Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner hat sich in einem Vortrag zu den Chancen der Digitalisierung geäußert. Er will was für junge Menschen machen. Wir waren dabei.
Die Politik müsse mehr für die jungen Menschen tun, forderte Lindner mit 19 Jahren auf dem Landesparteitag der NRW-FDP 1998. Hier nahm seine politische Karriere Fahrt auf, als er ganz überraschend in den Landesvorstand gewählt wurde. 18 Jahre später scheint Lindner dieses Anliegen weiterhin zu verfolgen. Seine Partei will was für die Jugend tun – und sich ein jugendliches Image verschaffen.
Angefangen hat er mit einem neuen Internetauftritt. Erblickte man bisher einen typischen Politiker mit Anzug und Krawatte, so wird man nun direkt mit Inhalt begrüßt. „Wir wollen den Einzelnen groß machen und nicht den Staat!“. Weiß auf Blau. Aufbereitet in modernem Stil, ganz digital, Smartphone-kompatibel. Zu seinem neuen Image zählt auch sein eigens kreiertes Kürzel „CL“. Lindner will digital am Puls der Zeit bleiben. Daher versucht er auch, das Thema „Digitalisierung“ zu besetzen.
Der große Mann, im großen Saal, auf der kleinen Bühne
Ein Mittwochabend im November. Christian Lindner hält einen Vortrag zum Thema „Digitalisierung und Mitbestimmung“. Der Saal ist rappelvoll. Ungefähr 200 junge Studenten sind der Einladung der Hochschulgruppe der Jungen Liberalen gefolgt. Leicht verspätet, aber natürlich lächelnd, betritt Lindner die Bühne des Hörsaals A1 der Universität zu Köln. Applaus. Nicht anders zu erwarten, doch Lindner genießt das Bad in der Menge und gibt sich zugleich mit aller Bescheidenheit überrascht.
Musste er sich im Düsseldorfer Landtag soeben noch zu Coffeeshops sowie zum Wahlprogramm der FDP kritisieren lassen, so kann er hier bei den Liberalen anscheinend nur punkten. Er tut es. Indem er sein Smartphone zückt und spontan zwei, drei Fotos des vollen Saals schießt. Wenn Lindner redet, ergibt sich schnell ein Wechselspiel zwischen Ruhe und herzhaftem Lachen. Denn er versteht es, seine durchweg junge Zuhörerschaft durch spontane Witze sowohl auf Kosten seiner Partei als auch von sich selbst für sich zu gewinnen. „Setzen Sie sich, Sie glauben gar nicht, wie es sich anfühlt, über längere Zeit keinen Sitz(platz) sein Eigen nennen zu dürfen.“ Gelächter.
Mehr Digitalisierung wagen
In seiner Rede kritisiert er den aufflammenden Rechtspopulismus, lobt und erinnert aber zugleich daran, dass heutige Krisen an langen Tischen konsensorientiert besprochen und nicht militärisch errungen würden. Ein klares Statement, gesprochen von einem Menschen, der als Reservekraft der deutschen Luftwaffe angehört. Er strahlt eine Ruhe, gepaart mit einer kontrollierten politischen Kampfeslust aus.
Lindner plädiert zum Beispiel für eine Digitalisierung der Vorlesungen an Universitäten. In Zukunft solle es gang und gäbe sein, dem Professor während der Vorlesung mit dem Smartphone Fragen zu stellen. Zugleich fordert er ein offenes WLAN-Netz. Hierbei nennt er vor allem die Universität Aachen als positives Beispiel. Außerdem kritisiert er die noch viel zu analoge und damit langsame Arbeitweise der Verwaltung, beispielsweise der Einwohnermeldeämter. Auch hier soll mehr digitalisiert werden.
Lindner weiß, was bei einem liberal gesinnten Publikum ankommt. Das ist natürlich zu erwarten. Genauso wie er der Landesregierung ein paar politische Seitenhiebe verpasst, indem er deren angeblich fahrlässige Schulpolitik kritisiert. Wie er aber die FDP ganz konkret ins politische Rampenlicht zurückbringen möchte? In Umfragen bewegen sich die Liberalen immer noch bei fünf Prozent. Nach einer Dreiviertelstunde ist der Vortrag vorbei, es brandet Applaus. Und Mr. CL hat das nächste frische Foto, natürlich für einen Post auf Facebook.
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