Hat sich nicht jeder schon mal vorgestellt, wie es so ist, eine amerikanische High School zu besuchen? Ob in Filmen wie ,,High School Musical‘‘, TV-Shows, Schulbüchern. Man sieht die amerikanische High School überall, und man denkt sich, dass es wohl das Coolste überhaupt sein muss, in Amerika zur Schule zu gehen. Um ein bisschen Klarheit in die Sache zu bringen, hier ein paar Fakten und Unterschiede zum Thema Schule in den USA.
- Zunächst ein kleiner Hinweis zum Thema Sommerferien: Die Sommerferien hier dauern knapp drei Monate. Das Schuljahr endet Ende Mai/Anfang Juni und beginnt Anfang September. Hört sich erstmal ziemlich gut an, nicht wahr? Ich meine, es ist ja schon mal gut, drei Monate Ferien zu haben, wenn man bedenkt, wie ätzend es doch immer ist, wenn man die sechste Ferienwoche in Deutschland erreicht und sich denkt: Oh man, in ein paar Tagen geht der ganze Wahnsinn wieder los. Aber um das mal festzuhalten, ganz so unglücklich sind wir deutschen Schüler nicht. Herbstferien? Haben die hier noch nie gehört. Was um alles in der Welt sind Herbstferien? Während ihr, zumindest in NRW, sechs Wochen nach Schulbeginn schon wieder Herbstferien habt, sitze ich zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich grade im Matheunterricht und versuche mathematische Formeln auf Englisch zu begreifen. Natürlich gibt es hier Auszeiten zu gewissen Feiertagen wie Thanksgiving, Weihnachten und Ostern. Aber zwei Wochen pro Feiertag? Ha, niemals Leute! Also, nur weil die Sommerferien so lange sind, bedeutet das nicht direkt, dass wir hier mehr Ferien haben und das Schuljahr kürzer ist. Es gibt einfach weniger Auszeiten mittendrin.
Als ich also am 30. Juli herkam, hatte ich noch einen ganzen Monat Sommerferien zusätzlich, die ich so gut wie möglich genutzt habe. Wenn ihr meine letzten Beiträge verfolgt habt, dann wisst ihr, dass ich etwa drei Wochen vor Schulbeginn schon mit dem Volleyballtraining angefangen habe. Sport ist hier eine ganz große Nummer und die Hauptaktivität in der Schule, nach der Schule und am Wochenende. Deshalb ist es wichtig, schon vor Saisonstart richtig in Form zu sein. Ich bin SO froh, dass ich schon vor der Schule mit dem Training angefangen habe, denn hier wird das Zitat ,,Sport ist Mord‘‘ zur Wahrheit. In den Sommerferien hatte ich jeden Tag zwischen 3,5 und 4,5 Stunden Training und sogar schon ein paar Spiele. Die Spiele sind echt nicht ohne und man bewegt sich ununterbrochen, ein Grund, weswegen man sein Training hier immer ernst nehmen sollte.
- Die Mädels in meinem Team waren der absolute Hammer. Als ich zum ersten Training kam, hatte ich die Befürchtung, es würde super schwierig werden, Anschluss zu finden. Ich hatte ja keine von denen jemals gesehen und ich komme auch noch aus einem anderen Land. Ich dachte, die Mädchen haben ja schließlich schon ihre Freundeskreise und brauchen nicht unbedingt noch die deutsche Austauschschülerin mit in der Runde, nicht wahr? Leute, falls ihr darüber nachdenkt, auch ein Auslandsjahr zu machen, macht niemals meinen Fehler und geht mit so einer Einstellung, ängstlich und leise, zum ersten Training. Absoluter Schwachsinn. Wenn eine Sache feststeht, dann dass es kein selbstbewussteres Volk gibt als die Amerikaner. Ich wurde super offen empfangen, mir wurden viele Fragen zu Deutschland gestellt, es war kein Problem, einen Partner fürs Aufwärmtraining zu finden. Das Wichtigste ist, dass man offen dafür sein muss. Denn wenn ihr es nicht seid, dann können sie euch nicht erreichen. Jedenfalls wurde ich direkt als Mitglied des Teams angesehen und aufgenommen. Wie wichtig das zum späteren Freunde-Finden war, erkläre ich später.
