Der Malerweg im Elbsandsteingebirge der sächsischen Schweiz gilt als einer der schönsten Wanderwege Deutschlands. Zuletzt habe ich ihn selbst für ein paar Tage begangen.
Es ist ein merkwürdiger Sommer dieses Jahr. Noch laufen sommerliche Feste nur im Schonmodus, überall ist unser Alltag noch von der Pandemie geprägt und Urlaubsreisen sind auch nur eingeschränkt möglich. Was jedoch gut geht: Das eigene Land erkunden. Es gibt in Deutschland so einige Nationalparks, in die von Menschen nur zurückhaltend oder gar nicht eingegriffen wird und die sich am besten zu Fuß erkunden lassen.
Nach vielen eher ereignisarmen Sommerwochen stieß ich bei meiner Recherche auf den Malerweg im Elbsandsteingebirge. Benannt ist er so, weil ab dem 18. Jahrhundert verschiedene Maler die märchenhafte Landschaft der sächsischen Schweiz für sich entdeckten und deren markante Motive abbildeten. Das bekannteste dieser Gemälde ist sicherlich „Der Wanderer über dem Nebelmeer“ von Caspar David Friedrich.
Die Reise beginnt
Spätestens seitdem ich mir letztes Jahr eine große Schlafhängematte besorgt hatte, bin ich im Outdoorfieber. So packte ich diese mitsamt Schlafsack, Kleidung und was ich noch für 8 Tage brauchte, in meinen Reiserucksack, der dann mit ca. 15-20 kg auch ein ordentliches Gewicht hatte.
Mit der Bahn fuhr ich bis ins malerische Pirna, direkt an der Elbe gelegen, von wo aus ich abends noch zum Startpunkt auf der anderen Seite der Elbe wanderte: zum Liebethaler Grund. Die Nächte in Hängematten sind kurz, denn noch vor sechs Uhr weckten mich das Licht und meine kalten Füße. So wanderte ich schon früh los, noch ziemlich einsam auf dem Malerweg.
Es ging direkt am Flüsschen Wesenitz entlang, vorbei an einem verfallenen Elektrizitätswerk, alten Mühlen und dem Richard-Wagner-Denkmal, denn der Komponist ließ sich im Liebethaler Grund zu seinem „Lohengrin“ inspirieren.
Etwas später kam ich dann erstmals ins Gebiet des Nationalparks Sächsische Schweiz. Ein Mischwald, der sich seit der Eiszeit auf dem ehemaligen Meeresboden, deshalb Sandstein, gebildet hatte. Ich durchquerte ein Felsentor und lief über Sand in einem ausgetrockneten Bachbett. Um Punkt 12 Uhr mittags erreichte ich schon die Stadt Wehlen und damit die Elbe. Damit hatte ich früh die erste der acht vorgeschlagenen Tagesetappen beendet und dachte mir nach der Mittagsrast: Warum nicht noch eins drauflegen und gleich die zweite Etappe wandern? Im Begleitheft zum Malerweg fand ich eine Jugendherberge, wo ich mir ein Zimmer reservierte, jedoch unter der Bedingung, dass ich bis 18 Uhr dort sein sollte.
Und Etappe Zwei folgte sogleich
Ein guter Ansporn für die zweite Etappe, die mich direkt zur Basteibrücke führte, das bekannteste Motiv der sächsischen Schweiz und ein Touristenmagnet. Eben noch im ruhigen Wald, stand ich da auf einmal inmitten von Parkplatz, Souvenirshop, Gastronomie und Hotel, umgeben von internationalen Besuchern.
Die Basteibrücke bietet sowohl einen Blick ins Elbtal als auch auf die interessanten Felsformationen zu allen Seiten, von den Kräften der Natur geschliffen. Auf einem kleinen Rundgang nebenan konnte ich die Überreste einer Felsenburg begutachten.
Gleich im Anschluss, an den Treppen ins Tal hinab, erklang Gesang: Ein Mann gab „Am Brunnen vor dem Tore“ von Franz Schubert zum Besten – Waldkunst statt Straßenkunst!
Unten ging es am Amselsee entlang und nach vielen Stunden des Wanderns drückte mein Gepäck schon schwer auf die Schultern. Dann durfte ich mich schließlich noch einen Waldaufstieg hoch kämpfen, auf dem ich Mitstreiter kennen lernte: Drei Mittzwanziger-Freunde aus einem hessischen Dorf, auf dem ersten Tag ihrer Wandertour, wollten auch nach Hohnstein. Wir kamen schnell in Kontakt, als ich ihnen von der Jugendherberge in der Burg Hohnstein erzählte Etwas später, noch rechtzeitig vor 18 Uhr, durften wir dort endlich die Füße flach legen.
