Ich bin hier in Amerika jetzt schon seit sechs Monaten. Für mich ist das Leben mittlerweile ,,mein‘‘ Leben geworden und ich kann mir schon gar nicht mehr vorstellen, wie es ist, nicht mehr hier zu sein. Einiges hat sich jedoch verändert, auch wenn es für mich längst normal geworden ist. Was mir selber aufgefallen ist, erzähle ich Euch hier.
In Minnesota ist es noch kein bisschen wärmer geworden und langsam wird es sogar nervig. Wir haben immer noch Temperaturen von bis zu -20 Grad, Schnee, Eis und dabei ist es schon fast März. Mich würde es nicht einmal mehr wundern, wenn wir an Ostern unsere Eier im Schnee suchen müssen! Wenn man hier wohnt, muss man übrigens immer aufpassen, wenn man nach draußen geht, denn alles ist komplett vereist. Vor einigen Tagen bin ich direkt beim ersten Schritt vor die Haustüre ausgerutscht. Ich dachte, an diese Umstellung könnte ich mich nie gewöhnen, aber um ehrlich zu sein, ist es mittlerweile normal, dass ich nichts mehr spüre, wenn ich länger als fünf Sekunden draußen stehe.
Ich bin seit sechs Monaten nicht mehr Fahrrad gefahren. Wahrscheinlich habe ich es sogar schon verlernt. Absolut niemand fährt hier Fahrrad und ich würde auch nicht mal daran denken, irgendein anderes Mittel als ein Auto zu benutzen, wenn ich irgendwo hinfahren möchte. Fast alle meine Freunde in meinem Alter haben ein eigenes Auto, denn für gewöhnlich bekommt man zu seinem sechzehnten Geburtstag schon sein erstes Fahrzeug, teilweise sogar einen eigenen Truck. Deswegen habe ich eigentlich immer jemanden, der mich zur Schule oder sonst wo hinbringen kann, was verrückt ist, denn in Deutschland bin ich jeden Tag mehrmals mit dem Fahrrad gefahren.
Bei der Essensumstellung weiß ich schon gar nicht mehr, wo ich anfangen soll. Das Essen hier ist unglaublich ungesund. Natürlich gibt es auch normale Gerichte und Salat, nicht nur Hamburger und Pizza. Aber auch Salate und Gemüse und andere herkömmliche Gerichte sowie Nudeln sind sehr viel ungesünder, weil Amerikaner so viel Fett und Öl und Soßen daran machen, dass man manchmal nicht mal mehr wirklich weiß, was man überhaupt isst. Außerdem gehen wir mindestens einmal die Woche in irgendein Restaurant, manchmal sogar mehrmals mit Freunden und dort bestellt man natürlich für gewöhnlich keine Salate, sondern Wings, Spare-Ribs und Burger. Fast Food gehört mittlerweile einfach zum Alltag und ist für mich ganz normale Nahrung. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wieder ,,normal‘‘ zu essen.
In Deutschland war ich außerdem an maximal zwei bis drei Mahlzeiten pro Tag gewöhnt. Hier hat sich das mittlerweile auf ungelogen bis zu sechs Mahlzeiten gesteigert und ich rede hier nicht von Snacks. Ich frühstücke vor der Schule und in der Schule, dann gibt es Lunch gegen zwölf Uhr mittags, vor dem Training gibt es eine Mahlzeit, nach dem Training gibt es Abendessen und wenn man dann noch mit Freunden Essen geht oder später nochmal Hunger hat, dann gibt es die sechste Mahlzeit. Wie sich das entwickelt hat, kann ich mir selber auch nicht erklären. Ich würde versuchen, nicht so oft am Tag zu essen, aber das Problem ist, dass ich auch wirklich immer dann Hunger habe. Das ganze Jahr lang Sport zu machen ist wirklich wichtig, denn andererseits ist es unmöglich, nicht zuzunehmen. Wie viel ich zugenommen habe, kann ich gar nicht genau sagen und ich bin froh, dass man es noch nicht so wirklich sieht, aber wenn ich wieder nach Hause komme, würde ich mich selber auf jeden Fall zehn bis 15 Kilogramm schwerer einschätzen.
Was auch einen Großteil zum Zunehmen beiträgt, ist, dass ich fast gar kein Wasser mehr trinke. Ich weiß, dass es super schlecht ist, aber normalerweise trinke ich nur Limonade, Cola, alle möglichen Arten von Soda in allen möglichen Farben, aber kein Wasser. Ich kann mich jetzt gerade auch ehrlich gesagt gar nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal Wasser getrunken habe. Ab und zu trinke ich Milch in der Schule, aber das war es dann auch mit ,,gesunden‘‘ Getränken. Zu Hause in Deutschland habe ich vielleicht zweimal die Woche Cola getrunken und hier trinke ich alle möglichen Getränke von morgens bis abends.
Schule allgemein ist nicht schwieriger geworden. Dass wir in Deutschland ein bisschen schneller und weiter sind als die Amerikaner, ist mir am Anfang schon aufgefallen, aber so langsam habe ich mich daran gewöhnt, dass ich mich nicht mehr so sehr anstrengen muss. Diese Einstellung ist natürlich unglaublich schlecht, denn wenn ich wieder komme, wird die erste Zeit in der Schule auf jeden Fall ein harter Kampf. Für gewöhnlich habe ich nicht einmal eine einzige Hausaufgabe, weil wir so wenig Arbeit bekommen, dass ich in der Schule mit allem schon fertig werde. Außerdem ist es den Lehrern eigentlich egal, wie viel man schreibt. Hauptsache ist einfach nur, dass man es macht. Ich will nicht sagen, dass ich faul geworden bin, aber ich strenge mich wirklich kein bisschen an und kann trotzdem in jedem Fach noch eine 1, oder ein A, haben.
Zu guter Letzt geht es darum, wie ich mich persönlich verändert habe. Ich selber kann das gar nicht kommentieren, da ich nicht weiß, ob ich mich verändert habe. Von Freunden aus Deutschland, mit denen ich noch in Kontakt bin, weiß ich, dass ich allgemein viel ruhiger geworden bin. Amerikaner machen nicht so eine große Sache aus verschiedenen Dingen wie Deutsche und können einfacher über Dinge hinwegkommen. Wenn mich etwas aufregt oder etwas passiert, mache ich kein Drama draus, denn manche Dinge sind mir mittlerweile einfach egal.
Außerdem habe ich ganz andere Hobbies, unter anderem Country Music und Sportspiele anschauen. Da der High-School-Sport das Größte überhaupt ist, verbringe ich eigentlich fast jeden Tag damit, zu irgendwelchen Spielen zu fahren und meine Freunde anzufeuern. Dazu verkleiden wir uns und machen Poster und ich habe keine Ahnung, was ich mit meiner Freizeit anfangen werde, wenn ich mir keine Spiele mehr ansehen kann. Was es mit dem High-School-Sport und Fan-Sein noch so auf sich hat, erfahrt ihr in meinem nächsten Artikel!
Eure Emma!
Schreibe einen Kommentar