In der Nacht vor meinem ersten Schultag habe ich vielleicht eineinhalb Stunden geschlafen. Ich war so unglaublich nervös, ich wurde einfach nicht müde. Hunger hatte ich am nächsten Morgen natürlich auch nicht, ich wollte es einfach nur hinter mich bringen. Da meine Host-Mom in der Schule arbeitet, konnte sie mich und meinen neuen Cousin mit dem Auto zur Schule bringen, sodass ich mich nicht direkt am ersten Tag in den Schulbus schwingen musste. Klar, der große gelbe amerikanische Schulbus ist so unglaublich cool und amerikanisch. Das dachte ich auch, ich wollte immer mal in so einem sitzen. Fehlgeschlagen auf jeden Fall. Da wir mit solchen Bussen vor Schulbeginn auch schon zu Spielen gefahren sind, wusste ich schon eins: Diese Busse sind vor allem unglaublich unbequem. Die Sitze sind komplett hart und sehr klein, aufrecht, sodass man sich nicht mal ein ganz kleines bisschen zurücklehnen kann, und es ist sowas von laut und wackelig. Hausaufgaben auf den letzten Drücker im Bus machen ist echt nicht drin hier.
Der Weg zur Schule mit dem Auto dauert ungefähr zehn Minuten. Die Schule ist ein ziemlich großes Gebäude und hat sehr viele verschiedene Sportplätze drum herum. Da die Schule außerhalb der Stadt liegt, ist nämlich genug Platz, um so viele zu bauen. Dann gibt es übrigens zwei High Schools. Die Junior High für die 5. und 6. Klasse und die Senior High, 7. bis 12. Klasse, gehören jedoch beide zur gleichen Schule. Für unterschiedliche Stufen gibt es auch unterschiedliche Namen. Die Neuntklässler nennen sich Freshmen, die Zehntklässler Softmores, die Elftklässler Juniors und die Zwölftklässler Seniors. Man hört also kaum jemanden sagen: ,,Ich gehe in die elfte Klasse‘‘, sondern vielmehr ,,I am a Junior‘‘. Hat übrigens eine Weile gedauert, bis ich all das begriffen habe.
Am ersten Tag führte mein Weg erstmal zum Büro. Schließlich hatte ich ja keine Ahnung wo ich hin musste. Im Büro traf ich, keine Überraschung, natürlich auch die anderen Austauschschüler, die ebenfalls keinen Plan hatten. Wir bekamen unsere Stundenpläne ausgehändigt, auf denen auch der PIN-Code für unser Mittagessen und die Nummer von unserem Spind drauf steht. Jeder Schüler bekommt einen eigenen Spind. Spinde sind wie kleine Schränke, die sich an den Flurwänden, den ,,Hallways‘‘, in der Schule befinden. In diesen Spinden können wir unser Sportzeug und unsere Bücher verstauen, sodass wir nicht unseren ganzen Kram mit uns rumschleppen müssen, was gut ist, denn jeder Schultag hier ist lang (also bis 16 Uhr) und danach ist immer Training. Außerdem sind alle Bücher unglaublich dick und schwer, sodass es auch wirklich unmöglich ist, diese den ganzen Tag in der Tasche zu haben. Nachdem ich also rausgefunden habe, wo mein Spind ist, habe ich angefangen, mir ein paar Wege zu merken, damit ich nicht direkt verloren gehe.
Nach einigen Minuten wurden die Flure dann voller und voller und alle Schüler kamen mit ihren Stundenplänen, um ihre neuen Spinde zu finden. Eine gute Regelung hier: Die Spinde aller Schüler meiner Stufe sind direkt nebeneinander, sodass ich morgen immer direkt alle Leute in meinem Alter um mich rum habe. In meinem Volleyballteam sind einige Mädchen aus meiner Stufe, und ich war wirklich glücklich als sie kamen, denn dann hatte ich endlich jemandem zum Reden und sie gaben sich große Mühe, mich so vielen Leuten wie möglich vorzustellen. So gut wie alle Schüler hatten sich für diesen Tag ein wenig schicker angezogen, was meiner Meinung nach nicht ganz ungewöhnlich ist, in Deutschland versucht man am ersten Schultag ja auch immer gut auszusehen.
- Bevor es zum Unterricht klingelt, haben wir dann Stundenpläne verglichen, um zu checken, welche Kurse wir mit wem gemeinsam haben. Jede Schulstunde hier dauert 55 Minuten und es gibt keine Doppelstunden, nur Einzelstunden. Zwischen den einzelnen Stunden gibt es immer eine dreiminütige Pause, in der man so schnell es geht zu seinem Spind sprinten, die Bücher wechseln, und zum nächsten Klassenraum rennen kann. Es gibt keine großen Pausen alle zwei Stunden, sondern nur eine große Pause, die Mittagspause. Die ersten fünf Schulstunden sind also durchgehend, danach Mittagessen, und dann nochmal drei weitere Stunden. Hört sich übrigens ätzender an, als es wirklich ist, denn dadurch dass es keine Doppelstunden gibt, was ich aus Deutschland gewohnt war, ist der Unterricht abwechslungsreicher und man wird wegen dem ganzen Gerenne nicht so schnell gelangweilt. Man hat den exakt selben Stundenplan, und damit alle Fächer, jeden Tag. Da es Fächer wie Religion, Sozialwissenschaft oder Politik nicht gibt, zumindest nicht für meine Stufe, ist meine Auswahl an Fächern also auch nicht besonders groß.