Wandertechnisch war es für mich mit der härteste Tag dieser Tour: Etwa 25 Kilometer und über 700 Höhenmeter in acht Stunden mit schwerer Last – zur Belohnung dafür ein Bett in einer Burg mit toller Aussicht. Noch überlegte ich, dort einen Pausentag einzulegen, doch entschied ich mich am Tag darauf dazu, etwas später als meine neuen Gefährten die dritte Etappe zu starten.
Etappe Drei erwartete mich herausfordernd
Auf dieser erlebte ich den härtesten Teil: Von einem schönen Aussichtspunkt ging es zuerst 800 Stufen hinunter, das geht bei mir recht gut. Doch gleich auf der anderen Seite durfte ich mich das Ganze wieder nach oben kämpfen, Stufe für Stufe, in gebücktem Gang. Völlig erschöpft im Örtchen Waitzdorf angekommen, traf ich an der Dorfkneipe auf meine drei Gefährten.
Gemeinsam schafften wir dann auch den Rest, sogar über das Etappenziel hinaus, zum Campingplatz an der Ostrauer Mühle im Kirnitzschtal. Nun hatte ich jedoch kein Zelt und die dortige Wanderherberge war auch schon voll. So blieb mir nur, die einzige passende Stelle des Campingplatzes für meine Hängematte zu finden, direkt an einem Kanal gelegen.
Nach zwei intensiven Wandertagen war mir klar, dass ich etwas Erholung brauchte und so beschloss ich, den Samstag etwas ruhiger angehen zu lassen: Ich erkundete mit der Kirnitzschtalbahn selbiges, machte einen Ausflug nach Bad Schandau, wo ich mich mit Essen versorgte und fuhr schließlich zurück bis an den künstlich angelegten Lichtenhainer Wasserfall. Von dort aus ging meine deutlich verkürzte vierte Etappe bis hoch an den „Kuhstall“, ein natürliches Felsentor.
Oben traf ich schließlich wieder auf meine drei Wanderfreunde, die eine Boofe entdeckt hatten – Boofen nennt man in Sachsen natürliche Schlafstellen. Unsere lag unter einem Felsüberhang mitten im Wald – eine romantische Übernachtungsmöglichkeit.
Mit das Highlight der Wandertour kam, als der Himmel aufklarte und die Abendsonne freigab. Darunter wirkten die sandigen Wege, Felsformen und der Nadelwald einfach nur magisch. Über die Himmelsleiter stiegen wir vier dann noch auf das Dach des „Kuhstalls“ – dort oben hatten wir sogar 4G-Internet, was in diesem Fall eher eine Nebenrolle spielte angesichts der Abendstimmung, die auch die Schmerzen im rechten Knie verdrängen konnte.
Diese Nacht mit den Jungs in der Boofe, umgeben von Wald, war schon eine besondere und vor Aufregung konnte ich lange nicht einschlafen. Nach wenigen Stunden wurde ich dann vom Morgengrauen geweckt und merkte, wie kalt es geworden war, nur acht oder neun Grad. Da halfen auch die zwei Paar Socken im Schlafsack wenig. Statt zu frieren, wollte ich lieber aufbrechen und so nahm ich Abschied von meinen Gefährten.
Die vierte und letzte Etappe wartete mit einem besonderen Finale
Immerhin: Die Morgensonne wärmte und ließ Bäume und Blumen in bezaubernden Farben leuchten. Ein paar Himbeeren am Wegesrand versüßten den Morgen und langsam humpelte ich fast schon, bis hinunter zur Neumannmühle. Von dort wollte ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln weiterkommen – am Sonntagmorgen keine so gute Idee, denn der nächste Bus nach Bad Schandau sollte erst zwei Stunden später fahren.
Mir blieb nichts anderes übrig und so hatte ich mich schon auf die Wartezeit eingestellt. Plötzlich erkundigte sich ein Autofahrer bei einer Passantin nach dem Weg nach Bad Schandau. Diese Chance musste ich nutzen! Ich bot ihm an, den Weg zu weisen, wenn er mich mitnehmen könne. Und trotz eines mit vier Personen schon eng gefüllten Sportwagens, ließ er sich schließlich darauf ein. So saßen wir dann, ich mit großem Rucksack auf dem Schoß, hinten zwei Frauen und ein Mann zusammen gequetscht – sie alle kamen übrigens aus dem Iran und so durfte ich ein bisschen Reiseführer spielen.
Wieder allein, ging es mit der S-Bahn weiter nach Königstein und von dort aus nach Dresden – um mein Knie zu schonen, hatte ich die Wanderung beendet. Nach einer Nacht in Dresden-Neustadt, dem Künstlerviertel der Elbmetropole, machte ich mich schließlich auf den Heimweg.
Die Tage auf dem Malerweg waren lang und intensiv, an manche Momente werde ich noch lange denken und ich kann jedem Wanderfreund die ersten vier Etappen, die ich erkunden durfte, nur ans Herz legen – vielleicht ja auch mit der Übernachtung in einer Boofe.
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