Das erst Ende 2012 eingeführte Betreuungsgeld für Eltern, die ihre Kinder zu Hause erziehen, anstatt sie in eine Kita zu geben, ist gekippt worden. Unsere Autorin fasst die wichtigsten Argumente für und gegen diese Sozialleistung zusammen – und geht der utopischen Frage nach, wann die häusliche Familienarbeit wirklich gerecht entlohnt wird. Ein Kommentar von Jasmin Hutter.
Vergangene Woche hat das deutsche Bundesverfassungsgericht das Betreuungsgeld für verfassungswidrig erklärt – „aber nur aus Gründen der Zuständigkeit“, wie Reinhard Müller auf faz.net schreibt: Zahlen muss es nämlich nicht der Bund, sondern das jeweilige Land, wenn die Regierung dort daran festhalten will.
Für die Berufstätigkeit von Müttern gibt es gute Gründe
GegnerInnen des als „Herdprämie“ diffamierten Betreuungsgeldes bemängeln vor allem das Festhalten an traditionellen Rollenbildern, die nicht nur für Karrierefrauen und Hardcore-Feministinnen problematisch sind: Wer mehrere Jahre im Beruf pausiert und dann nur Teilzeit arbeitet, hat nicht nur sehr geringe Aufstiegschancen. Frauen sind häufiger als Männer von Altersarmut betroffen, eben weil viele von ihnen sich lange der Kindererziehung widmen und dadurch weniger verdienen und in die Rentenversicherung einzahlen. Außerdem sind die jungen Mütter, die keiner Lohnarbeit nachgehen, finanziell dann meist von ihren Ehemännern abhängig.
Schwierige Vereinbarkeit von Familien- und Berufsleben
Um die Vermeidung dieser Armuts- und Abhängigkeitsfalle geht es in erster Linie, wenn gefordert wird, dass die ganze Gesellschaft für die Kindererziehung Verantwortung übernimmt, indem der Staat ausreichend Betreuungsplätze schafft. Für viele Familien ist es eine gute oder gar die einzig mögliche Lösung, ihre Kinder in eine Kita zu bringen, wie es in Frankreich schon lange üblich ist.
Andere Eltern hingegen möchten jedoch Zeit mit ihren Kindern verbringen und wortwörtlich deren erste Schritte miterleben. Dass Kleinkinder durch „Fremdbetreuung“ automatisch psychischen Schaden nehmen oder sie in den Betreuungseinrichtungen staatlich indoktriniert würden, muss nicht befürchtet werden. Dennoch wird es wohl immer schwieriger, Kinder und Karriere zu vereinen – auch junge Väter sehen sich dieser Herausforderung kaum noch gewachsen.
Kinderbetreuung ist harte Arbeit
Befürworter des Betreuungsgeldes argumentieren vor allem damit, dass die Mütter (und Väter), die zuhause bleiben, dort ebenfalls Arbeit verrichten, die es dementsprechend zu würdigen gibt. Und sie haben recht: Die Arbeit im „Care-Bereich“, der nicht nur die Kindererziehung, sondern auch die Pflege von alten und anderen bedürftigen Menschen umfasst, ist gesellschaftlich höchst notwendig und wertvoll. Erledigt wird sie hauptsächlich von Frauen, sehr schlecht bezahlt – oder eben überhaupt nicht, wenn sie innerhalb der Familie geleistet wird.
Das muss sich ändern – hundertfünfzig Euro im Monat sind keine gerechte Entlohnung. Sie wirken eher wie ein Taschengeld, von dem die brave Hausfrau sich als Belohnung ein Paar Schuhe kaufen kann. Oder eben wie ein Bestechungsversuch, damit die Eltern keine Klage einreichen, weil es den ihnen zustehenden Krippenplatz nicht gibt, sondern einfach selber die Arbeit machen. Und zwar so wie bisher: aus Liebe, ohne sich zu beklagen, und unbezahlt.
Ein gerechter Lohn hätte viele Vorteile
Die Pflege von Babies und Kleinkindern ist harter Full-Time-Job. Warum wird er also nicht so entlohnt, wie jede andere Arbeit auch? Rechnen wir ganz grob damit, dass eine Mutter acht Stunden am Tag arbeitet, und zwar auch am Wochenende. Im Monat sind das etwa 240 Stunden, bei einem Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde müsste sie also 2.040 Euro brutto im Monat verdienen, bei einem Stundenlohn von 10 Euro sogar 2.400 Euro. Als Arbeitnehmende zahlen sie natürlich auch Steuern und sind sozialversichert.
Dies hätte viele Vorteile: Wer sein(e) Kind(er) zuhause großziehen möchte, müsste sich für diese Entscheidung wohl kaum noch rechtfertigen. Die Abhängigkeit vom (besser) verdienenden Partner würde verschwinden, und vielleicht würden sich mehr Väter an der Kindererziehung beteiligen, wenn sie dafür Geld bekämen. Auch Alleinerziehende würden entlastet, und nicht zuletzt würde sich wohl kaum noch ein Paar aus finanziellen Gründen für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden.
Aber natürlich würde eine solche volle Entlohnung der häuslichen Kindererziehung sehr viel Geld kosten, das wohl niemand bezahlen will. Die Vorstellung von gerecht bezahlter Care-Arbeit wird also – mit oder ohne Betreuungsgeld – das bleiben was sie ist – eine Utopie.
Das Institut für Gesellschaftswissenschaften Walberberg hat uns dabei geholfen, diesen Artikel zu finanzieren. Werft gerne einen Blick auf ihre Homepage: http://institut-walberberg.de/
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