Meine Fächer momentan sind: Kunst, Mathe (nennt sich Geometrie plus, ich hätte auch Algebra nehmen können, aber da dachte ich mir, lieber nicht), Amerikanische Geschichte (Alternative zu American Government), Personal Wellness (Sport, sowohl in der Sporthalle, als auch Theorie in der Klasse), Computer/Literature (Name für Englischunterricht), Spanisch und Chemie. Für meine Stufe gibt es eigentlich nur Science anstelle von Chemie, aber für mich wurde eine Ausnahme gemacht und ich werde für die Chemiestunden in die elfte Klasse versetzt. Wer gut mitgezählt hat stellt fest, dass es nur sieben Fächer sind, obwohl ich doch jeden Tag acht Stunden habe. Die achte Stunde jeden Tag nennt sich Homeroom oder Study Hall und wurde von der Schule neu eingeführt. Da uns Schülern dadurch, dass wir jeden Tag Training haben und teilweise auch Spiele, was bedeutet, dass wir meistens erst zwischen 20 und 22 Uhr komplett erschöpft nach Hause kommen, keine Zeit mehr für Hausaufgaben bleibt, hat die Schule eine Art ,,Hausaufgabenstunde‘‘ eingerichtet. In dieser Stunden können wir beispielsweise zu Lehrern gehen und Fragen stellen, Tests nachschreiben, organisatorische Dinge erledigen oder unsere Hausaufgaben machen, sodass wir diese nicht spät Abends oder auf quälende Weise im gelben Schulbus machen müssen.
In meiner Schule verläuft eigentlich so gut wie alles über Computer und Internet. Zuerst einmal hat jeder Schüler eine eigene Website, verlinkt mit der Schulhomepage. Auf dieser Website steht eigentlich immer alles was wir wissen müssen, und die Lehrer sind sehr aktiv. Alle Noten, die man bekommt, werden, nachdem der Lehrer die Tests korrigiert hat, auf der Website hochgeladen. Außerdem wird immer angegeben, wie man durchschnittlich gerade steht und wie viel Prozent zur besten Note fehlen. Des Weiteren gibt es niemals die Ausrede, dass man vergessen hat, sich die Hausaufgaben aufzuschreiben, denn alle Lehrer laden die Hausaufgaben hoch, und man kann immer nachsehen, was man für den nächsten Tag zu tun hat. Außerdem bekommt jeder Schüler am ersten Schultag ein Ipad Mini. Auf diesem Ipad können wir alles machen: Notizen, Hausaufgaben, Präsentationen, Recherchen, usw. denn unsere Schule legt großen Wert darauf, Papier zu sparen. Einige Test werden sogar auf dem Ipad geschrieben und so gut wie alle Arbeitsblätter und Informationen sind online, teilweise sogar ganze Schulbücher. Das Gute daran ist wirklich, dass man sehr leicht sehr gut organisiert bleibt und nicht so viel Papierkram mit sich rumschleppt. Jedoch muss man immer sichergehen, dass das Ipad jeden Morgen 100 Prozent aufgeladen ist, denn wenn der Akku mittags auf einmal leer ist, interessiert das niemanden und es ist keine Ausrede, denn jeder bekommt ein Ladekabel und jeder muss am ersten Tag unterschreiben, dass er selber für sein Ipad verantwortlich ist . Es macht auf jeden Fall großen Spaß, damit zu arbeiten, denn es geht so viel schneller und einfacher und man hat immer alles beisammen. Es bietet sich bei Schülern natürlich auch besonders an, sich Spiele und Messenger herunterzuladen, um beispielweise eine gute Möglichkeit zu haben, um die restliche Zeit im Homeroom zu vertreiben.
