Habt ihr auch einen vierbeinigen flauschigen Begleiter oder wünscht euch einen an eurer Seite? Das Leben mit Benji, meinem Pekinesenmix, ist wunderschön, birgt im Umgang mit anderem Menschen und Hunden aber auch seine Tücken. Warum Rückschläge und Kritik mich nicht einschüchtern.
Einen Hund zu besitzen, ist klasse. Wenn wir draußen unterwegs sind, mögen fast alle meinen Pekinesenmix. Das ist schön. Meistens zumindest. Denn auf Spaziergängen kann so einiges passieren. Zum Beispiel Smalltalk. Eigentlich ist es interessant, neue Menschen und Hunde ein wenig kennenzulernen. Ich kann mich austauschen und profitiere von den Erfahrungen anderer Hundehalter*Innen. In seltenen Fällen fühle ich mich aber auch wie ein schlechte Hundebesitzerin, wenn ich von Tipps über Spezialfutter, besondere Tierärzte und vor allem der Hundeerziehung überhäuft werde.
Ein zum Glück nur vereinzelt auftretendes Phänomen sind Halter*Innen, die nicht den Anlass sehen, ihren Hund zu einem fairen Umgang zu ermahnen. Schließlich kann ihrem Tier im Fall des Falles nichts passieren. Ein kleiner Hund, der nicht bellt und niedlich aussieht, ist garantiert ungefährlich. Doch Benji ist durch sein fehlendes Auge manchmal eingeschränkt. Zum Beispiel nimmt er auf ihn zustürmende Hunde erst spät wahr und erschrickt heftig, wenn der andere dann “plötzlich” da ist. Besonders anstrengend wird es, wenn dem fremden Hund ein Recht auf Kontakt mit meinem Hund uneingeschränkt eingeräumt wird. Wenn erst einmal ein Vierbeiner auf den Kleinen losrennt und sich auch durch resolutes Dazwischengehen nicht davon abbringen lässt, immer weiter den ungewollten (Spiel-)Kontakt zu suchen, merke ich, wie hilflos ich der Situation ausgeliefert bin. Schließlich ist es meine Aufgabe, meinen Hund zu beschützen und gleichzeitig muss ich mich dafür rechtfertigen, dass ich meinem Hund den “lebensnotwendigen” Sozialkontakt verwehre. Das sind Momente, in denen ich mich wie eine Versagerin fühle.
Eine schlechte Hundemama?
Manchmal frage ich mich, ob ich eine schlechte Hundemama für dieses besonders schutzbedürftige Wesen bin. Doch das bin ich nicht. Und auch, wenn ihr euch manchmal so fühlen solltet, seid ihr es nicht.
Ich hatte vor einigen Wochen ein Gespräch mit dem Besitzer eines fast gelähmten Dackels. Er war auch vorsichtig, als die Beiden sich beschnupperten. Als ich erwähnte, dass Benji einäugig und daher auch manchmal eingeschränkt ist, taute er jedoch auf. Zu wissen, dass dein Gegenüber weiß, wie es sich anfühlt, manchmal extra aufmerksam sein zu müssen, verbindet. Und auch die Begegnung mit Menschen, deren Hunde ebenfalls zurückhaltend sind und sich schnell bedrängt fühlen, tut gut. Denn dieses Recht, auf welches sich mancher Besitzer beruft, gibt es nicht. Ganz besonders, wenn eines der Tiere an der Leine und somit eingeschränkt ist oder einer von beiden unter körperlichen Einschränkungen leidet. Wer sich auf ein Recht auf Sozialkontakt beruft, der sagt damit auch, dass der unterlegene Hund den Kontakt zu ertragen hat. Woher diese Einstellung kommt, ist mir nicht ganz klar. Vielleicht aus falsch verstandener Tierliebe und der Vorstellung, dass jeder Hund, der nicht gleich Feuer und Flamme für seine Artgenossen ist, unglücklich sei.
Natürlich soll man einem Hund den Kontakt nicht vorenthalten. Aber die Rahmenbedingungen müssen stimmen. Das ist ganz ähnlich wie bei Menschen. Wir dürfen auch mal einen schlechten Tag haben und anderen ausweichen. Manch einer versucht vielleicht auch so, die fehlende Erziehung zu vertuschen. Wer seinen Hund nicht zu sich rufen kann, versucht vielleicht diesen Fehler zu vertuschen und schaltet auf Angriff. So wird Druck ausgeübt, ganz besonders auf die häufig vorsichtigeren Hundehalter von Handicaphunden. Dabei könnte es mit ein wenig Rücksichtnahme, die der Großteil der Hundehalter*Innen samt ihren Hunden an den Tag legt, so einfach sein. Denn Einschränkungen sind eben nicht immer direkt sichtbar. Dass Benji ein Auge fehlt, fällt den meisten Menschen erst bei genauem Hinsehen auf. Ein Problem entsteht immer erst dann, wenn jemand die Grenzen des guten Umgangs, die für alle Menschen und Hunde, ob mit oder ohne Behinderung gelten, überschreitet.
Warum ich mich immer wieder für meinen Hund entscheiden würde
Diese negativen Erlebnisse stehen unzähligen schönen Momenten entgegen. Sowohl zu Hause als auf Spaziergängen. Denn die wenigen Minuten im Monat, in der seine Behinderung relevant ist, stehen tausenden Minuten entgegen, in denen Benji mein Leben ungemein bereichert. Auch in meinem Familien- und Freundeskreis hat er schon so einige Fans. Er hat mich (in einigen Aspekten) aus meiner Komfortzone geholt und in Situationen gebracht, die mich auf lange Sicht selbstbewusster gemacht haben. Vor allem aber zeigt er mir Tag um Tag, wie sehr er sich über sein Leben bei mir freut. Seine Eigenheiten sind es, die ihn besonders machen. Und da fällt mir nicht zuerst sein fehlendes Auge, sondern seine Anhänglichkeit, Fähigkeit zur Zurückhaltung und pure Lebensfreude ein. Daher kann ich jedem empfehlen, der über einen eigenen Hund nachdenkt, sich vom Charakter des Tieres überzeugen und von einem Handicap nicht abschrecken zu lassen.
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