemerkenswert ist damit die Vielfalt der Beiträge: Popsong, Oper und getragene Ballade – noch verschiedener könnten die Spitzenreiter kaum sein.
Trauriges Ende für Deutschland und Österreich
Noch ein Blick auf das Ende der Gewinnerliste: Beklagenswert endete der Abend für Deutschland. Ann Sophie hatte wie „The Makemakes“ aus Österreich keine Punkte erhalten. Dabei vertrat sie Deutschland gut und legte einen schönen Auftritt hin. Sie flirtete mit der Kamera, wirkte souverän oben auf der Bühne. Deshalb ist der Ergebnisstand für die 24-jährige Hamburgerin nur umso enttäuschender. Ebenso unzufrieden werden „The Makemakes“ sein. Auch die Österreicher legten einen guten Auftritt auf das Parkett, brachten sogar ihr Klavier zum „brennen“ – und bekamen genauso keinen einzigen Punkt.
Aus deutscher Sicht stellt sich die Frage, was der Grund des Scheiterns war: Ann Sophie legte eine wirklich gute Show hin, leistete sich keine Fehler. Allerdings konnte sie sich nicht mit der Performance der Schweden messen lassen. Schwedens Sieger Måns Zelmerlöw beeindruckte vor allem mit seiner Choreographie und den projizierten Strichmännchen. Dagegen wirkte der Auftritt von Ann Sophie eher blass und kühl. Lag es vielleicht an der Situation, dass "Black Smoke" selbst im deutschen Radio kaum gespielt wurde? Dass selbst in Deutschland eher vom "Kompromisslösung" gesprochen wurde, nachdem Andreas Kümmert seine ESC-Teilnahme abgesagt hatte? Das schlechte Ergebnis wird in jedem Fall weiterdiskutiert werden: Sollen deutsche Starter zum Beispiel prominenter vermarktet werden? Sollten die Teilnehmer auch international bekannter sein? Sollte womöglich Song und Auftritt eine klarere Botschaft vermitteln, treffender formuliert sein, gerne auch mal anecken?
„We Are The Heroes Of Our Time" von Måns Zelmerlöw drückt dagegen ein junges Lebensgefühl aus, das uns alle anspricht. Wir sind die Macher unserer Zeit. Wir gestalten Zukunft mit. Wir haben es in der Hand, vorbildhaft zu agieren. Vielleicht gerade heute eine aktuelle Botschaft, bedenkt man, dass Leistungsdruck, Beschleunigung und Online-Kommunikation immer weiter voranschreitet, sodass man gerne mal in Versuchung gerät, das wirklich Wichtige zu vergessen.
Der ESC platzt aus allen Nähten
Aber auch schon ohne den diesjährigen Gast Australien platzte der Eurovision Song Contest 2015 aus allen Nähten und sprengte jede einigermaßen vernünftige Sendezeit. Insgesamt 27 Länder nahmen am Finale teil – ein Rekord. Es dauerte allein mehr als zwei Stunden, um alle 27 Teilnehmerinnen und Teilnehmer hintereinander singen zu lassen. Beim ESC 2015 traten übrigens auch fünf Teilnehmerpaare an – so viele wie noch nie.
Der ESC ist mit mehr als 200 Millionen Zuschauern – dieses Jahr auch erstmals in Neuseeland, Kanada und China – die größte Musikunterhaltungssendung der Welt. Trotz transkontinentalen Publikums ist und bleibt der Song Contest fest in europäischer Hand. 17 der insgesamt 27 Finalisten waren Mitglieder der Europäischen Union. Darüber hinaus kamen Sängerinnen und Sänger aus den drei möglichen Beitrittskandidaten Albanien, Serbien und Montenegro sowie Israel und Norwegen, dazu Aserbaidschan, Russland, Georgien, Armenien und – einmalig – Australien.
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