- Um zum Unterricht zu kommen: viele sagen, der Unterricht in Amerika sei einfacher, da wir in Deutschland, was die Themen angeht, sehr viel schneller und fortgeschrittener arbeiten. Ich kann dem absolut zustimmen, ich merke selber, dass ich eine Menge von dem Stoff hier schon längst weiß und dadurch teilweise nicht sehr viel Neues dazulerne, vor allem in Mathe und Chemie. In Chemie habe ich übrigens auch den großen Vorteil, dass ich vertraut bin mit Meter, Celsius, Liter und den weiteren Standardeinheiten, denn die amerikanischen Schüler lernen das gerade komplett neu und haben wirklich keine Ahnung, das 100 Zentimeter ein Meter sind, da hier in Meilen, Yards, Inches und Feed gerechnet wird. Auch Sprachunterricht fällt mir sehr leicht und ich beherrsche die englische Grammatik wirklich besser als viele amerikanische Schüler, weil diese sich darüber nie Gedanken gemacht haben, ich das jedoch sieben Jahre lang rauf und runter gelernt habe. Auch Spanisch, was ich übrigens hier angefangen habe, ist ziemlich leicht, dadurch, dass ich in Deutschland bereits Latein und Französisch gelernt habe und so gut wie jedes Wort bereits verstehe. Für viele hier ist es übrigens absolut faszinierend, so viele Sprachen zu sprechen, denn die meisten hier können wirklich nur eine einzige Sprache sprechen und bewundern es natürlich, wenn jemand um die Ecke kommt und die fünfte Sprache beginnt. Schule, bzw. die Themen sind also wirklich einfach und man kommt gut mit, das wichtige ist, dass man wirklich fragt, wenn man was nicht versteht und Wörter nachschlägt, denn das einzige Problem, das auftreten kann, sind Missverständnisse wegen Wörtern oder weil der Lehrer zu schnell spricht.
Zu guter Letzt gibt es dann noch einige Unterschiede zu deutschen Schulen allgemein. Erstens gibt es hier nur eine Highschool für alle Schüler. Es gibt also nicht, wie in Deutschland, eine Unterteilung in Gymnasium, Real-, Haupt-, Sekundär-, oder Gesamtschule, sondern wirklich nur eine Schule für alle. Des Weiteren, und obwohl wir unsere Ipad haben, werden natürlich manche Tests und Hausaufgaben auf Papier geschrieben und zwar mit Bleistift. Bleistift ist das absolute No-Go auf dem deutschen Gymnasium. Außer für Zeichnungen habe ich auf der weiterführenden Schule niemals einen Bleistift benutzt, aber hier werden sogar Tests ausschließlich mit Bleistift geschrieben, und ich kam mir mit meinem Kugelschreiber langsam wirklich seltsam vor. Die meisten Tests sind, ungelogen, multiple Choice, was bedeutet, dass es zu den Fragen immer vier Antworten gibt und man einfach nur die richtige ankreuzen muss. Jeder Test ist einfacher als alle Hausaufgaben und der komplette Unterricht. Hausaufgaben müssen immer abgegeben werden, man kommt also nicht drum rum, man muss sie abgeben und sie werden immer benotet. Für jede nicht gemachte Hausaufgabe sitzt man nach und wird für eine Woche vom Training und von Spielen ausgeschlossen. Wobei „nicht am Training und den Spielen teilnehmen dürfen“ hier vermutlich Höchststrafe ist für alle Schüler. Die mündliche Mitarbeit im Unterricht interessiert keinen Mensch. Sie zählt 0,0 Prozent, wirklich. Man kann im Unterricht die ganze Zeit leise sein und nur zuhören, denn der Lehrer stellt eigentlich keine Fragen sondern redet nur. Was stattdessen zählt, sind die Hausaufgaben und die Tests. Training findet jeden Tag statt und ist der Drehpunkt für alle Freundeskreise, denn schließlich ist man jeden Nachmittag mit den gleichen Leuten zusammen.
Und als Sonderbotschaft insbesondere für alle Mädels, die hier mitlesen: Euer Aussehen juckt niemanden. Keinen Jungen interessiert es, was ihr für Klamotten anhabt und sie merken echt nicht einmal, wenn ihr ungeschminkt seid. In Deutschland habe ich mich sehr darum bemüht, in der Schule gut auszusehen, aber es ist mir mittlerweile sowas von egal geworden, denn wirklich fast jeder kommt in Jogginghose oder Shorts mit irgendeinem Basic T-Shirt zu Schule und das jeden Tag. Besonders beliebt sind die Sportsache unserer Schule, die man zu Beginn der Schuljahres bestellen kann, und diese Sportsachen sind wirklich alles, was man braucht. Wenn ich mit Skinnyjeans, pinken Top und Glitzercardigan ankomme, bin ich wirklich ein richtiger Außenseiter und es juckt niemanden, ob ich jetzt besser aussehe als jemand anderer oder nicht. Zu guter Letzt noch eine ziemlich coole Sache, die es aber leider nur an meiner Schule gibt: Ich habe jeden Montag schulfrei, also nur vier Tage pro Woche Unterricht.
So jetzt kennt ihr erstmal die Unterschiede zwischen den deutschen und amerikanischen Schulen. Not bad, oder? In den kommenden Wochen werde ich dann wieder eine Menge mehr über Amerika berichten! Checkt gerne auch meine letzten Artikel!
Bis in zwei Wochen,
Eure Emma
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