Der dritte Fastensonntag erzählt, wie Jesus in Jerusalem ausrastet und Händler aus dem Tempel wirft. Das verbindet der Evangelist aber mit dem Tod und der Auferstehung, erklärt unser Autor Benedikt Bögle.
Im Evangelium des dritten Fastensonntags flippt Jesus aus (Johannes 2,13-25). Er ist zu Besuch im Tempel und sieht dort statt der Andacht des Gebets eigentlich nur eifrige Geschäfte: Händler verkaufen Schafe, Tauben, Rinder. Geldwechsler wechseln die übliche Währung in eine spezielle Tempelwährung.
Das war nötig: Auf den staatlichen Münzen war das Bild des Kaisers abgedruckt. Das Judentum beharrte allerdings auf einem strengen Verbot von Bildern und Darstellungen in Verbindung mit dem Kult. Wer also in den Tempel gehen wollte, um dort seine fällige Tempelsteuer zu bezahlen, konnte das nicht mit den normalen Münzen machen – die wären im Tempel nicht angemessen gewesen. Also wechselte er.
Hat Jesus einen Dienstausweis?
Gleiches gilt für die Tiere. Irgendwo musste man die ja kaufen, wenn man sie als Opfer im Tempel darbringen wollte. Jesus passt das nicht. Er vertreibt die Händler, wirft die Tische der Geldwechsler um. Möglicherweise war es damals noch nicht üblich, dass sie ihre Geschäfte direkt im Tempel verrichteten.
Aus irgendeinem Grund reagiert Jesus mehr als emotional. Natürlich kommen sofort andere Menschen herbei und fragen Jesus, wie er so etwas denn machen konnte: „Welches Zeichen lässt du uns sehen, dass du dies tun darfst?“ (Johannes 2,18) Klar, wenn er die Händler aus dem Tempel vertreibt, braucht er irgendeine Legitimation. Heute würde man sich vermutlich den Dienstausweis von der Gewerbebehörde zeigen lassen.
Jesus und die Tempelbesucher reden aneinander vorbei
Die Legitimation Jesu kommt aber aus der Tiefe. Er hat keinen menschlichen Auftrag für diese Tat erhalten – er macht es, weil der Tempel das Haus seines Vaters ist. Er übt das Hausrecht aus. Es entwickelt sich ein Gespräch, das für Jesus sehr typisch ist: Man spricht miteinander, aber aneinander vorbei. Jesus sagt: Reißt diesen Tempel ein, in drei Tagen werde ich ihn wiederaufbauen. Die Leute, die um ihn herumstehen, denken: Klar, er meint diesen Tempel. Die Steine, die Mauern, die Dächer, der Altar.
Und sie müssen sich wundern. 46 Jahre dauerte es einst, den Tempel zu errichten, Jesus will das in drei Tagen und noch dazu alleine schaffen? Kaum möglich. Aber Jesus spricht gar nicht von den Steinen des Tempels. Er spricht von sich selbst, von seinem Tod und seiner Auferstehung. Das kommt dem Einreißen und Wiederaufbauen sehr nahe. Seine Jünger, die diese Äußerungen zunächst wohl auch nicht ganz verstehen konnten, sollten sich nach der Auferstehung an diese Aussage erinnern.
Schon am Anfang steht der Tod
Diese Begebenheit steht interessanterweise bei den drei Evangelisten Markus, Matthäus und Lukas ganz kurz vor der Passion. Das hängt mit einer gewissen Gliederung zusammen: Für diese drei Evangelisten, auch die „Synoptischen“ genannten, gibt es einen großen Weg Jesu nach Jerusalem. Dort gipfelt seine Reise und dort gipfelt der Weg seiner Sendung. Jesus kann damit also nur einmal in Jerusalem gewesen sein, nämlich kurz vor seinem Tod und seiner Auferstehung.
Johannes kennt dahingegen mehrere Aufenthalte Jesu in Jerusalem, so kann diese Geschichte bei ihm auch zu Beginn des öffentlichen Wirkens stehen. Das betont aber auch die Bedeutung von Sterben und Auferstehung. Das Evangelium kann keine zwei Seiten lang sein, ohne dass zum ersten Mal – wenn auch in dieser etwas verdunkelten Weise – von Tod und Auferstehung Jesu die Rede ist.
Ein zorniger Jesus?
Manchmal wundert man sich über diesen Jesus. Das Bild, das normalerweise von ihm gezeichnet wird, ist kein gewalttätiges. Da geht es nicht um einen zornigen Mann – im Gegenteil: sanftmütig ist Jesus, barmherzig. Aber das Evangelium des dritten Fastensonntags zeigt uns da eine andere Person, einen Jesus, der für seine Sache brennt, Feuer und Flamme ist. Der so zornig ist, dass er den Tempel erst einmal aufräumt. Aber auch ein Jesus, der in diesem Augenblick des Zorns seine Sendung nicht aus dem Auge verliert.
Man könnte ja meinen, dass er angesichts der allzu menschlichen Verhältnisse im Tempel von Jerusalem auf seine Sendung verzichten würde. Wer würde denn für diese Menschen sterben wollen? Sein Leben freiwillig hingeben für Menschen, die den Tempel Gottes mit Füßen treten? Jesus verzichtet nicht. In der Situationen größten Zornes hält er daran fest: Er wird für die Menschen sterben – und auferstehen.
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